Pressekonferenz mit dem Kommandanten des Jägerbataillons 19, Christian Luipersbeck, Militärkommandant Gernot Gasser und dem Kommandanten der Heerestruppenschule, Dieter Schadenböck
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Chronik

Asyl: Gasser sieht „keinen Lösungsansatz“

An der Grenze im Burgenland sind im Jahr 2022 rund 83.000 Flüchtlinge aufgegriffen worden. Das sind vier Mal so viele wie im Jahr davor und stellte für Polizei und das Bundesheer eine „echte Herausforderung“ dar. „Ich sehe international weit und breit keinen Lösungsansatz“, stellte Militärkommandant Gernot Gasser am Mittwoch bei einer Pressekonferenz fest.

Pro Tag wurden im Grenzraum im Burgenland rund 200 illegale Migranten aufgegriffen, im Vergleich zu 2021 kam es zu einem „gewaltigen Anstieg“: „Den zu bewältigen, war eine echte Herausforderung und brachte Polizei und Bundesheer an die Leistungsgrenze“, so Gasser. 2022 versahen 3.000 Soldaten Dienst an der Grenze, gewechselt wird alle drei Monate. 2,9 Millionen Arbeitsstunden wurden geleistet. Die Zusammenarbeit mit der Polizei funktioniere hervorragend, anders wäre diese Aufgabe nicht zu bewältigen, betonte der Militärkommandant bei dem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Kommandanten des Jägerbataillons 19 in Güssing, Christian Luipersbeck, und dem Kommandanten der Heerestruppenschule, Dieter Schadenböck.

„Kein Licht am Ende des Tunnels“

International gebe es aber keine Lösung für die Flüchtlingsbewegungen: „Es ist kein Licht am Ende des Tunnels.“ Dies sei auch für das Militär „ernüchternd“, denn die derzeit 700 Soldaten an der Grenze seien für die Weiterentwicklung des Bundesheeres „Gift“, da sie nicht als Einsatzsoldat ausgebildet werden können und damit für die Einsatzorganisation „verloren“ gehen. Soldaten, die Dienst an der Grenze versahen, hätten auch weniger Interesse, Berufssoldat zu werden, gab Gasser zu bedenken. Gasser wiederholte diese Einschätzung Mittwochabend im „Burgenland heute“-Interview und sprach davon, dass die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres so gefährdet sei.

Gernot Gasser
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Militärkommandant Gernot Gasser

„Bei schlechter Witterung lässt die Migration deutlich nach, aber selbst bei dieser Witterung sind wir schon deutlich höher als im Jänner des Vorjahres“, aktuell würden täglich 50 bis 100 Flüchtlinge aufgegriffen. „Damit überschreiten wir schon den Wert des Vorjahres und das macht mich ein wenig unruhig, wenn ich in die Zukunft blicke“, meinte Gasser.

Gasser erfreut über Budgetsteigerung

Dass die militärische Landesverteidigung die Hauptaufgabe des Bundesheeres ist, habe der Ukraine-Krieg gezeigt. „Dass das Bundesheer wieder in der Lage ist, sich auf die Landesverteidigung rückbesinnen zu können, setzt finanzielle Mittel voraus“, und für diese habe Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) gesorgt. In den nächsten fünf Jahren bekomme das Heer um fünf Milliarden Euro mehr als ursprünglich vorgesehen, insgesamt 16 Milliarden Euro. Das Geld werde in die Mobilität, Schutz und Wirkung sowie Autarkie und Nachhaltigkeit fließen. In die Autarkie werde ein großer Teil der fünf Milliarden Euro investiert – etwa für den Fall eines Blackouts in Notstromaggregate sowie die dafür notwendigen Baumaßnahmen.

Militärkommandant zur Lage des Heeres

Der burgenländische Militärkommandant Gernot Gasser spricht zur Situation des Bundesheeres und gibt einen Ausblick für 2023.

Erfreut ist Gasser auch über das Ende des Covid-19-Einsatzes – auch wenn Corona weiter eine gesundheitliche Bedrohung bleibt. „Die Einsatzbelastung war enorm, viele Soldaten konnten ihrer eigentlichen Arbeit nicht nachgehen“, stellte Gasser fest.

„Spannende Ausbildung ist der beste Magnet“

Gasser geht davon aus, dass neues, modernes Gerät ein Motivationsfaktor für neue Mitarbeiter ist: „Ich erwarte vermehrten Zulauf, aber wir sind im Wettstreit mit anderen Einsatzorganisationen.“ Es brauche daher eine gute, spannende Ausbildung: „Das ist noch immer der beste Magnet.“ Vor allem müsste aber auch die Einsatzbelastung reduziert werden. Die Reduktion des Grundwehrdienstes von acht auf sechs Monate sei eine politische Entscheidung gewesen, falle dem Heer aber „mehrfach auf den Kopf“, ebenso das Aussetzen der Milizübungen, meinte er.

FPÖ: „Analyse Gassers trifft ins Schwarze“

Die Analyse von Militärkommandant Gasser treffe nicht nur ins Schwarze, sie sei auch als „Sukkursruf“ zu werten, hieß es Mittwochnachmittag von FPÖ-Landesparteisekretär Christian Ries. Ries ortete zudem eine „Planungslosigkeit“ bei Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Innenministerium verweist auf starken Aufgriffsrückgang

Das Innenministerium hielt hingegen in einer Reaktion fest, dass es bei den Aufgriffen im Burgenland seit Mitte Dezember bis zu den ersten Jännerwochen 2023 einen Rückgang von etwa 80 Prozent gegeben habe. Das sei unter anderem auf das Ende der Visafreiheit für indische und tunesische Staatsbürger in Serbien zurückzuführen. Die Asylanträge von indischen und tunesischen Staatsbürgern seien in den letzten beiden Jänner-Wochen in den mittleren zweistelligen Bereich gesunken, heißt es vom Innenministerium.

„Unter den mehr als 80.000 Aufgegriffenen im Burgenland waren mehr als 32.000 tunesische und indische Staatsbürger. Das sind etwa 40 Prozent der Aufgriffe im Burgenland Januar bis Dezember 2022“, heißt es in einer Stellungnahme des Innenministeriums. In den ersten drei Wochen des heurigen Jahres seien 49 tunesische Staatsbürger aufgegriffen worden. Die Zahl der aufgegriffenen Personen aus Indien sei in den ersten drei Jännerwochen von 200, auf 60 und schließlich 30 Personen zurückgegangen.