Liveticker zum Commerzialbank-U-Ausschuss
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Commerzialbank

Niessl: „Alle Geschenke gingen an Sozialfonds“

Im Commerzialbank Untersuchungsausschuss ist am Donnerstag Altlandeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) befragt worden. Dabei ging es vor allem um Goldgeschenke von Ex-Bankchef Martin Pucher. Niessl blieb bei seiner Befragung dabei: Alle Geschenke seien in seinen Sozialfonds geflossen.

Pucher hatte in seiner Befragung durch den Untersuchungsausschuss Anfang Februar ausgesagt, dass er Niessl Goldplättchen geschenkt habe – mehr dazu in U-Ausschuss: Pucher spricht über Goldgeschenke.

Altlandeshauptmann Niessl war im Ausschuss am Donnerstag als erste Auskunftsperson an der Reihe. Er gab sich beim Eintreffen im Kulturzentrum Eisenstadt zuversichtlich. Geschenke von Pucher habe er nicht angenommen, alles sei an den „Hans Niessl"-Sozialfonds gegangen. „Ich werde auch Unterlagen vorlegen, dass es keine Geschenke gegeben hat, nämlich dass alles an den Sozialverein oder bei Benefizveranstaltungen gespendet wurde“, so Niessl.

Nichts mit Commerzialbank zu tun gehabt

Gleich zu Beginn der Befragung sagte der Altlandeshauptmann dann, dass er mit der Commerzialbank nichts zu tun gehabt habe: Weder mit der Gründung der Bank in den 1990er-Jahren, noch mit der Revision – also der Prüfung – der Eigentümergenossenschaft der Bank. Geld habe er auf der Bank nicht gehabt. Von der Schließung habe er am 15. Juli aus den Medien erfahren. Martin Pucher lernte er kennen, da er im Jahr 2000 Sportreferent wurde.

Hans Niessl
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Hans Niessl

„Es sind an mich keine Probleme herangetragen worden, dass irgendetwas in der Bank oder beim SVM nicht stimmen könnte.“ Vom Verfahrensrichter nach Revisionsberichten gefragt, erklärte der ehemalige Landeshauptmann: „Ich kann mich an keinen Revisionsbericht erinnern.“ Auch daran nicht, dass ein Revisionsbericht einmal Tagesordnungspunkt bei einer Regierungssitzung gewesen wäre.

Goldgeschenke im Mittelpunkt der Befragung

Im Mittelpunkt der Befragung standen dann aber vor allem die Goldgeschenke von Pucher an Niessl, zu dessen 50. und 60. Geburtstag. Danach gefragt, betonte der ehemalige Landeshauptmann: „Ich habe dazu keine Wahrnehmung.“ Im Ausschuss seien etwa 20 Personen danach gefragt worden, alle hätten keine Wahrnehmung gehabt, lediglich Pucher habe dies erklärt. Niessl bekräftigte im Ausschuss seine bereits getätigten Aussagen, dass alle Geschenke an einen Sozialfonds geflossen und von diesem an Bedürftige gespendet wurden.

Hans Niessl
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Der Auftritt Niessls sorgte für entsprechendes Medieninteresse

„Kein Einfluss auf Verteilung der Spendengelder“

Den genauen Namen des Sozialvereins konnte der frühere Landeshauptmann nicht nennen: „Hans Niessl Sozialfonds, denke ich.“ Laut ÖVP-Mandatar Patrik Fazekas lautete dieser „Hans Niessl – Burgenland Sozialinitiative und Jugendförderungsverein“. Er sei selbst kein Mitglied, wisse nicht, wer gespendet hat und habe nicht an der Vergabe der Gelder mitgewirkt, betonte Niessl. Angesprochen auf die Vorstandsmitglieder, meinte er: „Ich kenne zwei, die bei Benefizveranstaltungen immer wieder dabei waren.“

„Ich habe die Idee geliefert, einen Verein zu gründen, der im Sozialbereich tätig ist“, so Niessl. Das Geld von Benefizveranstaltungen sollte nicht nur einer Institution zufließen, sondern breiter gestreut werden, um etwa Familien in Not zu unterstützen. Die Idee sei nicht von seinem früheren Büroleiter und heutigen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil gekommen, betonte er weiters.

