Martin Pucher
APA/Robert Jäger
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Commerzialbank

U-Ausschuss: Pucher spricht über Goldgeschenke

Ex-Bankchef Martin Pucher ist am Mittwochvormittag im Untersuchungsausschuss zur Commerzialbank Mattersburg befragt worden. Dabei berichtete er über Geschenke an ehemalige Politiker, unter anderem an Ex-Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). Niessl wies das zurück.

Über einen Hintereingang kam Pucher in das Kulturzentrum in Eisenstadt, wo der Untersuchungsausschuss stattfindet. Das Medieninteresse war groß, als er kurz nach 10.00 Uhr den Sitzungssaal betrat. Nach zwei Schlaganfällen ist Pucher gesundheitlich angeschlagen und durfte daher – wie im Vorfeld ausgemacht – nur 45 Minuten befragt werden. Die ganze Befragung über saß seine Ehefrau an seiner Seite, auch zwei Ärzte waren im Saal.

Martin Pucher und Ehefrau
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Pucher wurde von seiner Frau begleitet

Bei der Befragung selbst verzichtete Pucher auf eine einleitende Stellungnahme, die Fragen der Fraktionen im Ausschuss beantwortete er allerdings bereitwillig. Wäre er Prüfer gewesen, wären ihm die Fälschungen aufgefallen, antwortete Pucher auf die Frage, warum die Malversationen jahrelang niemandem aufgefallen seien. Maßnahmen, um die Prüfer bewusst zu täuschen, habe er nicht gesetzt.

Geschenke an Politiker

Pucher berichtete zudem über Geschenke an Politiker: Ex-Landeshauptmann Niessl, die Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon (SPÖ) und der ehemalige Landesrat Karl Kaplan (ÖVP) hätten Goldplättchen erhalten. Zur Erinnerung: Anfang August des Vorjahres trat Ex-Landesrat Christian Illedits (SPÖ) von seinen politischen Funktionen wegen der Annahme eines derartigen Goldplättchens zurück. Beim SV Mattersburg, bei dem er jahrzehntelang Präsident war, habe Pucher regelmäßig Politiker im Stadion begrüßen dürfen.

Salamon dementiert

Salamon bleibt dabei, sie habe kein Geschenk zu ihrem Geburtstag bekommen. Ihr Anwalt Johannes Zink teilte in einer Stellungnahme mit, dass Pucher in der schriftlichen Ausführung erklärt habe, dass seine Mandantin kein Geschenk zu ihrem 60. Geburtstag von Pucher bekommen habe. „Meine Mandantin hat zum 60er definitiv nichts von Herrn Pucher angenommen“, so der Anwalt.

Martin Pucher und Ehefrau
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Pucher im U-Ausschuss

Pucher: „War zehn bis 20 Jahre lange ÖVP-Mitglied“

Pucher gab zudem an, etwa zehn bis 20 Jahre lang Mitglied in der ÖVP gewesen zu sein. Nach Streitigkeiten mit der Raiffeisenbank sei er aber aus der Partei ausgetreten. Bei der Zusammenstellung des Aufsichtsrates habe er darauf geachtet, dass sich darin die Bankkundschaft widerspiegelt. Politisch hätte er eine „hoiwate-hoiwate Partie“ im Aufsichtsrat haben wollen.

Entschuldigung unter Tränen

Über den Verbleib der fehlenden 99 Millionen Euro sagte Pucher, dass er selbst neugierig sei, wo gewisse Teile des Betrags seien. Er hoffe, dass das im Zuge der Ermittlungen rauskommen werde. „Der Watschenmann bin momentan ich. Aber alles war ich nicht.“ Am Ende der Befragung entschuldigte sich Pucher unter Tränen bei allen Geschädigten. Er habe immer gehofft, mit dem Erlös von Patenten den entstandenen Schaden wiedergutmachen zu können. Seine Familie habe er nie bereichert.

