Wirtschaft

Arbeitskräftemangel verschlimmert sich

Der Facharbeitermangel ist schon lange ein Thema und die Lage spitzt sich weiter zu. Viele Unternehmer suchen händeringend nach qualifizierten Arbeitskräften. Gründe dafür seien etwa die Bevölkerungsentwicklung und das Imageproblem der Lehre, so WIFI-Institutsleiter Harald Schermann.

Der Betrieb Nikitscher Metallwaren in Pinkafeld (Bezirk Oberwart) ist ein Spezialist für Blechbearbeitung, Pulverbeschichtung und Feuerverzinkung und beschäftigt 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen demnächst viele in Pension gehen. Ein Teil dieser Stellen wird nicht nachbesetzt werden können. Hatte die Firma meist rund 25 Lehrlinge, sind es derzeit nur elf.

Fachkräftemangel wird schlimmer
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Die Firma Nikitscher hat 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Dass es kaum Bewerbungen gibt, macht Geschäftsführer Jürgen Poandl ratlos: „Wenn ich nur bei uns in den Betrieb schaue, da sind fast 90 Prozent der Führungskräfte im mittleren und oberen Segment Eigenbauspieler. Das heißt, sie haben eine Lehre bei uns gemacht und besetzen hier dann Führungsposten.“

Techniker und Produktionsmitarbeiter gefragt

In der Mineralwasserfirma Waldquelle in Kobersdorf (Bezirk Oberpullendorf) gibt es rund 100 Beschäftigte und zehn offene Stellen. Das Unternehmen würde gerne expandieren, werde durch den Arbeitskräftemangel aber eingebremst, sagte Geschäftsführerin Monika Fiala: „Wir suchen in der Administration, in der Logistik und in der Produktion so und so schon immer. Techniker sind extrem gefragt, ebenso wie Staplerfahrer und Produktionsmitarbeiter.“

Reportage Mineralwasser und Getränkeproduzenten – Waldquelle
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Auch bei Waldquelle wird dringend Personal gesucht

Keine Bewerbungen auf Lehrstellen

Ein drittes Beispiel für das Problem Arbeitskräftemangel ist die Glaserei Höfler mit Zentrale in Oberwart und vier weiteren Standorten. Die Auftragslage sei in den vergangenen Jahren hervorragend gewesen und sei derzeit immer noch sehr gut, sagte der Unternehmer Johannes Höfler. Er würde den Beschäftigtenstand von 20 gerne um zwei aufstocken und auch Lehrlinge ausbilden, doch das ist graue Theorie.

„Es meldet sich überhaupt niemand. Derzeit gibt es null Bewerbungen. Wir haben immer Lehrlinge ausgebildet und haben derzeit einen, aber weitere Bewerbungen gibt es derzeit überhaupt nicht“, so Höfler. So manchen Auftrag muss der Unternehmer ablehnen, weil er mit der Arbeit einfach nicht nachkommt.

Gespräch mit WKO-Experten

Zum Thema Arbeitskräftemangel ist Harald Schermann von der Wirtschaftskammer Burgenland zu Gast in „Burgenland heute“.

Schermann: Geburtenrückgang und Mobilitätsproblem

Für den Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel gebe es mehrere Gründe, erklärte WIFI-Institustleiter Harald Schermann am Montagabend im „Burgenland heute“-Gespräch. Die „Babyboomer-Generation“ der 1960er-Jahre gehe sukzessive in Pension und gleichzeitig seien seit diesem Zeitpunkt auch die Geburten drastisch zurückgegangen. In den 1960er-Jahren seien pro Jahr im Schnitt 5.000 Kinder zur Welt gekommen, aktuell seien es 2.000 Kinder, so Schermann. Außerdem habe die Lehre nach wie vor ein Imageproblem und man komme im Burgenland mit einem öffentlichen Verkehrsmittel ganz einfach leichter in die Schule als zu einem Lehrplatz.

"So viele Arbeitsplätze wie nie zuvor

Dazu komme, dass man im Burgenland mit 113.000 Beschäftigten so viele Arbeitsplätze wie nie zuvor habe und auf der anderen Seite gebe es aber weniger Menschen, die arbeiten könnten, weil es weniger gebe, ergänzte Schermann. Die Betriebe würden sehr intensiv daran arbeiten, Mitarbeiter zu rekrutieren. Man investiere in Marketing, Infrastruktur und biete attraktive Arbeitszeitmodelle an.

Die Wirtschaftskammer unterstütze die Betriebe zum einen mit der Lehrlingsplattform „was-tun.at“, auf der sich Lehrlinge und ihre Eltern über das Lehrstellenangebot in ihrer Umgebung informieren könnten. Zum anderen gebe es die Fachkräfteoffensive, die man gemeinsam mit dem Land, dem AMS, der Industriellenvereinigung und dem WIFI durchführe, um Arbeitslose wieder in den Arbeitsprozess zu holen.

Schermann: Handlungsbedarf bei Flüchtlingen

Schermann sieht auch einen Handlungsbedarf bei Flüchtlingen und Migranten. Man müsse prüfen, ob es Maßnahmen gebe, um sie in den Arbeitsprozess zu integrieren. Es gebe ja die „Rot-Weiß-Rot-Card“, wo man ganz einfach versuche, Mangelberufe zu erweitern und zu sehen, wer Potenzial habe und wer helfen könne.