Das Justizzentrum bzw. Gericht in Eisenstadt
ORF.at/Michael Baldauf
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Chronik

Sohn von Hamas-Gründer: Details zur Anklage

Zur Anklage der Staatsanwaltschaft Eisenstadt gegen den Sohn eines Gründers der palästinensischen Terrororganisation Hamas werden nun neue Details bekannt. Dem 40-Jährigen wird vorgeworfen, er habe vor 2019 dazu beigetragen, Anschlagziele in Israel auszuwählen.

Der 40-Jährige hatte im Vorjahr in Österreich Asyl beantragt. Wie sein Bruder, der als Autor des Buches „Son of Hamas“ bekannt wurde, dürfte auch der 40-Jährige sich von der Hamas losgesagt haben – allerdings erst im Jahr 2019.

Von Mitbewohner in Asylheim Eisenstadt erkannt

Laut Anklageschrift hatte ein Mitbewohner in einem Asylheim in Eisenstadt den Sohn eines Mitbegründers der Hamas erkannt und vor 14 Monaten der Polizei gemeldet. Der Vorwurf lautet nun, der Palästinenser habe bis 2017 und 2019 wieder für die antiisraelische Terrororganisation Hamas gearbeitet – von einer in Istanbul zur Verfügung gestellten Wohnung aus. Unter anderem habe er Informationen über die Auswirkung von Raketeneinschläge in Israel weitergegeben sowie Landkarten und statistische Daten über jüdische und arabische Einwohner Israels.

Der Beschuldigte hat laut Anklage selbst den Verdacht gehegt, dass diese Informationen Grundlage für künftige Raketenanschläge durch die Hamas sein sollten. Er habe das Büro in der Türkei selbst als „Büro für Zivilschutz“, das auch Spionagetätigkeiten vornimmt, bezeichnet. Allerdings relativiert die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift die Vorwürfe auch. Der 40-jährige Sohn des Hamas-Gründers habe wohl keinen direkten Einblick in Angriffspläne gehabt.

Kritik vom Anwalt des Beschuldigten

Der Anwalt des Beschuldigten hatte es zuletzt als Katastrophe bezeichnet, dass der palästinensische Asylwerber seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Denn die Anklage beruhe fast ausschließlich auf dessen eigenen Angaben im Asylverfahren oder in mehreren Interviews aus dem Jahr 2019. Damals hatte der 40-Jährige gesagt, er habe sich von der Hamas losgesagt und der Organisation vorgeworfen, korrupt und terroristisch zu sein.

Das ist der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst offenbar bewusst, es schützt den Mann aber nicht vor Strafverfolgung für das, was er davor getan hat. Dazu kommt laut Anklageschrift, dass er zu seiner Verteidigung fünf unterschiedliche Versionen erzählt habe – etwa, dass er ein Doppelagent gewesen sei – für die Hamas und für den israelischen Inlandsgeheimdienst Schabak. Ein Prozess unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen ist in Eisenstadt für Ende Februar geplant.