Die Krise sei wirtschaftlich auch im Burgenland spürbar, aber stark abgeschwächt. Das sagten Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich am Montag bei der Pressekonferenz im SPÖ Landtagsklub, nachdem eine Analyse des Chefökonomen der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, vorliegt. Der Ökonom analysiert regelmäßig die wirtschaftliche Situation jedes Bundeslandes. Hergovich spricht von einem „ausgezeichneten Zeugnis“ für das Burgenland: „Die Daten und Fakten zeigen, dass das Burgenland aktiv gegen die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftskrise steuert.“ Der Rückgang beim Wirtschaftswachstum sei im Burgenland mit fünf Prozent vergleichsweise gering ausgefallen.
„Auf die richtigen Maßnahmen gesetzt“
Im Vergleich zu 2020 gibt es im Burgenland im ersten Quartal ein Plus von 2,2 Prozent bei den Beschäftigten – österreichweit ist das der größte Zuwachs – und einen „moderaten“ Anstieg der Arbeitslosigkeit um 1,7 Prozent (Österreich-Schnitt: 8,7 Prozent). Doskozil sagte dazu: „Ich bin der Meinung, und das ist aus meiner Sicht das Resümee dieser Studie, dass wir im Burgenland speziell auf die richtigen Maßnahmen gesetzt haben.“
AA+: „Rating bestätigt unsere Linie“
Der Landeshauptmann nannte als Beispiele den Handwerkerbonus, das Tourismusbonusticket und den Beteiligungsfonds des Landes, gegründet um nach dem Commerzialbank-Skandal Arbeitsplätze gefährdeter Unternehmen zu retten. Und trotz des Mindestlohnes sei auch das Rating für das Land – wichtig für Kreditwürdigkeit – gleichgeblieben: „Das Rating im Burgenland bleibt stabil – ‚AA+‘ – Aussicht stabil. Das bestätigt uns auch in der Linie, die wir verfolgen: auf der einen Seite investieren, auf der anderen Seite, im Bereich der öffentlichen Verwaltung auch kritisch genug zu sein, einsparen.“
Der Pflegebereich und die Lehrlings- und Facharbeiterausbildung werden als Schwerpunktthemen forciert, so Doskozil. Die SPÖ fordert von der Bundesregierung eine Steuer- und Abgabensenkung für Klein- und Mittelbetriebe. Die Wirtschaftsanalyse wird am Montag auch dem SPÖ-Landtagsklub präsentiert.
Bruckbauer: Dynamische Entwicklung im Baubereich
Im Interview mit ORF-Burgenland-Redakteur Andreas Herbst bestätigte der Ökonom Stefan Bruckbauer die Einschätzung der SPÖ, dass das Burgenland bisher gut durch die Krise gekommen sei. Das sei zum Teil wahrscheinlich auch das Ergebnis der Wirtschaftspolitik und natürlich auch der Struktur. Man habe einen größeren öffentlichen Bereich und einen größeren Bauwirtschaftsbereich. Letzterer sei aber auch dynamischer gewesen als im Rest von Österreich, die Beschäftigung im Bau sei im Burgenland fast doppelt so stark gewachsen wie im Österreichdurchschnitt. Interessant sei auch die Entwicklung im Gastronomiebereich, wo es sogar einen kleinen Beschäftigungszuwachs gegeben habe, so Bruckbauer.
Erste Schätzungen würden zeigen, dass das Burgenland 2020 den geringsten Einbruch beim Wachstum von allen Bundesländern gehabt habe, so Bruckbauer: „Und bei der Beschäftigung im ersten Quartal, wie gesagt, ist das Burgenland auf jeden Fall Nummer eins.“ Der Ökonom blickt optimistisch in die Zukunft: Speziell ab dem Sommer habe man sicher drei, vier Quartale mit einer außergewöhnlichen Dynamik für die Wirtschaft zu erwarten. Erst danach werde sich die Frage stellen, ob diese Dynamik anhalten könne oder die Leute dann wieder vorsichtiger werden, sagte Bruckbauer.
Commerzialbank: Habe ein gutes Gewissen
Doskozil äußerte sich am Rande der Pressekonferenz erstmals öffentlich zu den Ermittlungen gegen ihn wegen mutmaßlicher Falschaussage im Commerzialbank-U-Ausschuss. Er wisse, was er gemacht habe, und nehme auf sein Handeln „sehr genau“ Bedacht. „Ich habe ein gutes Gewissen“, betonte Doskozil.
Die Justiz werde den Fall nun beurteilen. „Ich vertraue vollkommen der Justiz“, sagte der Landeshauptmann. Die ÖVP Burgenland hatte ihn und Helmut Ettl, Vorstand der Finanzmarktaufsicht, angezeigt, weil sie sich im U-Ausschuss hinsichtlich der Informationsflüsse vor der Schließung der Commerzialbank widersprochen hatten. Anzeigen seien für ihn „kein Novum“, meinte Doskozil. In den vergangenen zwei Jahren sei er fünfmal angezeigt worden – „so viel zum politischen Diskurs, wie er derzeit stattfindet“.#
ÖVP: Doskozil schmückt sich „mit fremden Federn“
Die ÖVP Burgenland kritisierte am Montag, dass Doskozil sich „mit fremden Federn“ schmücke. „Dass sich die burgenländische Wirtschaft auf einem guten Weg aus der Krise befindet, ist den fleißigen Unternehmern und den enormen Wirtschaftshilfen vom Bund zu verdanken“, betonte ÖVP-Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas.