Studiogespräch Kinderarzt Dr. Albrecht Prieler Impfexperten der Ärztekammer, Mitglied des nationalen Impfgremiums
ORF
ORF
Coronavirus

Prieler: Erwachsene impfen um Kinder zu schützen

Ab Mittwoch wird im Burgenland wieder verstärkt geimpft, denn nur so kann die Pandemie bezwungen werden. Darüber sind sich Experten einig, auch Albrecht Prieler, Impfexperte der Ärztekammer und Mitglied des nationalen Impfgremiums. Er appelliert an Erwachsene sich impfen zu lassen um Kinder zu schützen.

ORF: Viele Menschen bekommen derzeit schon ihren dritten Stich, die sogenannte Booster-Impfung. Wann soll wer die dritte Impfung bekommen?

Prieler: Generell ist die dritte Impfung nach sechs Monaten empfohlen, so ist es auch im Beipacktext der zugelassenen Impfstoffe vermerkt. Es kann aber in Ausnahmefällen bereits nach vier Monaten begonnen werden.

Vor allem Immunsupprimierte können das früher tun, weil man annimmt, dass sie nicht so gut auf die ersten zwei Impfungen reagiert haben, oder auch AstraZeneca-Geimpfte, weil man hier gesehen hat, dass der Impfschutz etwas nachlässt.

Hier denke ich besonders an Lehrerinnen und Lehrer und Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, also an Personen, die mit ungeschützten Jugendlichen und Kindern zu tun haben, dass die ihren Impfschutz auffrischen um so auch die ihnen anvertrauten Personen zu schützen.

ORF: Es ist aber auch möglich die Auffrischung deutlich früher zu machen – nach vier statt sechs Monaten. Empfehlen sie das?

Prieler: Bei den mRNA-Impfstoffen sagen wir vom nationalen Impfgremium, dass man als immunkompetenter Erwachsener ruhig sechs Monate warten kann, außer man hat eine längere Auslandsreise vor oder zuhause einen krebskranken Patienten, und man fühlt sich unsicher, dann kann man die Impfung auch früher machen.

Ich sollte hier, wenn es geht, homolog impfen: das heißt, wenn ich vorher Pfizer hatte, jetzt auch Pfizer impfen, wenn ich Moderna hatte, auch beim Drittstich Moderna impfen. Ausgenommen sind Personen unter 30 Jahre, die zuerst zwei mal Moderna hatten. Diese sollen trotzdem jetzt nur mehr mit Pfizer geimpft werden, weil man eben gesehen hat, dass die Myokarditis-Fälle bei Moderna deutlich höher sind als nach Pfizer. So ist auch die Empfehlung unter 30-Jährige nicht mehr mit Moderna zu impfen.

Antikörper sagen nichts aus

ORF: Wie sollen Menschen vorgehen, die schon zweimal geimpft sind und einen Antikörpertest mit vielen Antikörpern haben? Brauchen sie trotzdem die dritte Impfung?

Prieler: Die Antikörper sagen nichts aus. Wir haben Impfdurchbrüche bei Personen gesehen, die extrem viele Antikörper hatten (zum Beispiel 1.000 BAU/ml). Wenn die Impfung sechs Monate her ist, bitte zum Drittstich gehen. Das ist in der derzeitigen Situation ganz wichtig, wo das Virus derartig herum grassiert und wir eine absolut schlechte Durchimpfungsrate in Österreich haben, das muss man auch immer betonen.

Studiogespräch Kinderarzt Dr. Albrecht Prieler Impfexperten der Ärztekammer, Mitglied des nationalen Impfgremiums
ORF
Burgenland-heute-Moderatorin Raphaela Pint und Albrecht Prieler, Impfexperte der Ärztekammer und Mitglied des Impfgremiums

Kein Problem für Covid- und Grippeimpfung

ORF: Viele Menschen lassen sich jetzt Grippeimpfen. Welche Abstände sind hier einzuhalten?

Prieler: Eigentlich muss gar kein Abstand sein. Ich kann es simultan geben, das heißt rechts und links. Wenn ich aber sage, ich will ein bisschen Abstand haben, würde ich zu zwei Wochen Abstand raten, aber, wenn die sechs Monate vorbei sind, zuerst die Covid-Impfung und in zwei Wochen dann die Grippeimpfung.

ORF: Für eine Impfung von Kindern fehlt noch die entsprechende Zulassung. Es ist aber möglich, Kinder off-label impfen zu lassen, also ohne die Zulassung, wie in Wien zum Beispiel. Ist das sinnvoll oder sollten Eltern besser abwarten?

Prieler: Die Empfehlung von uns ist noch nicht offiziell. Wenn die Daten da sind, werden auch wir uns vom nationalen Impfgremium zusammensetzten. Es schaut aus, als würde die EMA in einer Woche, zehn Tagen ihr Okay – wenn ein Okay kommt – geben. Und wenn die Daten gut sind, werden auch wir hier eine Empfehlung weitergeben.

Es kann – wenn Eltern sehr verunsichert sind und das wollen – schon jetzt geimpft werden, so wie in Wien. Aber die generelle Empfehlung von uns ist noch abzuwarten. Die Bitte an die Erwachsenen: Lassen Sie sich impfen, den Kindern zuliebe. Wir haben auch als Erwachsene einmal die Verantwortung unsere Kinder zu schützen, und wir übertragen das Virus auf die Kinder.

Impfexperte Prieler im Gespräch

Impfexperten der Ärztekammer Burgenland Albrecht Prieler beantwortet Fragen rund um das Thema Impfen.

ORF: Noch immer sind Menschen skeptisch, vor allem auch wegen Impfdurchbrüchen. Manche fragen sich: „Wenn ich mich ohnehin infizieren kann, brauche ich dann überhaupt eine Impfung?“ Was sagen Sie diesen Menschen?

Prieler: Ein Impfdurchbruch kann immer sein, denn wenn ich eine Impfung habe, die zu 90 Prozent vor schweren Verläufen schützt (oder zu 95 Prozent nach dem Drittstich), dann ist das ja klar: Wenn ich sechs Millionen geimpfte Österreicherinnen und Österreicher habe, ist klar, dass hier Erkrankungen auftreten. Aber sicher ist, ich erkranke nur mild und ich bin auch nicht so lange ansteckend. Denn diese gesehenen Impfdurchbrüche haben eine kurze Übertragungszeit. Hingegen ein Ungeimpfter, der erkrankt, überträgt das Virus deutlich länger.