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Politik

BELIG-Prüfbericht bei Staatsanwaltschaft

Der Burgenländische Landesrechnungshof (BLRH) hat seinen aktuellen Bericht zur BELIG auch an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, denn die Prüfung zeigte „schwerwiegende Kritikpunkte“ etwa bei den Gehaltskomponenten der Geschäftsführung auf.

Die BELIG (Beteiligungs- und Liegenschafts GmbH), 2020 in LIB Landesimmobilien Burgenland GmbH umbenannt, vermietet Immobilien an das Land und landesnahe Unternehmen. Geprüft wurde der Zeitraum 2016 bis 2019. Bei den Kritikpunkten gehe es im Wesentlichen um zwei Themenkomplexe, erklärt Landesrechnungshof-Direktor Andreas Mihalits: „Auf der einen Seite um Gehaltskomponenten in der Geschäftsführung und auf der anderen Seite geht es um Liegenschaftstransaktionen, um Verkäufe im Bezirk Neusiedl und im Bezirk Oberwart.“

Staatsanwaltschaft prüft Unterlagen

Mihalits nannte etwa die Vernachlässigung von rechtlichen und vertraglichen Bestimmungen, einen saloppen Umgang mit den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung und eine lückenhafte Dokumentation: „Es geht um mutmaßlich zu hohe Ausgaben beziehungsweise zu geringe Einnahmen für die BELIG und damit für die öffentliche Hand. Somit stellt sich automatisch die Frage, ob hier strafrechtswidriges Handeln ausgeschlossen werden kann.“

 BLRH-Direktor Andreas Mihalits
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BLRH-Direktor Andreas Mihalits

Die geprüften Stellen hätten die im Raum stehenden Kritikpunkte nicht entkräften können, es seien sogar neue Widersprüche entstanden. Daher habe man sich gezwungen gesehen, den Bericht an die Staatsanwaltschaft zu schicken, so Mihalits. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber der APA das Einlangen der Unterlagen – diese würden nun geprüft.

BLRH: Zusätzliches GF-Gehalt nicht rechtskonform

Bei der Prüfung durch den BLRH sind diesem unter anderem die Gehaltskomponenten der Mitarbeiter und der Geschäftsführung aufgefallen. Ein Teil der Gehaltszahlung des Geschäftsführers stand demnach im Widerspruch zu den Bestimmungen der Burgenländischen Vertragsschablonenverordnung: Der BELIG-Geschäftsführer erhielt nämlich für seine Geschäftsführertätigkeit bei der – ebenfalls zur Landesholding gehörenden – Wohnbau Burgenland GmbH ein zusätzliches Gehalt, obwohl dies aufgrund der rechtlichen Bestimmungen ausgeschlossen gewesen wäre.

Auszug aus dem BLRH-Bericht zur BELIG
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Auszug aus dem BLRH-Bericht zur BELIG

Für den überprüften vierjährigen Zeitraum spricht der BLRH von einer niedrigen sechsstelligen Summe, die mutmaßlich unrechtmäßig ausbezahlt worden sein könnte – im Wissen und mit der Zustimmung der Eigentümervertreter, der Landesholding. Die von der Landesholding eingeschaltete Rechtsanwaltskanzlei sieht dies als rechtlich unbedenklich an, hat in ihrer Argumentation aber laut Rechnungshof „wesentliche rechtliche und vertragliche Bestimmungen nicht berücksichtigt“.

BLRH kritisiert fehlendes Gehaltsschema

Festgestellt hat der BLRH weiters nicht nur das Fehlen eines Gehaltsschemas für die BELIG-Mitarbeiter, sondern auch, dass es neben jährlichen Gehaltsanpassungen im September 2019 eine außerordentliche Gehaltserhöhung zwischen rund 3,3 und 18,5 Prozent gab – gewährt vom per Jahresende 2019 ausgeschiedenen Geschäftsführer. Die ausgezahlten Prämien beliefen sich im überprüften Zeitraum auf über 200.000 Euro.

 BLRH-Bericht zur BELIG
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BLRH-Bericht zur BELIG

BLRH ortet nicht nachvollziehbare Preisnachlässe

Dass eine gewinnorientierte Immobiliengesellschaft wie die BELIG Transaktionen durchführt, sei nicht unüblich. Nicht nachvollziehbare Preisnachlässe konnten aber im Zuge der Prüfung nicht widerspruchsfrei aufgeklärt werden. Bei Liegenschaftstransaktionen im Bezirk Neusiedl am See etwa habe der BELIG-Geschäftsführer einzelne Grundstückskäufer begünstigt. So habe die BELIG etwa beim Zukauf einer Liegenschaft 2004 um 38.500 Euro mehr bezahlt als der spätere Käufer 2016. Der Kaufpreis im Jahr 2016 lag zudem um rund 214.500 Euro unter einem per Gutachten ermittelten Wert.

Auszug aus dem BLRH-Bericht zur BELIG
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Auszug aus dem BLRH-Bericht zur BELIG

Auch das von der BELIG im Stellungnahmeverfahren vorgebrachte Argument der starken Kontamination war für den BLRH nicht nachvollziehbar, da keine prüfbaren Belege hierfür vorlagen. Bei der Verwertung desselben Liegenschafts- bzw. Aufschließungsgebiets verstieß die BELIG zudem mehrfach gegen Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches.