Hans Niessl
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Niessl bei der Befragung

Niessl räumte ein, dass frühere Büro-Mitarbeiter von ihm Vereinsmitglieder waren. Wer den Fonds verwaltet habe, konnte er nicht sagen, Ansprechpartner für ihn beim Verein seien zwei Frauen gewesen, die bei den Benefizveranstaltungen auch dabei waren. Sie hätten sich in ihrer Freizeit „idealistisch für soziale Zwecke eingesetzt, da war ich ihnen dankbar“. Geschenke seien teilweise an „Licht ins Dunkel“ gegangen oder auch bei Flohmärkten verkauft worden. Bei der Übergabe von Spenden sei er immer wieder dabei gewesen und habe symbolische Schecks übergeben – als Zeichen der Wertschätzung.

Parteien bewerten Befragung unterschiedlich

Niessl präsentierte auch Einladungen zu seinem Geburtstagsfest, bei denen explizit auf den Sozialfonds hingewiesen wird. Die ÖVP sprach von einer fragwürdige Argumentation. „Tatsache ist, dass Hans Niessl mit dem Verein politisch einen Vorteil gehabt hat und einem dritten einen Vorteil verschafft hat, das ist aus unserer Sicht sehr fragwürdig", so Patrik Fazekas.

Aus Sicht der SPÖ sei die Sache hingegen endgültig vom Tisch, sagte deren Fraktionsführer Roland Fürst. „Der Herr Altlandeshauptmann hat heute die Vorwürfe eindeutig widerlegt, das ist ganz eindeutig hervorgekommen. Die ÖVP betreibt weiterhin die Politshow, für uns ist klar, die Kriminalf all". Alexander Petschnig (FPÖ) bezeichnete die Ladung Niessls als „Politshow“. „Ich finde es nicht sauber, wie Hans Niessl mit den Geschenken umgegangen ist, um die er selbst gebeten hat“, meinte Regina Petrik (Grüne).

Chefredakteur Walter Schneeberger mit Analyse

Konnte die Befragung, unter anderem von Ex-Landeshauptmann Hans Niessl, dazu beitragen, eine etwaige politische Verantwortung im Commerzialbank-Skandal zu klären?

SV Mattersburg ebenfalls Thema der Befragung

Thematisiert wurde auch der SV Mattersburg. Was VIP-Karten für den SVM betrifft, erklärte Niessl, dass seitens des Landes solche für Gäste des Burgenlandes gekauft worden seien: „Wir haben die eingeladen und VIP-Karten gekauft.“ Hierzu lagen im Ausschuss auch Rechnungen vor. Er führte aber auch an, dass er als Repräsentant zu den Fußballspielen eingeladen werden hätte dürfen, und verwies auf eine Unterlage des ÖVP-Gemeindebundes zu eben solchen Fallbeispielen. Gegen Vorwürfe, er habe Jahreskarten bekommen, wehrte er sich.

Zu Förderungen des SV Mattersburg durch das Land sagte der frühere Landeschef, die Summe sei über 15 Jahre dieselbe gewesen, aufgrund der Inflation eigentlich weniger geworden. Es habe sich um 1,5 Prozent des Gesamtbudgets des SVM gehandelt. Pucher habe er in den vergangenen fünf Jahren vielleicht drei Mal getroffen, es sei dabei um den Infrastrukturausbau gegangen.

Auch Hirmer Bürgermeisterin befragt

Deutlich ruhiger verliefen dann die Befragungen am Nachmittag. Inge Posch-Gruska (SPÖ), Bürgermeisterin von Hirm, der Heimatgemeinde von Pucher, gab etwa an, dass sie selbst nicht wisse, ob sie ein Goldplättchen erhalten habe. Die Gemeinde Hirm und sie selbst seien Geschädigte der Bankenpleite, sagte die Ortschefin. Die Bauland Erschließungs GmbH, die die Gemeinde mit der Bank betrieb, habe 520.000 Euro verloren. Zur Geschenkepraxis von Ex-Bankchef Martin Pucher sagte sie: „Der Herr Pucher ist ein Gönner gewesen und hat sehr gerne geschenkt.“

Inge Posch Gruska
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Inge Posch-Gruska

Finanziell habe der Skandal rund um die Commerzialbank die Gemeinde hart getroffen – „weil uns das Wasser nicht bis zum Hals steht, sondern schon ein bisschen drüber“, sagte Posch-Gruska.

