Gehörlose und Corona
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Coronavirus

Ohne Worte: Masken verstecken Mimik

In Österreich sind 300.000 bis 500.000 Menschen gehörlos oder schwerhörig. Im Burgenland sind es laut Gehörlosenverein 300. Um sich zu verständigen, sind diese Menschen auch auf die Mimik des Gegenübers angewiesen. Doch die versteckt sich momentan hinter Masken – für die Betroffenen eine Herausforderung.

Lidija Reinprecht ist seit dem Volksschulalter schwerhörig. Die Friseurin hört auf einem Ohr nur zehn, auf dem anderen etwa 50 Prozent. Die Mörbischerin trägt schon lange ein Hörgerät. Doch seit der Coronavirus-Pandemie und der Maskenpflicht ist für die 33-Jährige vieles schwieriger geworden. „Ich hab viel öfter Ohrenschmerzen. Das Ohr ist auf der äußeren Seite wegen des Hörgerätes verschlossen. Hinzu kommt die Maske, die durch den Atem immer wieder feucht wird. Deshalb bekomme ich immer wieder Ohrenschmerzen. Was mir auch sehr schwer fällt: Ich kann nicht mehr von den Lippen ablesen.“

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Lidija Reinprecht hilft es beim Verstehen, wenn sie von den Lippen ablesen kann

Zur Kommunikation: Ausnahmefür schwerhörige Personen

Das Lippenablesen würden allerdings nur etwa 30 Prozent der Betroffenen beherrschen. Enorm wichtig sei aber vor allem auch die Mimik, um sein Gegenüber zu verstehen, so Florian Gravogl. Der 40-Jährige ist seit seiner Geburt gehörlos. Er arbeitet im Gehörlosenverein in Wien und archiviert und digitalisiert alte Fotos und Videos.

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Florian Gravogl: Man kann die Maske abnehmen – mit Abstand – und danach wird die Maske sofort wieder aufgesetzt

Gravogl hilft auch anderen Betroffenen. Er informiert beispielsweise über Gesetzesänderungen, die österreichweit bis zu 500.000 schwerhörige und gehörlose Menschen betreffen. „Es gab schon schwierige Situationen für gehörlose Personen, weil sie Angst hatten, gestraft zu werden, wenn sie die Maske für die Kommunikation abnehmen. Dann hat das Sozialministerium eine Ausnahmeregelung für gehörlose und schwerhörige Personen erlassen, dass für die Zeit der Kommunikation die Maske abgenommen werden darf. Das ist gesetzlich verankert. Man darf keine Angst haben. Man kann die Maske abnehmen – den Abstand muss man natürlich einhalten – und nach der Kommunikation wird die Maske sofort wieder aufgesetzt.“

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Florian Gravogl mit seiner Familie: Im Sommer ist er leidenschaftlicher Kitesurflehrer für gehörlose Menschen

Mehr Körpersprache auch bei Hörenden

Die Familie des 40-Jährigen ist hörend. Marietta Gravogl ist Gebärdensprachdolmetscherin, unter anderem im burgenländischen Landtag. Die Pandemie hat alles verändert. Auch die Gewohnheiten vieler hörender Menschen. „Ich bemerke schon, dass durch die Maske die hörenden Personen mutiger geworden sind, ihre Körpersprache, Gestik und Mimik mehr einzusetzen“, so Florian Gravogl. Im Sommer wird es wohl für alle wieder einfacher werden. Dann wird Florian Gravogl am Neusiedler See wieder seiner Leidenschaft nachgehen. Er ist Kitesurflehrer für gehörlose Menschen.