Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Politik

Migration: Doskozil kritisiert Innenministerium

Im Zusammenhang mit der Migrationssituation kritisiert Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) das Innenministerium. Dieses habe ihm in einem Brief mitgeteilt, dass man die Balkanroute beobachte und die Lage stabil sei. Für Doskozil ist das eine falsche Lagebeurteilung.

Im Burgenland wurden laut Innenministerium heuer bis zum Ende Juli 5.524 Flüchtlinge aufgegriffen. Im Vergleich dazu seien es im gesamten Jahr 2016 rund 6.500 gewesen, im Jahr 2019 waren es 1.514 und im Vorjahr 3.126. Die Mitteilung des Innenministeriums sei für ihn erschütternd, so Doskozil. Da sehe man wirklich explizit, dass man nicht vorbereitet sei. „In Wirklichkeit ist das aus meiner Sicht ein Riesenskandal“, so der Landeshauptmann. Der Brief sei mit 22. Juli datiert und sei am Montag eingetroffen.

Hans Peter Doskozil
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Doskozil glaubt, dass das Innenministerium nicht auf eine steigende Migration vorbereitet ist

„Aus der Vergangenheit nichts gelernt“

Es werde wieder genau das Gleiche passieren wie 2015, meinte Doskozil: „Die anderen Bundesländer werden aushelfen, es werden die Menschen wieder in andere Bundesländer verbracht, es werden extra Infrastruktur-Möglichkeiten aufgebaut wie derzeit in Oberpullendorf und Stoob.“ Man versuche natürlich hier gesamtheitlich die Situation zu lösen, aber in Wirklichkeit trete man jetzt wieder so wie 2015 auf den Plan, man sei komplett überrascht und konsterniert, man sage „Was ist jetzt wieder passiert? Eine Flüchtlingswelle rollt auf uns zu.“ Eigentlich habe man aber aus der Vergangenheit nichts gelernt und das sei in Wirklichkeit der Skandal, kritisierte Doskozil. Die Lösung aus seiner Sicht wären Asylverfahren und Asylzentren außerhalb Europas.

Mit Sicherheit nicht verabsäumt worden sei, mit der Thematik Migration Politik zu machen, konstatierte Doskozil. Man habe großartig gesagt, man habe die Balkanroute geschlossen, obwohl sie nie geschlossen gewesen sei. Bundeskanzler, Außenminister und Innenminister seien gefordert Lösungen anzubieten. Alle hätten gesagt, sie führten da und dort Gespräche und seien in Brüssel unterwegs, doch mit dieser Entwicklung im Burgenland sehe man heute, dass faktisch nichts passiert sei, so Doskozil: „Da darf es einen nicht verwundern, wenn die Bevölkerung der Politik nichts mehr glaubt.“

Innenministerium wehrt sich gegen Kritik

Das Innenministerium wies die Kritik am Dienstag zurück. In den vergangenen fünf Jahren seien mehrere Maßnahmen zur Bekämpfung von illegaler Migration und Schlepperei gesetzt worden – unter anderem sei das „Joint Operation Office“, ein Ermittlungszentrum für die Schleppereibekämpfung mit den Staaten des Westbalkan, errichtet worden. Dass seit Jahresbeginn rund 200 Schlepper festgenommen wurden – davon ein großer Anteil im Burgenland –, zeige die Wirkung der Einrichtung. Das sei im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 50 Prozent. Außerdem sei erst kürzlich die Aufstockung der Soldaten an der Grenze von 1.000 auf 1.400 bekanntgegeben und ein Lagezentrum im Burgenland eingerichtet worden.

FPÖ will Grenzzaun

FPÖ-Klubobmann Johann Tschürtz fordert im Zusammenhang mit der Flüchtlingssituation an der burgenländischen Grenze rasches Handeln der Bundesregierung und möchte den Zustrom schnellstmöglich stoppen. Er empfindet die Arbeit von Bundesheer und Polizei als gut, die Kontrollen seien aber nicht streng genug. Daher wünscht er sich den Bau eines Grenzzauns. Auch FPÖ-Landesparteiobmann Alexander Petschnig sieht ihn als essenziell.

ÖVP: „Doskozil schürt Ängste“

Heftige Kritik an den Aussagen Doskozils kommt von der stellvertretenden Generalsekretärin der ÖVP, Gaby Schwarz. Doskozil schüre Ängste in der Bevölkerung, während die Bundesregierung im Kampf gegen illegale Migration konsequent handle, so Schwarz, die auf eine gemeinsame „Grenzschutz-Offensive“ von Verteidigungs- und Innenministerium verweist. Doskozils Kritik bezeichnet Schwarz als „substanzlos“.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch reagierte auf die Aussagen von Schwarz verärgert und ortete darin „türkise Verantwortungsflucht und Schuldabschieben“. Die ÖVP habe sich weder für Rückführungsabkommen noch für Verfahrenszentren außerhalb der EU eingesetzt und „außer leeren Ankündigungen, PR-Getöse und Showpolitik hier nichts vorzuweisen“, betonte Deutsch. Doskozil gehe es um die Sicherheit der Bevölkerung, der ÖVP gehe es nur um die ÖVP und alles werde dem Erhalt und Ausbau der türkisen Macht in Österreich untergeordnet, sagte SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst dazu.