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Wirtschaft

Rechnungshof: Grobe Mängel in Finanzbuchhaltung des Landes

Der Landesrechnungshof ortet gravierende Mängel in der Finanzbuchhaltung des Landes. Die Prüfer wollten die Eröffnungsbilanz unter die Lupe nehmen, sind dabei aber teilweise gescheitert. Für etliche Bilanzpositionen fehlen schlicht die Buchungsgrundlagen. Der bekannte Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ wurde nicht immer umgesetzt.

Die Bundesländer und auch die Gemeinden müssen ihr Rechnungswesen umstellen – von der alten Kameralistik zur doppelten Buchführung. Ein langwieriger, komplizierter Prozess, der im Falle des Landes Burgenland offenbar erhebliche Probleme bereitet.

Der Burgenländische Landesrechnungshof (BLRH) wollte die im Vorjahr vorgelegte Eröffnungsbilanz des Landes prüfen. Diese Bilanz soll eine Übersicht über die Vermögenssituation des Landes geben. In Summe wollte man 43 Bilanzpositionen prüfen, so der Direktor des Landesrechnungshofes, Andreas Mihalits: „Überraschend dabei war, dass es lediglich bei 13 von 43 Bilanzpositionen vollständige Buchungsgrundlagen gegeben hat, und nur diese 13 Bilanzpositionen waren somit aus unserer Sicht vollständig und ordnungsgemäß prüfbar.“

Rechnungshofbericht – BLRH-Direktor Andreas Mihalits
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Landesrechnungshof-Direktor Andreas Mihalits

Bei 30 Bilanzpositionen waren die Belege und Nachweise schlicht nicht vorhanden, so Mihalits. Die Aussagekraft der Eröffnungsbilanz sei infrage gestellt: „Das heißt, auf Basis dieser Öffnungsbilanz kann das Land kein gesichertes Wissen über seine Vermögens- und Bilanzsituation haben. Das ist auch keine Situation, die erstrebenswert ist.“

Mit oberflächlichen Korrekturen sei es nicht getan, sagte der Direktor des Landesrechnungshofes – sein Befund: „Die Eröffnungsbilanz wurde erstellt, wobei man sich ungenügend darauf vorbereitet hat. Es hat keine qualitätssichernden Maßnahmen vonseiten der Finanzabteilung gegeben. Man hat letzten Endes auch die Eröffnungsbilanz überhastet erstellt.“ Denn laut Mihalits hätte sich das Land noch ein Jahr länger mit der Erstellung Zeit lassen können.

Er sieht Reformbedarf in der Finanzbuchhaltung des Landes. Die grundlegenden Mängel zu beseitigen werde wohl nicht Wochen, sondern Monate dauern.

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Mihalits: Paradigmenwechsel nicht gelungen

Für Direktor Mihalits ist die Aussagekraft der Eröffnungsbilanz angesichts der festgestellten Mängel grundsätzlich infrage gestellt: „Der Paradigmenwechsel hin zu einer unternehmensähnlichen Form der Bilanzierung ist dem Land mit dieser Eröffnungsbilanz nicht gelungen.“ Die „Missstände“ seien auch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: „Mit dem bloßen Austauschen von Ziffern ist das Problem nicht beseitigt. Denn es geht hier nicht um oberflächliche Korrekturen von Schönheitsfehlern, sondern um einen grundlegenden Neuaufbau der Finanzbuchhaltung und zwar inklusive wirksamer interner Kontrollmechanismen und vor allem im Sinne der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung.“ Wie groß der Korrekturbedarf ist, lasse sich nicht beantworten, denn nur 30 Prozent der Bilanzpositionen seien prüfbar gewesen.

Rechnungshofbericht – BLRH-Direktor Andreas Mihalits
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ÖVP: Eigene Kritik bestätigt

Die ÖVP sah sich durch die BLRH-Berichte in ihrer Kritik bestätigt und verwies auf ihre Forderung nach einem Budgetgipfel mit allen Landtagsparteien und Sozialpartnern. Bis die „echte Finanzlage“ geklärt sei, soll es einen „Stopp der SPÖ-Prestigeprojekte“ geben, so Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas in einer Aussendung.

SPÖ: Überarbeitung der Verordnung

Die Berichte bestätigten die Notwendigkeit einer Überarbeitung der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung, erklärte dazu die SPÖ in einer Aussendung. „Die Umstellung auf das neue Buchhaltungssystem Doppik ist für alle Bundesländer eine immense Herausforderung, weshalb der Gesetzgeber auch eine fünfjährige Frist für Korrekturen vorgesehen hat. Die für Buchhaltung in Land und Gemeinden Verantwortlichen müssen sich nicht nur mit der hochkomplexen Thematik auseinandersetzen, sondern sind zudem noch mit rechtlichen Lücken in der Verordnung des Bundes konfrontiert“, meinte Finanzsprecher Dieter Posch. Er wies außerdem darauf hin, dass der BLRH dem Land einen sorgfältigen Umgang mit seinem Budget attestiere: „Jeder Cent wurde ordnungsgemäß verwendet.“

Grünen: Schlamperei oder System?

Die Grünen hingegen fragten: „Ist das politisch geduldete Schlamperei oder hat das System?“, so Klubobfrau Regina Petrik. Sie kritisierte: „Jetzt ist es amtlich, der Landeshauptmann hat keine Ahnung, wie hoch das Vermögen und die Schulden des Landes sind.“ Trotzdem werde weiter aus rein ideologischen Gründen das Steuergeld mit beiden Händen ausgegeben.

FPÖ sieht sich bestätigt

Die FPÖ sieht sich durch die Kritik des Landesrechnungshofes bestätigt. „Ich habe bereits im vergangenen Herbst im Landtag davor gewarnt, dass Landeshauptmann Doskozil das Burgenland im Blindflug finanziell gegen die Wand fährt“, betonte Landesparteiobmann Alexander Petschnig. In den Finanzen des Landes herrsche „völliges Chaos“. Die Oppositionsparteien wollen deshalb im morgigen Landtag einen Antrag einbringen, der Doskozil dazu auffordert, „richtige Zahlen“ vorzulegen.