Hans Peter Doskozil
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Politik

Doskozil: „Größter Skandal der Zweiten Republik“

In der burgenländischen Landespolitik gibt es sowohl Zuspruch als auch Kritik am Kanzlerwechsel. Während die burgenländische ÖVP von einkehrender Stabilität spricht, geht SPÖ-Landesparteivorsitzender Hans Peter Doskozil von Neuwahlen im kommenden Jahr aus und spricht vom „größten Skandal in der Zweiten Republik“.

Deshalb könne man nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen, so Doskozil im Gespräch mit ORF-Burgenland-Moderatorin Raphaela Pint. „Der ehemalige Bundesanzler tritt ja nicht einmal zurück, sondern bleibt in einer wesentlichen, zentralen Position der ÖVP im Parlament erhalten. Auch der jetzige Kanzler bekennt sich dazu, seine Linie fortzuführen. Man merkt wo das Machtzentrum der ÖVP ist“, sagt Doskozil. Er sieht einen „moralischen Verfall“.

Doskozil geht von Neuwahlen aus

Eine Alternative zu Schallenberg – und damit zu Türkis-Grün – wäre eine Mehrparteienkoalition gewesen. An der FPÖ wäre man dabei aber nicht vorbei gekommen. Die Bundes-SPÖ zog das in Betracht, Doskozil sprach sich jedoch dagegen aus.

„Zuerst muss man sich anschauen: Was machen die Grünen. Und der Ball ist bei den Grünen gelegen. Das, was man jetzt sagt – Verantwortung zu übernehmen, im Interesse des Staates, für die Bevölkerung – aus meiner Sicht sind das vorgeschobene Argumente, um in den Funktionen zu bleiben, um so weiter zu wurschteln“, so Doskozil.

Das Ziel sei „Politik zu machen, jenseits dieser abgehobenen Politik“, meint Doskozil. Für ihn steht außer Frage, dass es 2022 Neuwahlen geben wird, die Sozialdemokratie müsse sich dafür wappnen und Geschlossenheit demonstrieren.

„Wäre wieder ein zerstrittener Haufen gewesen“

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner wurde heftig kritisiert, weil sie Gespräche mit FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl geführt hat. Im Burgenland hat die SPÖ bereits mit der FPÖ zusammengearbeitet, trotzdem kritisierte auch Doskozil diese Gespräche. „Es gibt mehrere Facetten, wenn man diese angedachte Mehrparteien-Koalition beurteilt. Ich bin der Meinung, es wäre unmöglich gewesen, die wichtigen Themen – wie Corona- oder Steuerpolitik – zu behandeln. Es wäre wieder nur ein zerstrittener Haufen gewesen“, so Doskozil im Studio-Gespräch.

Landeshauptmann Doskozil zu Regierungsrochaden

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) erklärt unter anderem, weshalb er nach dem Rücktritt von Kanzler Kurz (ÖVP) für eine Neuwahl des Nationalrats plädierte.

„Keine Personaldiskussion zum jetzigen Zeitpunkt“

„Das ist keine Frage einer Personaldiskussion zum jetzigen Zeitpunkt. Ich habe schon gesagt, wenn man Wahlen gewinnen will, dann bedeutet das, dass man eine inhaltliche Geschlossenheit braucht, dass man die komplette Partei auf Linie bringt, dass man selbstbewusst in eine Richtung geht und es braucht eine personelle Aufstellung, die das wiederspiegelt. All das werden wir intern diskutieren und Sie können überzeugt davon sein – es wird nächstes Jahr Wahlen geben und die Sozialdemokratie wird bestmöglich aufgestellt sein“, so Doskozil auf die Frage, ob er bei Neuwahlen als Spitzenkandidat für die SPÖ ins Rennen gehen würde.

Sagartz zollt Kurz Respekt

ÖVP-Landesparteiobmann Christian Sagartz zollt Sebastian Kurz Respekt. Sein Rücktritt wäre der richtige Schritt gewesen und würde die Regierung stabilisieren und weiterarbeiten lassen. „Jeder, der die Antrittsrede des Bundeskanzlers im Nationalrat gehört hat, der hat gemerkt, dass das der richtige Schritt ist. Auch der Koalitionspartner hat sich hier eindeutig positioniert. Ich gehe davon aus, dass jetzt Stabilität in die Regierungsarbeit hineinkommt, weil die ist extrem wichtig“, so Sagartz.

Petschnig: „Türkises System des Machtmissbrauchs“

Für FPÖ-Landesparteiobmann Alexander Petschnig ist es nicht nachvollziehbar, dass Sebastian Kurz als Klubobmann der ÖVP weitermachen wird. Ein Misstrauensantrag der FPÖ gegen die gesamte Regierung, wie ihn Herbert Kickl bereits angekündigt hat, wäre auch für Alexander Petschnig der richtige Schritt.

„Das wäre eine große Chance mit diesem türkisen System des Machtmissbrauchs, des Missbrauchs von Steuergeldern und was da alles vorgeworfen wird, aufzuräumen. Wenn man sich die ersten Wortmeldungen von Schallenberg anhört, da kündigt er ja praktisch an, das einfach weiterzuführen und überhaupt nichts an diesem System ändern zu wollen“, so Petschnig.

Petrik: Misstrauensantrag „nicht willkürlich einsetzen“

Anders sieht das Grünen-Landessprecherin Regina Petrik. Die Grünen würden in der Regierung eine hervorragende Arbeit leisten und hätten soeben dafür gesorgt, dass Pandemie und Klimakrise bekämpft werden können. So eine massives Instrument wie ein Misstrauensantrag dürfe nicht willkürlich eingesetzt werden.