Ein Jahr Commerzialbank Skandal CMB
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Commerzialbank

Ein Jahr nach dem Bankenskandal

Vor einem Jahr, genau in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2020, hat die Finanzmarktaufsicht die Commerzialbank Mattersburg geschlossen. Die Bank ist insolvent und hat weiterer Betriebe mitgerissen. Menschen haben ihre Jobs und viel Geld verloren. Die ersten Gerichtsverfahren haben bereits stattgefunden.

„Die Nachricht hat heute eingeschlagen wie eine Bombe – und sie wurde kurz vor Mitternacht gezündet. In einer knappen Pressemitteilung der Finanzmarktaufsicht wurde verkündet: Der Betrieb der Commerzialbank wird mit sofortiger Wirkung untersagt“, so lautete die Meldung am 15. Juli 2020 in „Burgenland heute“ – mehr dazu in FMA sperrt Commerzialbank: Pucher zurückgetreten. Die Burgenländerinnen und Burgenländer konnten es nicht glauben. „Ich war in der Früh in Mattersburg im Schwimmbad – ich bin um 8.00 Uhr immer die Erste. Und es war natürlich Thema Nummer eins – sehr viel Aufregung, sehr viel Aufregung“, so Helma L’Heritier aus Zemendorf am 15. Juli 2020. „Damit hat niemand von uns gerechnet. Es hat immer geheißen, es ist eine sehr gute Bank“, erinnerte sich Margit Sailer aus Zemendorf am 21. Juli 2020 den Tränen nahe. „Ich habe probiert, also meine Karte ist nicht mehr gegangen. Tanken konnte ich noch, aber Erlagschein geht nicht. Es ist komplett zu“, wunderte sich Gerlinde Giefing aus Schattendorf am 15. Juli 2020.

Jahresrückblick Politik 2020 – Commerzialbank
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Fast 30 im Visier der Staatsanwaltschaft

Zu, das war die Commerzialbank Mattersburg ab diesem Zeitpunkt für immer. Nach der Selbstanzeige von Martin Pucher am 14. Juli übernahm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Ermittlungen. Aktuell sind 25 bis 30 Personen im Visier der Staatsanwaltschaft – auch Firmenchefs, die sich im Dunstkreis Puchers und des SV Mattersburg bewegt haben sollen.

Commerzialbank-Skandal: Ein Jahr danach

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2020 hat die Finanzmarktaufsicht die Commerzialbank Mattersburg geschlossen. Die Bank ist insolvent und hat weiterer Betriebe mitgerissen. Menschen haben ihre Jobs und viel Geld verloren. Die ersten Gerichtsverfahren haben bereits stattgefunden.

Pucher im Untersuchungsausschuss

Pucher selbst ist geständig und kooperiert mit den Ermittlern, so sein Anwalt Norbert Wess. Den einzigen öffentlichen Auftritt hatte Pucher am 3. Februar 2021 beim Commerzialbank-Untersuchungsausschuss – mehr dazu in U-Ausschuss: Pucher spricht über Goldgeschenke. Der wurde eingerichtet, um die politische Verantwortung in der Causa zu klären. In seinem Abschlussbericht fasste Walter Pilgermair, Verfahrensrichter im Commerzialbank U-Ausschuss, am 24. März 2021 die Ergebnisse zusammen: „Das Land hat nichts unterlassen, was es tun hätte sollen. Das Land hat alles getan, was zu tun war, und es ist dem Land unter diesem Gesichtspunkt nichts vorzuwerfen.“ Mehr dazu in Verfahrensrichter sieht „System Pucher“ und entlastet Land.

Martin Pucher und Ehefrau
APA/Robert Jäger
Pucher im U-Ausschuss mit seiner Frau

Illedits und sein Gold-Geschenk

Politische Konsequenzen gab es aber doch – und zwar schon wenige Tage nach dem Auffliegen des Bankenskandals. Ex-SPÖ-Landesrat Christian Illedits stolperte über ein Gold-Geschenk, das er vom Commerzialbank gesponserten SV Mattersburg erhalten hatte und trat am 1. August 2020 zurück – mehr dazu in Landesrat Christian Illedits zurückgetreten.

Christian Illedits
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Ex-SPÖ-Landesrat Christian Illedits bei seiner letzten Pressekoferenz

Ende für den Mattersburger Fußball

Der SV Mattersburg ist ebenfalls Geschichte. Der Fußballverein schlitterte am 14. August 2020 in den Konkurs, drei Wochen nach der Commerzialbank – mehr dazu in SV Mattersburg beantragte Konkursverfahren und FMA schickt Commerzialbank in Konkurs. Mehr als 400 Gläubiger forderten Geld – in Summe mehr als 800 Millionen Euro. Den größten Teil davon forderte die Einlagensicherung retour.

Geschichte des SV Mattersburg
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Bundesliga-Aufstieg 2003 – Didi Kühbauer prägte den Klub in seiner Blütezeit

24 Millionen noch offen

Von den 13.500 Commerzialbank-Kunden wurden bisher 11.850 von der Einlagensicherung entschädigt. 463 Millionen Euro wurden zurückbezahlt – maximal 100.000 Euro pro Kunde, in Ausnahmefällen bis zu 500.000. Rund 24 Millionen sind noch offen – der Großteil davon entfällt auf anonyme Sparbücher.

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Drehscheibe für krumme Geschäfte

Die Commerzialbank war jahrelang Drehscheibe für krumme Geschäfte. Allein in den letzten zehn Jahren sollen 157 Millionen Euro aus der Bank getragen worden sein. 55 Millionen sind über angebliche Kreditrückzahlungen wieder in die Bank geflossen – 50 Millionen wurden an externe Personen übergeben. Und von 52 Millionen Euro fehlt nach wie vor jede Spur.

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Tropfen auf dem heißen Stein

Die Masseverwalter versuchten möglichst viel Geld für die Gläubiger herauszuholen. Deshalb wurde auch das Inventar sämtlicher Commerzialbank-Filialen versteigert – inklusive Martin Puchers Chef-Sessel. 200.000 Euro kamen dabei herein – nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

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Schirme, Bilder, Schreibtische – alles wurde versteigert

Ein Jahr nach dem Auffliegen des Bankenskandals hat sich die Situation in und um Mattersburg bei einzelnen schon ein wenig beruhigt, so Anton Lenzinger, Ex-Commerzialbank-Kunde aus Zemendorf: „So lange wir keinen Verlust gehabt haben, macht es mir überhaupt nichts. Es ist schade um die Bank, aber sonst…kann man nichts machen. Es ist halt so. Es werden noch einige andere auch in Konkurs gehen, wird nicht die letzte sein.“ „Es ist ein Kriminalfall. Die Gerichte werden hoffentlich das alles entscheiden“, so ein Passant. Rechtsstreitigkeiten gibt es tatsächlich viele. Die Causa Commerzialbank wird die Gerichte noch einige Jahre beschäftigen.