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Wirtschaft

Lockdown: Noch wenige Kurzarbeitsanträge

Das AMS Burgenland bereitet sich auf mehr Arbeitslosmeldungen und Kurzarbeitsanträge vor. Wie viele Betriebe tatsächlich wieder auf Kurzarbeit setzen werden, ist noch unsicher – auch weil es in diesem Lockdown mehr Ausnahmen gibt. Von Montag bis Mittwochmittag beantragten laut AMS 35 Betriebe Kurzarbeit.

Arbeitsminister Martin Kocher rechnet durch den Lockdown mit bis zu 400.000 Menschen in Kurzarbeit. Bis jetzt halten sich die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt noch in Grenzen. Im Vergleich zur vergangenen Woche gibt es zwar einen leichten Anstieg bei der Arbeitslosigkeit, das ist aber laut AMS für diese Zeit noch nicht ungewöhnlich. Auffällig ist einzig das deutliche Plus von neun Prozent im Bereich Gastronomie und Beherbergung. Hier waren am Montag um 67 Menschen mehr arbeitslos gemeldet als eine Woche davor. Die Gasthäuser und Hotels müssen ja geschlossen halten. Für Lieferservice und Essensabholung braucht man weniger Personal.

Mehr Arbeitslose durch Lockdown
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Das AMS erwartet den größeren Ansturm aufgrund des Lockdowns erst nächste Woche

Kurzarbeit: Antrag 14 Tage rückwirkend stellen

Im Kampf gegen die Lockdown-bedingte Arbeitslosigkeit setzt die Politik weiter auf Kurzarbeit. Im Burgenland haben seit Montag bis Mittwochmittag 35 Betriebe beim AMS Kurzarbeit beantragt, 15 Anträge davon waren aber noch nicht vollständig, doch es trudeln laufend weitere ein, hieß es. Die Unternehmen haben bis 14 Tage nach Beginn der Kurzarbeit Zeit, rückwirkend einen Antrag zu stellen.

Neu in diesem Lockdown ist, dass es mehr Ausnahmen gibt. So sind im Gewerbe und Handwerk laut Wirtschaftskammer Beratungsdienstleistungen für geimpfte und genesene Kunden mit FFP2-Maske möglich: Schneider können zum Beispiel bei Kunden Maß nehmen oder Gärtner ihre Kunden etwa über Trauerfloristik beraten.

Mehr Arbeitslose durch Lockdown
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Im Einkaufszentrum Oberwart herrscht aufgrund des Lockdowns gähnende Lehre

Helene Sengstbratl im Studio

Der Arbeitsmarkt hat sich zuletzt erfreulich entwickelt. Im Oktober gab es sogar deutlich weniger Arbeitslose als vor der Pandemie, im Oktober vor zwei Jahren – in Summe rund 7.000. Es gab im Oktober auch mehr Beschäftigte als je zuvor (111.000). „Wir waren selbst komplett überrascht, weil es rasant nach unten gegangen ist und sich der Arbeitsmarkt ganz enorm positiv entwickelt hat. Was der Lockdown damit machen wird, können wir noch nicht genau sagen. Die Arbeitslosigkeit ist ein bisschen gestiegen, ein paar Kurzarbeitsanträge gibt es. Aber im letzten November hatten wir in den Branchen Tourismus, Handel und Dienstleistungen 500 Anträge mit 3.000 Mitarbeitern. Ich habe den Eindruck, dass sich die Betriebe noch orientieren, einmal Urlaub abbauen und die Anträge kommen dann nächste Woche. Die Arbeitslosigkeit wird dann Anfang Dezember stärker steigen“, so Sengstbratl.

