Hans Peter Doskozil und Leonhard Schneemann posieren vor der Burgenland-Karte mit den neuen Stützpunkten
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Soziales

Burgenland regelt Pflege neu

Das Burgenland startet ein neues Pflegemodell. 28 Regionen sollen je einen Stützpunkt und 70 Subregionen bekommen. Sie kümmern sich um mobile Hauskrankenpflege, Tagesheimstätten und betreutes Wohnen. Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) nannte im „Burgenland heute“-Gespräch Details.

Mit den bisherigen Anbietern dieser Dienstleistungen würden nun Gespräche geführt, kündigte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Montag an: „Das Modell ist einzigartig für ganz Österreich. Aus meiner Sicht regelt es das Thema Pflege abschließend.“

Regionales Pflegestützpunktsystem

In den vergangenen Monaten wurde mit EPIG, dem Entwicklungs- und Planungsinstitut für Gesundheit, ein regionales Pflegestützpunktsystem erarbeitet. Geplant sind 28 Regionen mit je einem Stützpunkt und 70 Subregionen, die sich aus den umliegenden Gemeinden ergeben und eine Zielgröße von 4.000 Einwohnern haben. In den Stützpunkten solle alles unter einem Dach angeboten werden, erklärte Schneemann am Montagabend. Man wolle möglichst nahe an die Bewohnerinnen und bewohner in den Gemeinden herankommen. Die Alten-, Wohn- und Pflegeheime sind von dem neuen Modell ausgenommen. Im Burgenland gibt es mehr als 40 Heime für die stationäre Pflege.

Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ)

Das Burgenland startet ein neues Pflegemodell. „Mit diesem Modell sind wir gut für die Zukunft aufgestellt", meint Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ). Er ist dazu Gast im Studio.

Nicht stationäre Versorgung: Nur ein Träger pro Region

Nur noch ein Träger soll die gesamte nicht-stationäre Versorgung pro Region übernehmen. Gestartet wird im Sommer 2022 mit zwei Pilotregionen, eine davon werde sich im Bezirk Neusiedl am See befinden, so Doskozil. Bis Ende 2024 soll das Modell auf das gesamte Burgenland ausgerollt werden, mit dem Ziel, eine flächendeckende, gemeindenahe Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

„Es geht darum, mit den vorhandenen Mitteln den größtmöglichen Effekt für die Betroffenen zu erzielen“, meinte der Landeshauptmann. Die Träger seien zwar teilweise schon vorinformiert über die Neuerungen, Gespräche mit ihnen starte Landesrat Schneemann aber erst jetzt. Doskozil verwies hier auf die Evaluierungsphase, die Träger würden nun intensiv eingebunden.

Hans Peter Doskozil
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Landeshauptmann Doskozil

Ausschreibung der einzelnen Regionen ab 2023

Die Tätigkeit bleibe in Händen der jetzigen Anbieter: „Wir wollen sie aber vom Faktor Immobilie befreien“, so der Landeshauptmann. Bestehende Gebäude sollen verwendet oder neue geschaffen werden, dies werde von der Landesimmobilien Burgenland GmbH organisiert. Das neue Modell soll Anfahrtswege verringern, die Regionen werden laut Schneemann auch „Case and Care“-Manager für Beratungen haben. Auch sind „Dorfplätze“ für den Austausch geplant. Die Ausschreibung der einzelnen Regionen erfolgt ab Anfang 2023, bewerben können sich alle Träger.

Neue Finanzierung

Neu ist auch die Finanzierung. Das Land wird anstatt wie bisher mit Entgelten pro Behandlungseinheit, künftig mit Entschädigungen für Vollzeitäquivalente arbeiten. Für die 70 Subregionen wird mit jeweils neun Mitarbeitern gerechnet. Die Angestellten bekommen zumindest den Mindestlohn von 1.700 Euro netto. Die Betriebs- und Sachkosten werden ebenso vom Land gefördert. Doskozil sprach von Kostenneutralität, auch Schneemann meinte, dass man mit diesem Modell gut für die Zukunft aufgestellt sei. Man müsse flexibler werden, damit das hochwertige Pflegeangebot für künftige Generationen finanzierbar bleibe.

Schneemann: 2 Mio. Euro pro neu gebautem Stützpunkt

Der Landeshauptmann geht davon aus, dass auf etwa 20 bis 30 vorhandene Standorte zurückgegriffen werden kann und 40 bis 50 neue errichtet werden müssen. Mit dem neuen Angebot soll auch die 24-Stunden-Pflege ein Stück zurückgedrängt werden, zumal in vielen Fällen gar keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung nötig sei. Wenn ein neuer Stützpunkt auf die grüne Wiese gebaut werden müsse, gehe man von Kosten in der Höhe von zirka zwei Millionen Euro aus, sagte Schneemann im „Burgenland heute“-Gespräch.

Steiner kritisiert Informationspolitik

ÖVP-Pflegesprecher Thomas Steiner kritisierte, dass die Gespräche mit den Organisationen über die Neuorganisation der Hauskrankenpflege erst nach der Präsentation des neuen Modells beginnen werden. Eine echte Einbindung sehe anders aus, daran ändere auch die Vorinformation in der vergangenen Woche nichts. Man habe an sich ein gut funktionierendes System in der Hauskrankenpflege. Von der Landesregierung erwarte er sich Unterstützung und nicht Einmischung, so Steiner. Die Expertise liege bei den Organisationen. Steiner fordert, dass die Landesregierung die Vorschläge der Organisationen ernst nimmt.

ARGE Hauskrankenpflege: Zu früh für Beurteilung

Erst wenn seitens der Sozialabteilung des Landes die relevanten Basisunterlagen zur Verfügung gestellt würden, sei eine fachliche Beurteilung des neuen Modells möglich, so Andrea Zarits, die Vorsitzende der ARGE Hauskrankenpflege, am Montagabend in einer Aussendung. Volkshilfe, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Caritas seien bereit für konstruktive Gespräche und freuten sich, ihre jahrzehntelange Expertise einbringen zu können.