Case- and Caremanagement
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Gesundheit

Trägerorganisationen kritisieren neues Pflegemodell scharf

Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe kritisierten am Donnerstag das im Burgenland geplante neue Pflegemodell. Dieses sei „unausgegoren“ und über die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen hinweg entwickelt worden, betonten die Pflegeorganisationen.

Bei einem Pflegegipfel am Mittwoch präsentierte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) seine Vorhaben. Die Trägerorganisationen forderten dabei, in die Planungen eingebunden zu werden. Die vorgesehenen 71 Stützpunkte decken jeweils eine Region ab und sollen dort Hauskrankenpflege, betreutes Wohnen, Tagesbetreuung sowie Pflege- und Sozialberatung organisieren – mehr dazu in 71 Pflegestützpunkte werden realisiert.

Nur noch ein Träger pro Region

Künftig wird nur noch ein Träger die gesamte nicht-stationäre Versorgung pro Region übernehmen. „Durch die gebündelten Ressourcen soll mehr Service und Betreuung bei den pflegebedürftigen Burgenländerinnen und Burgenländern auch tatsächlich ankommen“, betonte Soziallandesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) bei dem Pflegegipfel am Mittwoch. Laut Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) müsse man über den Tellerrand hinausblicken und sich auf Neues einlassen.

Pflege-Pilotprojekt in Schattendorf startet ab Herbst
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Der erste Pilot-Stützpunkt in Schattendorf (Bezirk Mattersburg) soll in den kommenden Wochen starten.

„Für uns bedeutet das, dass unsere Klientinnen und Klienten ihre Betreuungsorganisation wechseln müssten. Zu den derzeitigen Betreuerinnen und Betreuern wurden aber oft langjährige Beziehungen aufgebaut“, betonte Volkshilfe-Präsident Erich Fenninger. Mit dieser Umstrukturierung werde ein „funktionierendes System zerschlagen“, heißt es seitens der Pflegeorganisationen.

Moser: „Sinnlos und teuer“

Für die Betreuer bedeute die geplante Ausschreibung der Stützpunkte, dass sie womöglich zu einem neuen Arbeitgeber wechseln müssen, gab Caritas-Generalsekretärin Anna Parr zu bedenken. „In weiterer Folge wird das auch zu Abwanderung aus der Pflege führen, was angesichts der angespannten Personalsituation die Versorgungssicherheit gefährden wird.“

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Soziallandesrat Leonhard Schneemann von der SPÖ bei der Präsentation von weiteren Details zu den geplanten Pflegestützpunkten
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Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Landesrat Leonhard Schneemann bei der Präsentation der Stützpunkte

Diakonie-Direktorin Maria Moser hielt fest, dass es „sinnlos und teuer“ sei, Infrastruktur zu schaffen, ohne Plan und Bedarfserhebung sowie ohne Einbindung der Organisationen, die das mobile Pflegesystem am Laufen halten würden. Außerdem gebe es juristische Bedenken, meinte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm. Immerhin habe man es mit intakten Vertragsverhältnissen zu tun und es gelte der Vertrauensgrundsatz.

Schneemann: „Kritik kommt unerwartet“

„Es ist mehr als irritierend, dass einen Tag nach dem Pflegegipfel, der dem Dialog diente, so ein Querschuss kommt“, betonte Soziallandesrat Schneemann. Ziel des Gipfels sei es gewesen, die Organisationen ins Boot zu holen. Sinnvolle Anregungen nehme man gerne auf, „aber es muss auch in aller Deutlichkeit gesagt werden, dass es uns um die Verbesserung des Angebotes für die Pflegebedürftigen geht und nicht um die Strukturbewahrung“, sagte Schneemann.

Grüne: „Warnung ernst nehmen“

„Hier wird über die Köpfe langgedienter Organisationen hinweg und auf dem Rücken der Selbstbestimmung von pflegebedürftigen Personen stur ein Konzept durchgezogen, das am Schreibtisch eines Instituts entwickelt wurde. Das kann nicht gut gehen“, so die Klubobfrau der GRÜNEN Regina Petrik. Sie appelliert an die Landesregierung, endlich mit den Pflegeorganisationen auf Augenhöhe zu sprechen.

ÖVP: „Irrweg des Landes in der Pflege beenden“

„Wenn Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe das geplante neue Pflegesystem des Burgenlandes so hart kritisieren und von einer Zerschlagung eines funktionierenden Systems sprechen, müssen bei LH Doskozil und LR Schneemann doch endlich die Alarmglocken läuten“, betonte ÖVP-Pflegesprecher Thomas Steiner. Laut ihm gäbe es genug Möglichkeiten um die Pflege im derzeitigen System zu unterstützen.

Dunst: „Wird weitere Gespräche geben“

Die burgenländische Landesorganisation der Volkshilfe, an deren Spitze Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) steht, betonte im Gegensatz zu den Bundesorganisationen, dass das Land weitere Gespräche angekündigt und sich „für Inputs zugänglich gezeigt“ habe. Die Kritik der Träger sei drei Tage vor den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen „vom Zeitpunkt her sehr unglücklich gewählt und der Sache nicht dienlich“. Zudem müsse immer das Wohl der Klientinnen und Klienten im Vordergrund stehen, hieß es in einer Aussendung.