Niessl: „Ich habe keine Goldbarren“

Ex-Landeshauptmann Niessl wies die Aussagen von Pucher umgehend zurück. „Ich habe persönlich generell keine Geburtstagsgeschenke angenommen, die mir als Landeshauptmann zugesendet wurden. Wer auch immer etwas geschickt haben mag, alle Wertgegenstände wurden in einen Sozialfonds eingezahlt bzw. wurde der Reinerlös an Organisationen gespendet – egal von wem sie kamen.“ So sei beispielsweise zu seinem 50. Geburtstag eine Benefizveranstaltung organisiert worden – der Reinerlös sei dem Roten Kreuz gespendet worden. „Ich habe keine Goldbarren“, sagte Niessl vor Journalisten. Alle Geschenke seien an den Sozialfonds gegangen.

Hans Niessl
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Ex-Landeshauptmann Niessl gab umgehend eine Presseerklärung ab

„Ich habe auf Einladungen auch immer darum gebeten, von Geschenken abzusehen, und darauf hingewiesen, dass etwaige Geschenke an Sozial- und Jugendinitiativen gespendet werden“, so Niessl.

Anwalt Wess: „Sehe keine politische Dimension“

Puchers Anwalt Norbert Wess sagte, dass er im Skandal „keine politische Dimension“ sieht. Er gab an, dass es laut Pucher keine Gegenleistungen für die Geschenke gegeben habe. Zu den momentan noch verschwundenen 99 Millionen Euro könne Pucher keine Angaben machen. „Es kann sein, dass es das Geld nicht gegeben hat, weil es eben fiktiv war, oder dass es einfach noch nicht gefunden wurde“, betonte er. Eine Anklage werde „so schnell nicht möglich sein“. Er rechne damit, dass die Aufarbeitung noch ein bis eineinhalb Jahre dauern werde.

Parteien sehen einige neue Erkenntnisse

Die Klubobfrau der Grünen, Regina Petrik, sagte, dass sie prüfen werde, welche Geschenke unerlaubt angenommen wurden. Auch ÖVP-Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas betonte: „Es ist jetzt klar, dass die SPÖ von Pucher und der Commerzialbank profitiert hat.“ Zu Puchers ÖVP-Mitgliedschaft könne er derzeit nur sagen, dass dieser zum derzeitigen Zeitpunkt kein Mitglied sei. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst sah darin die zentrale neue Erkenntnis der Befragung. „Es stellt sich heraus, die Schlüsselfigur ist ÖVP-Mitglied und hat sich im Aufsichtsrat mit vielen ÖVP-Mitgliedern umgeben.“ Zu etwaigen Geschenken könne man Niessl nächste Woche befragen, dieser sei ohnehin geladen.

Fürst forderte unterdessen wegen Puchers ÖVP-Mitgliedschaft den Rücktritt von ÖVP-Landesgeschäftsführer Fazekas. Die ÖVP wiederum pochte mit Verweis auf Puchers Aussagen zu den Goldgeschenken auf den sofortigen Rücktritt der Mattersburger Bürgermeisterin Salamon.

Kritik am Modus der Befragung von Martin Pucher im U-Ausschuss kam von der FPÖ. So war es laut FPÖ-Obmann Alexander Petschnig nur möglich gewesen pro Fraktion drei Fragen auszusuchen, was zu keinem Zeitpunkt der vereinbarten Herangehensweise entsprochen hätte. Die Befragung des wichtigsten Ausschusszeugen sei damit zu einer „Vorlesestunde“ mit eigenen, nicht in der Verfahrensordnung vorgesehenen Regeln degradiert worden, so Petschnig.

Die NEOS forderten erneut die Errichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission auf Bundesebene. Die Rolle der staatlichen Aufsichtsbehörden sei in hohem Maße aufklärungsbedürftig, so NEOS Landessprecher Eduard Posch.