Steigende Infektionen Interview Hutter
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Coronavirus

Hutter: Mit Impfung und Maske gegen Lockdown

Österreichweit hat es am Montag 1.077 Neuinfektion gegeben. Die Infektionskurve und auch die Spitalskurve steigen wieder an – schneller als vergangenen Sommer. Die Impfung sei nach wie vor das wichtigste Mittel im Kampf gegen das Coronavirus, so Umweltmediziner Hans-Peter Hutter im Burgenland-heute-Interview.

Die Zahl der Neuinfektionen geht besorgniserregend rasch in die Höhe. Dass es im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Neuinfizierte pro Tag gibt, sorgt für Kopfzerbrechen. Zum Vergleich: Am 23. August des Vorjahres wurde im Burgenland nur ein neuer Fall gemeldet. Genau ein Jahr später sind es 17 Neuinfektionen – mehr dazu in 17 Neuinfektionen: Höchster Montagswert seit Mai.

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Neuinfektionen
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Das wirkt sich auch auf auf die Krankenhaus-Zahlen aus. Während damals lediglich ein Coronavirus-Patient behandelt wurde, sind es im Moment acht Erkrankte in Burgenlands Spitälern. „Es ist definitiv als Dämpfer, mindestens als Warnsignal und letztlich auch als Aufruf zur Aktion zu werten, das ist überhaupt keine Frage für mich. Aber das ist nicht nur heute der Fall, das hat sich ja angekündigt. Daher muss man das weiderholen, damit man die Zeichen ernst nimmt und ein paar Maßnahmen nachschärft“, so Hutter im Gespräch mit Burgenland-heute-Moderatorin Raphaela Pint. Man müsse sich überlegen, wo der Mund-Nasen-Schutz oder die FFP2-Maske wieder eingeführt werden sollten, und wie man den Impffortschritt weiter antreibt. „Jeder weitere Geimpfte hilft uns, dass wir im Herbst weniger Probleme bekommen“, so Hutter.

Umweltmediziner Hutter zu CoV-Zahlen

Umweltmediziner Hans-Peter Hutter schätzt das aktuelle Infektionsgeschehen ein. Er geht auch darauf ein, warum die Zahlen trotz Impfung schlechter als vergangenen Sommer sind.

Impfung und Tests helfen

Ein Grund für die aktuellen Entwicklungen ist die sehr infektiöse Delta-Variante, so Hutter. „Trotzdem stehen wir im Vergleich zum vergangenen Sommer jetzt besser da: Wir haben die Impfung, wir haben Tests, die uns Aufschluss über die Epidemiologie geben. Nur der Erreger macht uns einen Strich durch die Rechnung. Ein weiterer Knackpunkt: Wenn wir geimpft sind, haben wir ein deutlich geringeres Risiko zu erkranken, auf die Intensivstation zu kommen und auch vorzeitig zu sterben. Aber wenn man als Geimpfter eine Infektion hat, läuft die meistens asymptomatisch ab, man kann trotzdem Viren, also die Infektionskrankheit übertragen. Das ist sicherlich auch ein teil des Problems“, so der Umweltmediziner.

Burgenland: Fast 66 Prozent vollimmunisiert

Im Bundesländervergleich steht das Burgenland weiterhin gut da, was wohl auch mit der Impf-Rate zusammenhängt, denn hier ist man Spitzenreiter. Während österreichweit erst 57,35 Prozent der Bevölkerung vollimmunisiert sind, sind es im Burgenland 65,59 Prozent. Für eine Herdenimmunität reiche das aber noch nicht aus, so Hutter: „Nein, das wissen wir, das reicht nicht aus, da braucht es deutlich höhere Prozentsätze. Von daher gilt: Jede weitere Impfung hilft uns, vor allem Menschen vor Erkrankung zu schützen. Da geht es nicht einmal ums Gesundheitswesen, da geht es um jeden einzelnen, das muss man als Arzt einmal sagen. Und der zweite Punkt ist selbstverständlich, dass wir eines nicht wollen, nämlich dass alles wieder zugesperrt wird. Soziale Kontakte, soziales Leben ist wichtig. Daher gilt es, mit kleineren Maßnahmen es so zu gestalten, dass wir in einen Herbst hineinkommen, der uns zwar einige Maßnahmen beschert, aber trotz all dem eines nicht, nämlich dass die Schulen zu sind oder dass es überhaupt einen Lockdown gibt für alle“, so Hutter.

Impffortschritt
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Mit Testimonials zur Impfung motivieren

Um gut durch den Herbst zu kommen, braucht es laut Hutter höhere Impfraten in gewissen Altersgruppen: „Wir sehen aktuell viele Infektionen im Bereich der jüngeren Menschen, 15-45. Da braucht es Überzeugung. Wenn man das erklärt, Anreize bietet und Testimonials für Junge bietet, dann ist das getan. Der zweite Punkt ist, dass das Testen aufrecht erhalten bleiben muss, in der einen oder anderen Form. Das bringt uns sehr viel, vor allem was die Schultestungen anlangt. Und nicht zuletzt muss man darauf aufmerksam machen – das ist schon ein Problem der Frustration – dass wir leider nicht ‚durch‘ sind. Es hat im Juni so ausgeschaut – auch von der Regierung und von vielen Seiten hat es geheißen, dass wir es erledigt haben und alles getan werden kann, was Spaß macht.“ Nach den leeren Versprechungen eines Endes müsse man jetzt wieder zurückrudern, und das führe zur Frustration, so Hutter: „Wir haben schon letzten Jänner und Dezember darüber gesprochen: Wir haben eine Pandemiemüdigkeit, und die wird jetzt noch einmal aufgekocht. Da braucht es Zuspruch von Entscheidungsträgern, die sagen, dass wir da durchkommen, wenn wir noch ein paar Monate durchhalten und das Impfen vorantreiben.“

Um Impftempo und Impfbereitschaft zu erhöhen, denkt die Bundesregierung über einen Kurswechsel nach. Eine 1G-Regel, also Zutritt nur für Geimpfte, könnte in manchen Bereichen kommen. Davon betroffen wären mit Sicherheit Nachtlokale und Diskotheken.