U-Ausschuss Tag 9
ORF/Thomas Prunner
ORF/Thomas Prunner
Commerzialbank

Kaum Erkenntnisse und viel Kopfschütteln

Der U-Ausschuss zur Commerzialbank hat bisher kaum neue Erkenntnisse gebracht. Die Sitzungen waren oftmals geprägt von fehlenden Wahrnehmungen, mangelnder Zuständigkeit, Entschlagungen und Kopfschütteln über die Praktiken in der Bank und im Aufsichtsrat, analysierte die APA. Die Fraktionen hoffen nun auf Ex-Bankchef Pucher.

Erste Einblicke in die Vorgangsweise bei den Malversationen hat Mitte Dezember bereits Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits gegeben. Sie gab im U-Ausschuss an, dass 50 Prozent der Kredite, 95 bis 98 Prozent der Interbankveranlagungen sowie zehn Prozent der Kundeneinlagen, die ausgebucht wurden, Fake gewesen seien. Vorstandssitzungen habe es nie gegeben. Als anfänglichen Grund für die falsche Darstellung von Geldflüssen nannte Klikovits das Bilanzbild. Es sei darum gegangen, sich besser darzustellen – „was sicher auch im Zusammenhang mit der Loslösung von Raiffeisen gestanden ist“, betonte sie.

Pucher und Ex-Vorständin Klikovits
BVZ/Bettina Eder
Ex-Bankchef Martin Pucher und Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits

Unwissenheit und mangelnde Kompetenz

Weniger Auskünfte, aber dennoch ein bezeichnendes Bild von den Vorgängen in der Bank lieferten die anderen ehemaligen Mitarbeiter, Aufsichtsräte und Vorstände. Sie gaben an, nie Unregelmäßigkeiten bemerkt zu haben – und sorgten teilweise durch Unwissenheit und mangelnde Kompetenz für Kopfschütteln. So sagte etwa ein ehemaliger Aufsichtsrat: „Eine Bilanz zu lesen, und das wird jeder andere wissen, ist nicht so einfach, wie man glaubt. Dieser Umstand führte zu dem Dilemma, vor dem wir jetzt stehen.“

Ex-Finanzminister: Bank nie Thema

Wenig Erhellendes steuerten Finanzminister Gernot Blümel und Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (beide ÖVP) bei. Blümel betonte, dass der Untersuchungsgegenstand nicht in seine Zuständigkeit falle. Schelling verneinte, dass die Bank in seiner Amtszeit je ein Thema gewesen sei.

Jahresrückblick Politik 2020 – Gernot Blümel
ORF
Finanzminister Gernot Blümel im U-Ausschuss

Probleme bei Lieferung von Akten

Dass der Untersuchungsgegenstand nur das Land und nicht den Bund betrifft, sorgte auch bei der Lieferung von Akten für Probleme. Finanz-, Innen- und Justizministerium lieferten ebenso wenig wie Finanzmarktaufsicht (FMA) und Nationalbank. Verfahrensrichter Walter Pilgermair sieht sich dadurch eingeschränkt: „Wenn uns all dieses Substrat fehlt, dann wird das am Ende ein sehr dürftiges Ergebnis des Beweisverfahrens sein“, betonte er.

Verfahrensrichter Walter Pilgermair und Vorsitzende Verena Dunst
ORF
Verfahrensrichter Walter Pilgermair und Ausschussvorsitzende Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ)

Doskozil: Bankenaufsicht auf Kindergartenniveau

Vertreter der Bankenaufsicht zeigten sich im U-Ausschuss von dem „Kriminalfall“ schockiert und wiesen jegliche Verantwortung zurück. Sowohl Nationalbank als auch FMA seien „keine Bankenpolizei“. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sah das bei seiner Befragung anders und sprach davon, dass die Bankenaufsicht „auf Kindergartenniveau versagt“ habe.

Hans Peter Doskozil beim Commerzialbank-U-Ausschuss
ORF/Spieß
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) im U-Ausschuss

Fassungslosigkeit bei Puchers Ehefrau

Persönliche Einblicke in die Geschehnisse gab Elisabeth Pucher, die anders als ihr Ehemann bereits im U-Ausschuss Auskunft gegeben hat. Sie berichtete, dass Pucher nie mit ihr über die Arbeit gesprochen und sie mit Fassungslosigkeit auf dessen Selbstanzeige reagiert habe. Sie hoffe nun, ebenso wie ihre Familie, auf Wiedergutmachung. Ex-Bankchef Martin Pucher könnte bei seiner Befragung am Mittwoch neue Erkenntnisse liefern – mehr dazu in Gutachten: Ex-Bankchef Pucher vernehmungsfähig.