Die Situation an der Grenze, die für die Bevölkerung „unerträglich“ sei, zeige, dass „Schengen im Wesentlichen nicht funktioniert“. Das System noch zu erweitern, mache deshalb keinen Sinn, so Karner.
Zurückweisungen an Grenzen ermöglichen
In Österreich sind heuer laut Statistik des Innenministeriums schon fast dreimal so viele Asylanträge gestellt worden wie im Vorjahr. Bis Ende Oktober haben heuer 89.867 Menschen um Asyl angesucht. 26.000 davon sind in andere Länder weitergezogen.
Im Burgenland wurden heuer laut Polizei bisher 74.291 Flüchtlinge aufgegriffen, ein Großteil davon unregistriert. Momentan zeige sich bei den Aufgriffen ein Rückgang auf hohem Niveau. 322 Schlepper wurden festgenommen. Die Situation sei nicht vergleichbar mit dem Jahr 2015, weil damals viele Flüchtlinge innerhalb kurzer Zeit über die Grenze gekommen seien. Heuer sei das über das ganze Jahr verteilt, sagte dazu Landespolizeidirektor Martin Huber: „Wir haben uns auch strukturell und personell umgestellt.“
Am stärksten betroffen sind die Bezirke Neusiedl am See und Oberpullendorf. „Die Menschen wünschen sich zu Recht, dass an der Grenze zurückgewiesen wird. Das ist aber bei einem Asylantrag rechtlich ausgeschlossen“, betonte Karner. Er will, dass Zurückweisungen von Menschen ermöglicht werden, die keine Chance auf Asyl haben, weil sie etwa aus Indien, Tunesien oder Marokko stammen. Österreichweit hätten heuer bisher 11.400 Tunesier einen Asylantrag gestellt. Seit Sonntag sei die visafreie Einreise für Tunesier in Serbien gefallen.
Schengen-Erweiterung „nicht zielführend“
Neben den Zurückweisungen pocht Karner auf Asylverfahren in sicheren Drittstaaten oder an den EU-Außengrenzen. Eine Schengen-Erweiterung sei nicht zielführend. Auch dass „fast überall“ Binnengrenzkontrollen stattfinden, zeige, dass das System nicht funktioniere. Der Innenminister will Vorschläge von der EU-Kommission und eine europäische Lösung.
Karner: „Menschen im Burgenland besonders belastet“
Die EU-Kommission hatte am vergangenen Mittwoch die Erweiterung des grenzkontrollfreien Schengen-Raums auf Kroatien, Bulgarien und Rumänien empfohlen. Das sei „überfallsartig“ vorgelegt worden, so Karner im Interview mit ORF-Burgenland-Politikredakteurin Patricia Spieß. Das sei der falsche Schritt, so Karner. Besonders im Burgenland seien die Menschen belastet.
„Ich habe gesagt, dass wir verhindern müssen, dass die Situation so wird, wie im Jahr 2015. Die Menschen werden kontrolliert und registriert – es werden Fingerabdrücke genommen. Ich halte es für besonders wichtig, dass das passiert. Das ist der große Unterschied zu 2015“, so Karner. Die große Herausforderung jetzt sei, dass zusätzlich Menschen aus der Ukraine flüchten. Diese Menschen fallen allerdings nicht in die Asylstatistik. Sie fallen unter die EU-Richtlinie „Temporärer Schutz“.
Wenn ein System nicht funktioniere, könne dieses nicht noch größer gemacht werden, betonte Karner. Daher „gibt es hier von mir als Innenminister, verantwortlich für die Sicherheit, ein klares Nein“, sagte Karner erneut an der Grenze in Klingenbach.
Schengen-Abstimmung am 8. Dezember
Die Aussage sorgte in kroatischen und rumänischen Medien für große Aufregung. Die kroatische Zeitung „Jutarnji list“ schrieb etwa über eine „Bombe“. Der kroatische Innenminister Davor Bozinovic erklärte in einer Pressekonferenz, dass Österreich Kroatiens Schengen-Mitgliedschaft von Beginn an „unterstützt hat“ und daran habe sich „nichts geändert“. Bevor die Länder dem Schengenraum beitreten können, braucht es die Zustimmung aller bestehenden Schengen-Mitglieder. Die Abstimmung soll am 8. Dezember in Brüssel stattfinden.
FPÖ will Volksabstimmung
Die FPÖ tritt unterdessen geschlossen für eine Volksbefragung ein und will die Menschen in ganz Österreich über die Asylpolitik abstimmen lassen. Das würde den Regierenden in Bund und Land den offenbar nötigen Fingerzeig geben, wie sie sich in der Asylkrise zu verhalten hätten, sagte FPÖ-Landesparteiobmann Alexander Petschnig.