Innenminister Karl Nehammer Lokalaugenschein Grenzschutz  Mannersdorf an der Rabnitz (Bezirk Oberpullendorf)
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Chronik

Verstärkte Grenzüberwachung angelaufen

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat sich Dienstagnachmittag ein Bild vom Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der burgenländischen „grünen“ Grenze gemacht. Aufgrund steigender Aufgriffszahlen wird dieser ja aufgestockt: Am Wochenende sind schon die ersten zusätzlichen Soldatinnen und Soldaten eingetroffen.

Im Vorjahr sind in Österreich knapp 21.700 Flüchtlinge aufgegriffen worden – heuer sind es bereits fast 15.700. Im Burgenland sind es heuer bisher 5.000. Am Wochenende kündigte Nehammer gemeinsam mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) an, Österreichs Außengrenzen stärker schützen zu wollen – mehr dazu in Assistenzeinsatz an Grenze wird ausgebaut. Im Fokus steht dabei insbesondere die burgenländisch-ungarische „grüne“ Grenze, die rund 400 Kilometer lang ist. Schon am Wochenende trafen die ersten Soldatinnen und Soldaten ein, so Militärsprecher Robert Kulterer: „Aus momentaner Sicht haben wir mal die erste Tranche an Personal bekommen – 160 Mann. Und wir rechnen mit einer weiteren Kompanie, also 160 Personen.“ Auch das Lagezentrum, in dem sich Bundesheer und Polizei koordinieren, hat seinen Betrieb aufgenommen.

Auch Schlepper nutzen schon Drohnen

Eine lückenlose Überwachung der grünen Grenze sei personell nicht machbar, so der stellvertretende Militärkommandant des Burgenlandes, Oberst Raimund Wrana, im Gespräch mit Burgenland-heute-Moderator Martin Ganster: „Lückenlos könnte man das mit einem technischen Zaun überwachen. Das ist derzeit nicht Realität.“ Zum Einsatz kommen daher unter anderem Wärmebildfahrzeuge und Drohnen, außerdem gibt es Handy- und Luftüberwachung.

Doch auch die Schlepper statten sich immer öfter mit moderner Technologie aus: „Wir haben bereits grenzüberschreitende Drohnen beobachten müssen. Es ist derzeit sehr schwierig aufgrund der Rechtslage eine Drohne zu detektieren und festzustellen, wo sie gestartet ist und wo sie landet. Hier gibt es noch rechtliche Schwierigkeiten. Wir vermuten, dass auch Schlepperorganisationen auf Drohnen zurückgreifen, um unsere Aufstellung auszukundschaften, und Gruppen in Marsch setzen, wo wir Lücken in Kauf nehmen müssen.“

Oberst Wrana über den Grenzeinsatz

Oberst Raimund Wrana, stellvertretender Militärkommandant im Burgenland, über den Grenzeinsatz im Burgenland.

Nehammer: Kritik an europäischer Kommission und Ungarn

Nehammer besuchte bei seinem Lokalaugenschein die Grenze bei Mannersdorf an der Rabnitz (Bezirk Oberpullendorf). In den Maßnahmen sieht er ein Signal an „die, die zu uns kommen: Macht euch erst gar nicht auf den Weg“, man versuche den Lückenschluss in der Grenzüberwachung, dieser sei notwendig, so Nehammer: „Weil auf der einen Seite die europäische Kommission mit ihrer Asyl- und Migrationspolitik die falschen Zeichen setzt und auf der anderen Seite unser Nachbarland Ungarn tatsächlich ein Sicherheitsproblem hat – aus meiner Sicht – weil wir viel zu viele Aufgriffe an der österreichisch-ungarischen Staatsgrenze haben. Die europäische Kommission agiert nicht, deswegen agieren wir selbst. Weil es aus unserer Sicht unsere Verpflichtung ist, die Bürgerinnen und Bürger vor irregulärer Migration zu schützen und gleichzeitig auch den entschlossenen Kampf gegen die organisierte Kriminalität und die Schlepper zu führen.“ Die verstärkte Grenzüberwachung solle den Menschen signalisieren, dass „es keinen Sinn macht, Schleppern tausende Euro zu geben“, so Nehammer weiter.

Innenminister Karl Nehammer Lokalaugenschein Grenzschutz  Mannersdorf an der Rabnitz (Bezirk Oberpullendorf)
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Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei seinem Lokalaugenschein an der Grenze bei Mannersdorf an der Rabnitz

28 dehydrierte Migranten in einem Kastenwagen entdeckt

Im Fokus steht momentan immer wieder das Mittelburgenland – vor allem die Gegend rund um Deutschkreutz und Nikitsch (Bezirk Oberpullendorf) ist aktuell bei Schleppern beliebt, aber auch der Bezirk Neusiedl am See. Bei einer Schwerpunktaktion am Dienstag wurden in Kittsee (Bezirk Neusiedl am See) etwa 28 dehydrierte Migranten in einem Kastenwagen entdeckt. Sie wurden versorgt, ein Schlepper wurde festgenommen, sagte Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt.