Strommer: Angaben zu Kleinem Glücksspiel

Befragt wurde am Donnerstagnachmittag auch der ehemalige ÖVP-Landtagsklubchef und Zweite Landtagspräsident Rudolf Strommer. Angaben konnte er nur zum Kleinen Glücksspiel machen. Ex-Bank-Chef Pucher kannte er nicht persönlich, beim SVM war er nur einmal – und das nur auf Wunsch des Sohnes.

Das Kleine Glücksspiel sei zu seiner Zeit als ÖVP-Klubchef verhandelt worden, wobei seine Partei kein großes Interesse daran gehabt, dieses zu implementieren. Treibende Kraft dahinter sei die SPÖ gewesen und schlussendlich habe man das Kleine Glücksspiel im Veranstaltungsgesetz „versteckt“. „Das ist keine große Leistung der burgenländischen Legistik“, verwies er auf die 18 Novellen. Behandelt worden sei es im Budgetlandtag: „Da fragt keiner.“

Rudolf Strommer
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Rudolf Strommer

Was die Commerzialbank betrifft, meinte Strommer, dass er als Klubobmann nicht gewusst habe, dass das Land die Funktion des Revisionsverbandes über hatte. Mit Pucher habe er „keinen einzigen Kontakt“ gehabt. Geschenke habe er keine bekommen und von der Bank-Schließung aus den Medien erfahren.

Kaplan dementiert Geschenksannahme

Ex-Wirtschaftslandesrat Karl Kaplan (ÖVP) dementierte bei seiner Befragung, dass er ein Geschenk von Ex-Bankchef Martin Pucher erhalten hat. Mit Pucher habe er überhaupt erst nach seiner Zeit in der Politik als Präsident des burgenländischen Fußballverbandes Kontakt gehabt, betonte Kaplan.

Als Präsident des Fußballverbandes habe er VIP-Karten vom SV Mattersburg geschenkt bekommen, weil er in dieser Funktion regelmäßig die Spiele besucht habe. Über sein Engagement im Fußball habe er dann auch Pucher persönlich kennengelernt. Die Zusammenarbeit mit Pucher in der Fußballakademie, in der Kaplan Aufsichtsratsvorsitzender war, sei anfangs gut gewesen, nach der Eröffnung aber immer schlechter.

Karl Kaplan im Untersuchungsausschuss
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Karl Kaplan

Mit der Loslösung der Commerzialbank von Raiffeisen, der Tätigkeit des Landes als Revisionsverband und der Bestellung des Revisors habe er nie etwas zu tun gehabt. SPÖ-Abgeordnete Doris Prohaska sprach Kaplan darauf an, dass er als Wirtschaftslandesrat auf dem Papier sehr wohl für die Bestellung eines Revisors zuständig gewesen sei. So sei das aber nicht gewesen, sagte der ÖVP-Politiker. Aus vorangegangenen Befragungen hatte sich bereits ergeben, dass in der Praxis der Finanzlandesrat zuständig war.

Nationalbankmitarbeiter befragt

Über weite Strecken ohne Medienöffentlichkeit ist Donnerstagnachmittag noch ein Mitarbeiter der Nationalbank (OeNB) befragt worden. Der Mann ist seit 2002 in der OeNB tätig, zunächst in der Bankenrevision und seit 2020 in der Bankenanalyse. 2002 war er bei einer Vor-Ort-Prüfung in der Cb.

Das erste Mal in Kontakt mit der Commerzialbank kam der OeNB-Mitarbeiter 2002 und 2020 ein zweites Mal. Von der Schließung habe er am 15. Juli 2020 erfahren, ob aus den Medien oder einer internen Information, daran konnte er sich nicht mehr erinnern.

Fragen nach Tickets für die Fußball-Europameisterschaft 2008, die die Auskunftsperson von Ex-Bankchef Martin Pucher geschenkt bekommen haben soll, wurden unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit beantwortet. Auch sein Kontakt zu Pucher wurden nicht öffentlich erörtert. Die Befragung des Mannes war nach einer Stunde beendet, die Sitzung damit beendet. Kommenden Mittwoch setzt der U-Ausschuss seine Befragungen fort, bevor es am Donnerstag ins Finale geht.