Gemeindeamt Litzelsdorf
ORF
ORF
Politik

Landesrechnungshof ortet Missstände in Litzelsdorf

Der Burgenländische Landesrechnungshof (BLRH) hat in der Gemeinde Litzelsdorf (Bez. Oberwart) einige Missstände festgestellt. So waren etwa die Rechnungsabschlüsse zumindest über drei Jahre fehlerhaft und bildeten nicht die tatsächliche Finanzlage ab, hieß es im am Mittwoch veröffentlichten Bericht.

Der BLRH führte eine Reihe von Gemeindeprüfungen mit dem Schwerpunkt Kinderbetreuung durch und nach Weppersdorf, Stoob und Stotzing – mehr dazu in Rechnungshof prüfte Stotzing: Finanzen ok – bildete Litzelsdorf nun den Abschluss. Ein Vergleich mit den drei anderen Ortschaften war aber nicht möglich, denn im Zuge der Prüfung stellte sich heraus, dass die Rechnungsabschlüsse in Litzelsdorf fehlerhaft waren.

Offene Zahlungsverpflichtungen nicht berücksichtigt

In den Rechnungsabschlüssen der Jahre 2017, 2018 und 2019 wurden offene Zahlungsverpflichtungen gegenüber der gemeindeeigenen Infrastruktur KG nicht berücksichtigt. Diese stammen aus nicht geleisteten Zahlungen der Gemeinde für Miete und Betrieb des Kindergartens und der Volksschule. Diesen jährlichen Zahlungsverpflichtungen von bis zu 98.000 Euro kam die Gemeinde wiederholt nicht nach. Erst 2020 konnten sie durch Einnahmen aus einem Kredit in Höhe von 250.000 Euro beglichen werden.

Kindergarten Litzelsdorf
ORF
Miete und Betrieb des Kindergartens und der Volksschule wurden offenbar nicht bezahlt

Gebarungsergebnisse wären schlechter gewesen

Unter Berücksichtigung der nicht bezahlten und nicht ausgewiesenen Mieten sowie Betriebskosten wären die Gebarungsergebnisse noch schlechter gewesen. Nach Berechnungen des BLRH wäre das Ist-Gebarungsergebnis 2017 mit rund 260.000 Euro negativ gewesen. Die Rechnungsabschlüsse der Jahre 2017, 2018 und 2019 konnten somit keine verlässliche Auskunft über sämtliche offene Zahlungsverpflichtungen von Litzelsdorf geben. Die aufgezeigten Mängel stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen der Verrechnung sowie den gesetzlichen Bestimmungen. Dies führe dazu, dass weder die Marktgemeinde noch das Land als Aufsichtsbehörde einen verlässlichen Überblick über die Finanz- und Vermögenslage haben konnten.

Mehrfachfunktionen verhinderten verlässliches Kontrollsystem

Der im überprüften Zeitraum amtierende, der ÖVP angehörende, Bürgermeister war nicht nur Ortschef, sondern auch Amtmann in der Gemeinde und in geschäftsführender Funktion bei der Infrastruktur KG. Der BLRH sieht durch die Mehrfachfunktionen wesentliche Prinzipien eines wirksamen internen Kontrollsystems, wie etwa die Funktionstrennung, nicht gewährleistet. Dies bewirkte einen Interessenskonflikt durch Selbstkontrolle und stehe im Widerspruch zu einer wirksamen Aufsicht, hieß es weiters.

Mihalits: Dringender Handlungsbedarf

BLRH-Direktor Andreas Mihalits stellte fest: „Die Marktgemeinde Litzelsdorf hat dringenden Handlungsbedarf, denn zum einen hat die Gebarungssituation der Marktgemeinde keinen positiven Eindruck hinterlassen und zum anderen muss dringend eine ordnungsgemäße Buchhaltung und – mit Blick auf den Prüfungsausschuss oder die Mehrfachfunktionen einzelner Personen – die Sicherstellung wirksamer Kontrollmechanismen gewährleistet werden.“

Dax: Kritik an Sagartz

SPÖ-Rechnungshofsprecher Christian Dax kritisierte das vom BLRH aufgedeckte „Finanzchaos“ in Litzelsdorf und sah ÖVP-Landesparteiobmann Christian Sagartz gefordert: „Vor diesem Hintergrund erscheint der kürzlich erfolgte Bürgermeisterwechsel in Litzelsdorf in einem ganz anderen Licht, denn hier stehen nun ernsthafte Vorwürfe im Raum.“ Sagartz soll für Ordnung sorgen, so Dax in einer Aussendung.

Bürgermeister Resch: „Werden Bericht genau begutachten“

Aus dem Büro von Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) hieß es, dass sich die Gemeindeaufsicht den Rechnungshofsbericht ansehen werde und sich aufsichtsbehördliche Schritte vorbehalte. Der vor kurzem zum neuen Bürgermeister von Litzelsdorf gewählte Jürgen Resch (ÖVP) sagt, dass die Gemeinde den Bericht erst ausführlich begutachten und in Folge Stellung nehmen werde.