Die Branchen Gastronomie, Hotellerie, Non-Food-Handel und körpernahe Dienstleistungen sind vom Lockdown besonders betroffen: „Wir sehen jetzt, dass Frisöre teilweise die Mitarbeiter in Arbeitslosigkeit geschickt haben, aber auch Urlaub abbauen. Wir rechnen schon damit, dass Betriebe aus dem Tourismus und dem Handel Kurzarbeit beantragen werden, denn das sind jetzt doch drei Wochen, in denen es kaum Umsätze gibt, das ist eine Menge Geld – Weihnachtsgeld steht an, also die Liquidität braucht es wahrscheinlich.“

Talk mit Helene Sengstbratl

AMS Burgenland Geschäftsführerin

Betriebe orientieren und informieren sich

In den bisherigen Lockdowns – und darüber hinaus – war die Kurzarbeit ein bewährtes Mittel. Vor einem Jahr schickten im Burgenland 1.200 Betriebe rund 8.000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Da gab es am Anfang einen regelrechten Ansturm auf die Kurzarbeit. Nun gab es 35 Anträge in drei Tagen und diese waren teilweise nicht vollständig. „Letztes Jahr waren März und April ein Wahnsinn, das ist von einem Tag auf den anderen gegangen, sogar die Bau-Branche war gesperrt. Da haben alle Betriebe auf einmal beantragt, das war ganz eine andere Situation. Jetzt orientieren und informieren sich die Betriebe einmal. Die Situation ist jetzt viel rationaler und weniger emotional“, so Sengstbratl. Die Anträge auf Kurzarbeit werden nicht ausbleiben, sondern werden sich nur etwas verzögern. „Die Anträge werden nächste Woche kommen, denn da ist dann klar, wie die Rahmenbedingungen der Regierung sind, und dann ist auch die IT darauf eingestellt, dass man korrekte Anträge stellen kann.“

Prognosen für Langzeitarbeitslose noch positiv

Für Langzeitarbeitslose gibt es die Initiative „Sprungbrett“ und die Initiative „2. Chance“. Hier ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen bisher um vier Prozent gesunken. Wie sehr der Lockdown diese positive Entwicklung beeinflussen wird, wird von der Dauer des Lockdowns abhängen, und wie sehr das die Wirtschaft bremst, so die Geschäftsführerin des AMS Burgenland: „Die Prognosen derzeit schauen noch positiv aus für das nächste Jahr. Also es gibt aufgrund des Lockdowns noch eine Korrekturen. Wir rechnen nächstes Jahr wieder mit einem Wachstum von vier Prozent. Aus Sicht der Langzeitarbeitslosen war der Arbeitskräftemangel etwas positives, da haben sich wirklich Chancen eröffnet, den Einstieg zu schaffen.“

Zumutbarkeitsbestimmungen für Sengstbratl streng genug

Diskutiert werden aktuell nicht nur das Arbeitslosengeld, sondern auch die Zumutbarkeitsregeln: Der Druck auf Arbeitslose einen Job anzunehmen soll steigen, auch die Streichung von Zuverdiensten neben der Arbeitslosigkeit wird diskutiert. Für Sengstbratl ist der Druck schon jetzt stark genug: „Ich sehe bei den Zumutbarkeitsbestimmungen keinen großen Hebel, die sind streng. Und wenn der Arbeitsmarkt so ausgetrocknet ist, wie er zuletzt war, handhaben wir das auch streng.“

ÖGB hofft auf Nutzung der Kurzarbeit

Der ÖGB Burgenland hofft auf eine starke Nutzung der Kurzarbeit. ÖGB-Landesvorsitzender Erich Mauersics fordert Firmen im Burgenland dazu auf, ihr Personal zu halten – Arbeitslose sollen weiterhin erhöhtes Arbeitslosengeld erhalten. Jede Person, deren Arbeitslosigkeit durch Kurzarbeit vermieden werden könne, sei ein doppelter Gewinn, betonte ÖGB-Landessekretär Andreas Rotpuller.

ÖGB-Frauen: Frauen müssen entlastet werden

„Ob im Homeoffice, im Homeschooling oder als Systemerhalterinnen – Frauen stemmen seit beinahe zwei Jahren den Großteil dieser Krise. Sie haben sich eine Entlastung mehr als verdient“, so ÖGB-Frauenvorsitzende Bianca Graf. Die ÖGB-Frauen fordern die Freistellung für alle Schwangeren ab der 14. Schwangerschaftswoche, unabhängig von der Branche. Es brauche eine vorausschauende Politik – daher fordern die ÖGB-Frauen weiters eine Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuungszeit auch für die nächsten Monate und die Wiedereinführung des Familienhärtefonds.