Commerzialbank in Mattersburg
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Commerzialbank

Doppelter TPA-Auftrag nicht ungewöhnlich

Die Pleite der Commerzialbank beschäftigt Politiker und Juristen. Seit dem Bekanntwerden der massiven Bilanzfälschungen und der Bankschließung wird die Verantwortungs- und Haftungsfrage für den Bankenskandal gestellt. Eine Genossenschaftsexpertin sieht keine Haftung des Landes und hält den doppelten Prüfauftrag für nicht ungewöhnlich.

Von den gegenseitigen Schuldzuweisungen betroffen, ist auch das Land Burgenland. Das Land ist als Revisionsverband für die Personalkredit- und Kommerzialkreditvermittlungs- und Anteilsverwaltungsgenossenschaft zuständig. Diese Genossenschaft mit dem sperrigen Namen ist die Haupteigentümerin der Commerzialbank Mattersburg – sie hält rund 80 Prozent der Aktien. Am Montag wurde bekannt, dass nun auch über diese Genossenschaft das Konkursverfahren eröffnet wurde – mehr dazu in Commerzialbank: Genossenschaft in Konkurs.

Eine Genossenschaft als Hauptaktionärin einer Bank – das sei rechtlich möglich, aber in der Praxis eher selten, sagte Genossenschaftsexpertin und Vorständin des Forschungsvereins für Genossenschaftswesen Michaela Schaffhauser-Linzatti von der Universität Wien.

Seit 1994 Amt der Landesregierung für Prüfung zuständig

Seit 1994 ist das Amt der burgenländischen Landesregierung für die Prüfung dieser Genossenschaft zuständig – zuvor war es Raiffeisen. Da das Land Burgenland de facto kein Revisionsverband ist und auch über keine eigenen Revisoren verfügt, wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft TPA zum Revisor bestellt. Dieselbe Gesellschaft die auch die Commerzialbank prüft. Dieser Umstand wurde kritisiert. Allen voran von der ÖVP und einer Anwaltskanzlei.

Es gibt auch eine anonyme Anzeige die im August bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt eingebracht wurde und derzeit von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geprüft wird. Den zuständigen Organen und Beamten der Burgenländischen Landesregierung wird Amtsmissbrauch vorgeworfen.

„Derselbe Prüfer ist üblich“

„In einem Konzernverhältnis, wie es hier in Mattersburg besteht, ist es völlig normal und üblich, dass ein und derselbe Prüfer, sowohl zum Abschlussprüfer der Tochter, als auch zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer der Mutter bestellt wird. Das macht auch in Punkto Aufwand und Kosten einen Sinn“, so die Genossenschaftsexpertin – die am Montag auch in „Burgenland heute“ mit Martin Ganster zu Gast war.

„Es ist sogar so, dass Paragraph 268, Absatz zwei im Unternehmensgesetzbuch festlegt, dass im Falle einer getrennten Prüfung – von zwei Prüfungsgesellschaften – der Prüfer der Muttergesellschaft die Töchter überwachen muss. Das ist ein Vorgang, der in der Wirtschaft ganz normal ist“, so Schaffhauser-Linzatti. Ob das Land tatsächlich für Schäden nach diesem Kriminalfall der Privatbank aufkommen muss, werden die Gerichte entscheiden.

Die Expertin für Genossenschaftswesen Michaela Schaffhauser-Linzatti im Gespräch mit ORF Burgenland Moderator Martin Ganster

Auf die Frage, ob es heutzutage rechtlich noch vorkommen könne, dass ein Bundesland als Prüfer für eine Genossenschaft eingesetzt wird, sagte die Genossenschaftsexpertin, dass dies in der heutigen Rechtslage nicht mehr sein könne, da dies alte Übergangsbestimmungen hin zum neuen Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 gewesen sind. Heute sei das nicht mehr möglich, es bestehe die Möglichkeit, dass revisionsverbandfreie Genossenschaften von einem Gericht verbandsfrei erklärt werden und dann der Revisor über das Gericht kommt, aber nicht mehr über das Land, so Schaffhauser-Linzatti.

Diverse Landesräte dafür zuständig

Das Land wollte die Revision für die Genossenschaft im Jahr 2015 im Zuge einer Aufgabenreform abgeben. Dazu gekommen ist es aber nicht. Im August dieses Jahres wechselte das Land die Wirtschaftsprüfungskanzlei und beauftragte die BDO Austria GmbH mit der Revision der Genossenschaft.

Politisch zuständig waren die ÖVP-Landesräte Ehrenhöfler, Kaplan und Steindl bis 2015. Danach FPÖ-Landesrat Alexander Petschnig und seit Februar 2020 – der mittlerweile zurückgetretene – SPÖ-Landesrat Christian Illedits. An eine Verantwortung des Amts der Burgenländischen Landesregierung in der Causa Commerzialbank glaubte Genossenschaftsexpertin Michaela Schaffhauser-Linzatti nicht. Es sei rechtlich zulässig und auch vernünftig, durchgängig die selben Prüfer einzusetzen.

SPÖ sieht sich bestätigt

Die SPÖ Burgenland sieht sich dadurch in ihrer Forderung nach Aufklärung auf Bundesebene bestätigt. Expertenmeinungen wie diese würden zeigen, dass von einem Verschulden der Bankenaufsicht, die ausschließlich im Bund geregelt werde, auszugehen sei, betonte Landesgeschäftsführer Roland Fürst am Dienstag. Er glaube deshalb, dass die ÖVP mit dem U-Ausschuss im Landtag lediglich vom „ÖVP-Versagen auf Bundesebene ablenken“ wolle.

ÖVP: SPÖ-Finanzlandesräte für Kontrolle verantwortlich

Die SPÖ habe von Anfang an versucht jegliche Verantwortung und Verbindung zur Commerzialbank zu leugnen, kritisierte ÖVP-Klubobmann Markus Ulram. Bei den vielen offen Fragen sei jedoch eines fix: Die Kontrolle über die Commerzialbank-Kreditgenossenschaft hätten von Beginn an ausschließlich SPÖ-Finanzlandesräte ausgeübt. Namentlich seien das der ehemalige SPÖ-Landeshauptmann Stix, Helmut Bieler und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). „Tatsache ist, dass es ohne SPÖ die Commerzialbank nie gegeben hätte“, meinte Ulram.