Damit diese Frage beantwortet werden kann, muss die Geschichte des Burgenlandes noch einmal aufgerollt werden. Im Juli 1919 wurde das Burgenland Österreich zugesprochen. Österreich erklärte das Burgenland mit Oktober 1920 zum selbstständigen Bundesland – am 25. Jänner 1921 wurde das im Burgenlandgesetz gesetzlich verankert. Wien wurde per Gesetz erst mit 1. Jänner 1922 ein selbstständiges Bundesland.
Glückwünsche aus dem Burgenland
Burgenland oder doch Wien?
„Ja, das Burgenland ist das jüngste, wenn man es territorial betrachtet, weil eigentlich das Bundesland Burgenland erst entstanden ist und dann erst, nachdem es ein Bundesland war, an Österreich angeschlossen wurde. Und das ist spät im Jahr 1921 passiert“, so Historiker Gerald Schlag. Spät deshalb, weil ungarische Freischärler Ende August 1921 die Landnahme durch die österreichische Gendarmerie verhinderten. Spät auch deshalb, weil erst nach der Volksabstimmung in Ödenburg/Sopron im Dezember das neue Gebiet – als Bundesland – zu Österreich kam.
Wien wurde mit 1. Jänner 1922 ein selbstständiges Bundesland. Das sei ein rechtliches Problem gewesen. Man habe sich dazu entschlossen, Wien, das seit dem Mittelalter die Hauptstadt von Niederösterreich war, jetzt in einer demokratischen Republik von Niederösterreich zu trennen – aus politischen Gründen. Dieser Beschluss sei schon 1920 gefallen. Es brauchte allerdings Zeit, bis beide Landtage und der Wiener Gemeinderat das durch entsprechende Beschlüsse sanktionierten. Der endgültige Punkt sei dann der 1. Jänner 1922 gewesen, sagte Schlag.
„Frage der Sichtweise“
Ob jetzt Wien oder das Burgenland das jüngste Bundesland ist, sei eine Frage der Sichtweise, so Schlag. „Es ist eine Frage der Sichtweise. Natürlich auffallender und bedeutender ist, wenn ein ganzes Land mit ich weiß nicht wie viel Menschen und Dörfern dazugetreten ist. Wien hat eigentlich nur einen rechtlichen Status verändert.“ Wie so vieles in der Geschichtsforschung ist also auch die Frage nach dem jüngsten Bundesland eine Frage der Interpretation. Eines ist aber fix: Das Burgenland ist seit 100 Jahren ein österreichisches Bundesland.
Landtagspräsidentin Verena Dunst zum Jubiläum
Landtagspräsidentin Verena Dunst spricht vom 25. Jänner als ganz besonderem Tag im Jubiläumsjahr. Das Burgenland habe sich von einer der ärmsten Gegenden zu einer Modellregion im Herzen Europas entwickelt, so Dunst.
Dunst: „Modellregion im Herzen Europas“
Auch Landtagspräsidentin Verena Dunst spricht vom 25. Jänner als ganz besonderem Tag im Jubiläumsjahr. „Das Burgenlandgesetz war die Geburtsstunde unseres Bundeslandes. Es hat den Grundstein für unsere heutige Heimat gelegt“, so Dunst. Das Burgenland habe sich von einer der ärmsten Gegenden zu einer Modellregion im Herzen Europas entwickelt, so Dunst weiter. „Die Menschen im Burgenland haben mit ihrem Fleiß, ihrer Mentalität und ihrem Zusammenhalt wesentlich dazu beigetragen.“
CoV-Pandemie überschattet Feierlichkeiten
Ein Festakt, eine Sondersitzung des Landtages, musste aufgrund der Coronavirus-Pandemie am Jubiläumstag abgesagt werden. „Feiern tun wir auf alle Fälle im Herzen. Diesen Festakt werden wir am 19. Mai nachholen“, so Dunst. Das Burgenland habe nicht nur aufgeholt, sondern sogar andere Bundesländer überholt. „Ein Österreich ohne das Burgenland ist nicht vorstellbar, weil wir in vielen Bereich gezeigt haben, was wir alle miteinander draufhaben“, so Dunst.
Geschichte des jüngsten Bundeslandes
Ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye vom 10. September 1919 der Grundstein für das heutige Burgenland gelegt, indem die westlichen Teile der ungarischen Komitate Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg Österreich zugesprochen wurden. Ungarn, das am 4. Juni 1920 den Friedensvertrag von Trianon unterzeichnet hatte, sträubte sich gegen die Gebietsabtretungen.
Ungarische Freischäler leisten Widerstand
Die Übergabe des Burgenlandes wurde für 28. August 1921 festgesetzt. Als österreichische Gendarmerie und Zollwache ins Burgenland einrückten, leisteten ungarische Freischärler Widerstand. Die Einheiten mussten sich zurückziehen.
Schwerpunkt:
Die Geschichte des Burgenlandes in der
ORF TvThek
Der erste Versuch, die Verwaltung zu übernehmen, war gescheitert. Am 5. September endete ein Gefecht auf niederösterreichischem Gebiet bei Kirchschlag mit Toten und Verletzten. Im „Venediger Protokoll“ vom 13. Oktober 1921 verpflichtete sich Ungarn schließlich, das Burgenland abzutreten und die bewaffneten Kräfte abzuziehen. Österreich stimmte im Gegenzug einer Volksabstimmung über den Status von Ödenburg und acht benachbarten Landgemeinden zu.
Wie das Burgenland zu Österreich kam
Für manche Historiker ist es eine Streitfrage, ob das Burgenland das jüngste Bundesland ist.
Eisenstadt wird Landeshauptstadt
Im November war der zweite Versuch der Landnahme erfolgreich. Mitte Dezember erfolgte in Ödenburg die Abstimmung, bei der sich unter fragwürdigen Umständen eine Mehrheit für den Verbleib der Stadt bei Ungarn entschied. Somit hatte das junge Burgenland seine eigentliche Hauptstadt verloren. Diesen Status erhielt schließlich im Jahr 1925 Eisenstadt.
Wiedererrichtung nach dem Zweiten Weltkrieg
Während des Nazi-Regimes wurde das Gebiet des Burgenlandes auf die Gaue Steiermark und Niederdonau aufgeteilt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich burgenländische Politiker aus den Reihen von ÖVP, SPÖ und KPÖ erfolgreich für die Wiedererrichtung des östlichsten Bundeslandes ein, das nach den Vorstellungen der Provisorischen Staatsregierung zunächst aufgeteilt hätte bleiben sollen. Mit 1. Oktober 1945 wurde das Burgenland formal wiedererrichtet. In der Nachkriegszeit stand das Burgenland während der Ereignisse des Ungarn-Aufstands 1956 und beim Fall des Eisernen Vorhanges 1989 im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit.
Von 1995 bis 2006 war das Bundesland Ziel-1-Gebiet und profitierte dadurch von EU-Förderungen. Ab 2007 flossen durch den „Phasing-out-Status“ weitere Geldmittel, und seit 2013 ist das Land eine „Übergangsregion“. Die Unterstützung trug maßgeblich bei zu einem wirtschaftlichen Aufholprozess, durch den sich das Burgenland in vielen Bereichen von der Position des einstigen Schlusslichts verabschieden konnte.