Empfehlungen aus Vorberichten nicht umgesetzt

Der BLRH wies weiters darauf hin, dass die BELIG wesentliche Empfehlungen aus Vorberichten nicht umgesetzt habe: So prüfte dieselbe Wirtschaftsprüfungskanzlei ohne Unterbrechung die Jahresabschlüsse der Jahre 2006 bis 2019. Weder der Aufsichtsrat noch die Landesholding beschlossen in ihren Gremien einen Wechsel der Wirtschaftsprüferkanzlei. BELIG-Aufsichtsratsvorsitzende waren laut dem Bericht im geprüften Zeitraum der frühere SPÖ-Landesrat Helmut Bieler, der jetzige Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ).

LIB: Vorschläge zu einem guten Teil schon umgesetzt

Der BLRH-Bericht betreffe eine relativ weit zurückliegende Vergangenheit, vor der organisatorischen und strategischen Neuaufstellung der LIB, sagte dazu Gerald Goger, der seit November 2019 Geschäftsführer der LIB ist. Zu einem guten Teil seien die Vorschläge aus diesem Bericht bereits umgesetzt. Wesentlich sei, dass die Neustrukturierung der Landesimmobilien Burgenland GmbH vor zwei Jahren begonnen und im Vorjahr abgeschlossen wurde. Das Land habe die Strategie für das Immobilienmanagement damit von Grund auf neu ausgerichtet. Seit damals sei eine neue Geschäftsführung und ein zum Teil neu besetzter Aufsichtsrat tätig, so Goger.

LIB will Justiz alle Unterlagen zur Verfügung stellen

Die LIB nehme zur Kenntnis, dass der BLRH sich veranlasst sehe, zu dem Einzelaspekt des Geschäftsführervertrags der BELIG auch eine Darstellung an die Justizbehörden zu übermitteln, erklärte Goger. Die LIB habe selbst bereits die notwendigen Maßnahmen gesetzt, um den tatsächlichen Sachverhalt aufzuklären und werde selbstverständlich der Justiz auf deren Nachfrage alle Unterlagen zu Verfügung stellen.

Die vom BLRH untersuchte Gehaltszahlung sei nicht im Widerspruch zur Vertragsschablone gestanden, sie sei innerhalb der vorgesehenen Bandbreite gewesen. Kritikpunkt sei eine gesonderte Entlohnung für eine zusätzliche Geschäftsführer-Funktion gewesen. Aber auch mit dieser sei der Betroffene innerhalb der Höchstgrenzen gewesen.

Der Landesrechnungshof habe kritisiert, dass eine Valorisierung innerhalb der Vertragslaufzeit nicht der Verordnung entspreche. Dazu hieß es, dass der gegenständliche Vertrag 2009 abgeschlossen, 2011 adaptiert und 2014 verlängert worden sei. Die Gehaltssumme sei zu jeder Zeit innerhalb der Schablonenverordnung gewesen, erklärte der Sprecher der LIB. Dass ein Gehalt unrechtmäßig ausbezahlt worden sei, wies er zurück, denn ein externer Rechtsanwalt habe den Vertrag auf Rechtmäßigkeit geprüft.

LIB setzte neue Wirtschaftsprüfungskanzlei ein

Ein weiterer Kritikpunkt seien unterschiedlich bewertete Bilanzierungsansätze von Immobiliengesellschaften in Jahresabschlüssen der BELIG. Hierzu sehe die LIB ihren Standpunkt auf Basis der steuerlichen Beratung durch die HLB Burgenland GmbH, der von Bilanzprüfer Deloitte testierten Bilanzen sowie eines zusätzlich eingeholten Gutachtens durch BDO Austria als tragfähig belegt. Die LIB habe diesen Standpunkt dem Rechnungshof im Rahmen der Prüfung dargelegt. Auch Unterlagen zu Baurestmassen und Kosten der fachgerechten Entsorgung habe man dem BLRH zur Kenntnis gebracht – als Beleg für die Kontamination. Umgesetzt worden sei die Empfehlung, eine neue Wirtschaftsprüfungskanzlei einzusetzen.

SPÖ: BELIG bereits neu aufgestellt

Auch SPÖ-Wirtschaftssprecher Gerhard Hutter meinte, der Prüfungszeitraum betreffe die Jahre 2016 bis 2019. Seither sei die BELIG – jetzt LIB – neu aufgestellt und ein großer Teil der Vorschläge des Landesrechnungshofs bereits umgesetzt worden. Der Landesrechnungshof habe in dem Bericht diese Neuaufstellung mehrfach ausdrücklich positiv gewertet.

ÖVP sieht „politische Bombe“

Für ÖVP-Klubobmann Markus Ulram ist der Bericht eine „politische Bombe“, er forderte volle Aufklärung der im Bericht festgehaltenen Vorwürfe und kündigte an, alle Kontrollmöglichkeiten auszuschöpfen. Thomas Steiner, Obmann des Landesrechnungshofausschusses, erklärte: „Es geht um Gesetzesverstöße und den Verdacht von Misswirtschaft und Untreue.“

Grüne: „Skandal sondergleichen“

Der Prüfbericht des Landesrechnungshof decke „einen Skandal sondergleichen“ auf, hieß es von den Grünen. Der Aufsichtsrat habe all die Jahre weggeschaut und damit die mutmaßlich kriminellen Machenschaften des Geschäftsführers gedeckt. Der Aufsichtsrat, dessen Vorsitz immer ein Landesregierungsmitglied innehatte, habe schlampig gearbeitet.

NEOS wollen Neuaufstellung des Aufsichtsrates

Die NEOS wollen eine „umfassende Regierungserklärung des Landeshauptmannes“ zu dem Bericht und eine „komplette Neuaufstellung des Aufsichtsrates“, betonte Landessprecher Eduard Posch in einer Aussendung. Er sah in der Aufarbeitung eine „Nagelprobe für die politische Integrität“ von Doskozil.