Zinssteigerungen als zweischneidiges Schwert
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Wirtschaft

Steigende Zinsen bringen Vor- und Nachteile

Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag schon zum dritten Mal in diesem Jahr den Leitzinssatz angehoben. Die heimischen Banken reagieren mit einer Erhöhung der Spar- und Kreditzinsen. Wohnbaudarlehen mit variablen Zinssätzen werden teurer, das bringt vor allem junge Familien unter Druck.

Jahrelang dümpelte der Leitzinssatz im Euroraum bei null und darunter. Seit heuer steigt er rasant. Die Banken reagieren darauf und erhöhen die Spar- und Kreditzinsen. Steigende Zinsen sind also ein zweischneidiges Schwert. Ein Beispiel: Wer einen Wohnbaukredit braucht, muss bei sehr guter Bonität und variablem Zinssatz derzeit mit drei bis dreieinhalb Prozent rechnen, Tendenz weiter steigend. Wer einen solchen Kredit bereits laufen hat, muss deutlich mehr zurückzahlen.

Zinssteigerungen als zweischneidiges Schwert
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Der Leitzins wurde von der Europäischen Zentralbank zuletzt deutlich angehoben

Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

Immobilienmakler spüren die Auswirkungen der Zinserhöhungen bereits. Die Nachfrage geht zurück, auch weil Kredite wegen strengerer Richtlinien schwerer zu bekommen sind – mehr dazu in Neue Richtlinien für Immobilienkredite. Die steigenden Zinsen würden die Lage jetzt noch weiter verschärfen, sagte Helmut Zwickl von der Firma Z-Immobilien.

Zinssteigerungen als zweischneidiges Schwert
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Auf dem Immobilienmarkt sinkt die Nachfrage

Variable Finanzierungen werden zunehmend zum Problem

„Man merkt das schon. Wir sind am Beginn, wo man es jetzt spürt. Das wurde zum Teil etwas unterschätzt. Also die variablen Zinsen, das wurde vielleicht in der Bevölkerung auch nicht so kolportiert, sind jetzt bereits ein Problem, vorwiegend bei Jungfamilien, die alles auf variabel finanziert haben“, so Zwickl.

Die OSG, größte Siedlungsgenossesnschadt des Landes, will Mietern helfen, die die monatliche fianzielle Belastung nicht mehr stemmen können. Details zu diesem Modell werden in einigen Wochen präsentiert.

Zinssteigerungen als zweischneidiges Schwert
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Die Schuldenberatung führt derzeit mehr Gespräche durch

Zahl der Schuldenberatungen steigt

Immer stärker gefordert ist auch die Schuldenberatung des Landes. Die Zahl der Beratungen ist bereits um zehn bis 15 Prozent gestiegen, auch wenn die Zinserhöhungen derzeit noch nicht durchschlagen. „Wir gehen aber davon aus, dass sich das in etwa drei bis vier Monaten auch bei uns schlagend machen wird. Die Klientinnen und Klienten können dann ihre Kreditraten nicht mehr einhalten, auch aufgrund der Teuerungen, die eingetreten sind – bei Lebensmittel, Spritkosten und Energiepreisen. Es geht sich dann einfach nicht mehr aus, diese Kreditraten zu bezahlen“, so Michaela Puhr von der Schuldenberatung.

Puhr: „Ehrliche Einnahmen-Ausgaben-Rechnung“

Im „Burgenland heute“-Studiogespräch am Freitagabend riet Puhr allen, die ein variables Wohnbau-Darlehen haben und durch die Zinssteigerungen ins Trudeln kommen, zu einer „ehrlichen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung“. Außerdem sollte man rechtzeitig mit der Bank Kontakt aufnehmen, um zu verhandeln, wenn man in Zahlungsschwierigkeiten komme, sagte Puhr.

„Burgenland heute“-Studiogespräch mit Michaela Puhr

Natürliche nehme man auch seitens der Schuldnerberatung Kontakt auf, um zu intervenieren. Ihrer Erfahrung nach kämen die Banken den Kreditnehmern „sehr gut entgegen“. Auch die Banken seien daran interessiert, dass die Immobilie erhalten bleibe. Allerdings gäbe es schon auch Fälle, in denen eine Einnahmen-Ausgabensituation-Überblickanalyse zeige, dass es besser wäre, die Immobilie zu verkaufen, sagte die Schuldnerberaterin.

Um einen Überblick über die eigenen Finanzen zu behalten, könnte man ein Haushaltsbuch führen, empfahl Puhr. So könne man mögliche Einsparungspotenziale besser erkennen. Auch die „Kuvertmethode“ sei eine Methode, die eigenen Finanzen besser in den Griff zu bekommen. Dabei verteile man das Geld, das man für einen Monat ausgeben wolle, auf vier Kuverts und nehme sich jede Woche eines, erklärte Puhr.