Kohlenberger Migrationsforscherin
ORF
ORF
Chronik

Expertin erwartet weiter steigende Flüchtlingszahlen

Die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger aus Wallern (Bezirk Neusiedl am See) forscht und unterrichtet an der WU Wien. Im Burgenland Heute Interview mit Hannes Auer sagte sie, dass sie auch in Zukunft mit steigenden Flüchtlingszahlen rechnet.

Im ersten Halbjahr sind in Österreich fünfmal so viele Flüchtlinge aufgegriffen worden wie im selben Zeitraum des Vorjahres – mehr dazu in Zahl der Flüchtlingsaufgriffe stark gestiegen. Eine Entspannung der Lage ist laut der Expertin nicht in Sicht.

„Konflikte nehmen zu“

„Man muss leider konstatieren global gesehen nehmen Konflikte und Vertreibung zu. Wir haben natürlich mit dem Krieg in der Ukraine eine ganz unmittelbare Episode ganz in der Nähe. Aber auch die Situation nach Abzug der amerikanischen Truppen in Afghanistan vor etwa einem Jahr ist nicht stabil. Das heißt, da ist wirklich auch damit zu rechnen, dass in Zukunft Fluchtbewegungen nach Europa nicht abnehmen, sondern eher zunehmen werden“, so Kohlenberger.

Migrationsforscherin im Gespräch

Migrationsforscherin Judith Kohlenberger spricht über die steigende Zahl an Flüchtlingsaufgriffen.

„Maßnahmen funktionieren nicht“

„Man sieht jetzt, dass die Instrumente, auf die man seit 2015 gesetzt hat, um einerseits die Zahl der Asylanträge niedrig zu halten und andererseits solche Episoden wie zum Beispiel das Schlepperdrama in Kittsee zu verhindern, dass diese Instrumente nicht wirken. Es wird höchste Zeit, andere Maßnahmen zu wählen“, erklärte Kohlenberger.

„Das einzig wirksame Instrument, um nachhaltig das Schlepperwesen zu bekämpfen, ist es, den Menschen legale Fluchtrouten anzubieten, weil sie dann nicht mehr auf die gefährlichen und auch sehr teuren Wege der Schlepper angewiesen sind. Außerdem wäre es wichtig, Menschen, die keinen Fluchtgrund vorweisen können, aber keine Alternative zur illegalen Einwanderung haben, legale Möglichkeiten zu bieten. Hier gäbe es ein ganzes Bündel an Maßnahmen, die man anwenden könnte“, so die Expertin.

Kohlenberger: „Integration kann funktionieren“

„Die Pandiemie ist ein guter Gradmesser für Integration, weil während der Pandemie geflüchtete Arbeitnehmer unter den Systemerhaltern tatsächlich überrepräsentiert waren. Das heißt, es waren vielfach jene, die die Regale geschlichtet haben, während andere im Homeoffice gesessen sind. Die haben auch wirklich dazu beigetragen, dass das Land weiter am Laufen blieb. Und ich glaube, das ist ein gutes Indiz dafür, wie Integration gelaufen ist“, so die Expertin.

Laut Kohlenberger gibt es aber auch Menschen, die wieder zurückkehren „Ein jüdischer Arbeitskollege von mir ist bereits vor einiger Zeit nach Syrien zurückgegangen. Er berichtet aber weiterhin, dass die Lage sehr instabil ist, auch das tägliche Leben ist nicht einfach. Die Zeit wird zeigen, wie nachhaltig so eine Rückkehr ist“, erzählte die Migrationsforscherin.