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Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Die Soldaten finden verlassene Warte- oder Pausenplätze der flüchtenden Menschen
Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Mit den Schleppern muss es schnell gehen: Oft müssen Flüchtlinge ihr Hab und Gut zurücklassen
Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Kleidung, Rucksäcke, Essensreste – viel haben die Menschen auf ihrer Flucht nicht dabei
Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Eine zurückgelassene Karte des Migrant Reception-Transit Center “Adaševci"
Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Frauen, Männer, Kinder – sie versuchen alles, um über die Grenze zu kommen
Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Die Aufgriffe werden mehr

770 Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz

Insgesamt waren im Burgenland am Dienstag 770 Soldatinnen und Soldaten im Assistenzeinsatz. 550 davon sind aktuell für den Grenzschutz abgestellt. Die übrigen 220 unterstützen die Polizei bei den Einreise- und Covid-Kontrollen an den Grenzen. Ob man die volle Stärke von 400 Soldatinnen und Soldaten ausnutzen wird, sei derzeit noch nicht bekannt. Vorerst werden sie im Bereich zwischen Andau (Bezirk Neusiedl am See) und Klingenbach (Bezirk Eisenstadt-Umgebung) im Nordburgenland eingesetzt – wodurch man mehr Personal für andere Bereiche gewinnen möchte.

Grenzsituation im Burgenland

Rund 5.500 Flüchtlinge wurden heuer bereits an der Grenze aufgegriffen. Am Dienstag kamen 28 dazu. Schon am Wochenende haben Verteidigungsministerin Tanner (ÖVP) und Innenminister Nehammer (ÖVP) auf die steigenden Aufgriffszahlen hingewiesen und angekündigt, dass bis zu 400 zusätzliche Assistenzsoldaten an die Grenze geschickt werden sollen.

Heuer bereits mehr als 70 Schlepper festgenommen

Die Zahlen machen es deutlich, wie sehr die Migrationsbewegungen alleine im Burgenland derzeit wieder zunehmen, so Kurt Pilwax von der Landespolizeidirektion Burgenland: „Wenn man die Zahlen mit dem vorigen Jahr vergleicht, hatten wir wirklich ab Jänner eine signifikante Steigerung in den Aufgriffszahlen. Wir halten im heurigen Jahr bei circa 5.000. Und 5.000 ist eine Zahl, die wir in den vergangenen zwei Jahren nicht erreich haben. Bei den Flüchtenden handelt es sich hauptsächlich um syrische und afghanische Staatsangehörige, die ganz gezielt mit Schleppungen an die österreichische-burgenländische Grenze gebracht werden.“

Grenzschutz wird aufgestockt – immer mehr Aufgriffe von Flüchtlingen und Schleppern
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Die Gegend rund um Deutschkreutz und Nikitsch ist aktuell bei Schleppern beliebt

Auch die Anzahl der aufgegriffenen Schlepper ist stark gestiegen: Im Vorjahr gab es im Burgenland rund 20 Schlepperaufgriffe. Heuer hat man bisher bereits mehr als 70 Schlepper festgenommen. Entsprechend müssten Polizei und Bundesheer reagieren und ihre Einsatzstrategien anpassen. Künftig sind verstärkt Schwerpunktaktionen geplant.

Reaktionen der Parteien

SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich kritisierte in einer Aussendung, dass die asyl- und sicherheitspolitischen Maßnahmen von der ÖVP viel zu spät gesetzt worden seien. Er spricht von einem Scheitern im Bereich der Sicherheits- und Migrationspolitik.

Naturgemäß anders sah das die ÖVP. ÖVP-Landesparteiobmann Christian Sagartz begrüßte die Schritte des Innenministeriums. Gerade das Burgenland sei stark von illegalen Grenzübertritten betroffen. Die Maßnahmen seien zum Schutz der Burgenländerinnen und Burgenländer enorm wichtig und würden bereits erste Erfolge zeigen, so Sagartz.

Die Grünen sprachen hingegen von Show-Politik an der Grenze und forderten ein Ende des Assistenzeinsatzes an der grünen Grenze. Dieser sei für Notfälle gedacht und nicht für den Regelbetrieb, so Grünen-Klubobfraustellvertreter Wolfgang Spitzmüller. Der Einsatz sei unverhältnismäßig teuer. Es sei Aufgabe der Polizei das Schlepperwesen einzudämmen, so Spitzmüller.