Commerzialbank Zemmendorf
ORF/Spieß
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Wirtschaft

Commerzialbank: Bankmitarbeiter völlig überrascht

Nach dem Zusammenbruch der Commerzialbank Mattersburg haben die Ermittler auch mehrere Bankmitarbeiter als Zeugen befragt. Diese zeigten sich von den danach bekannt gewordenen Geständnissen und Malversationen völlig überrascht, wie Befragungsprotokolle zeigen, viele hatten selbst ihre gesamten Ersparnisse in der Bank liegen.

Von den Bilanzfälschungen und falschen Krediten will niemand etwas mitbekommen haben. Allerdings wird aus den Zeugenaussagen auch klar, wie Pucher und seine Co-Vorständin Franziska Klikovits die Bankmitarbeiter aussen vor ließen – und dass kritisches Hinterfragen in der Bank nicht angesagt war, berichtete Ö1 am Samstagmorgen – mehr dazu in Commerzialbank: Neue Details.

Man habe Bankchef Martin Pucher vertraut, hieß es in mehreren Zeugenaussagen von Bankmitarbeitern. Er sei für sie immer ein sehr sozialer und korrekter Mensch mit Handschlagqualität gewesen, sagte eine Zeugin – zumindest bevor die Bank zusammenbrach. Ein langjähriger Bankmitarbeiter sagte:"Ich habe nie Entscheidungen des Vorstandes, also von Pucher oder Klikovits, hinterfragt."

Vorstand entschied alles

Kritischer ist die Aussage eines Bankmitarbeiters, der erst seit kürzerer Zeit in der Bank tätig war – es habe in der Commerzialbank Mattersburg ein sehr devotes System geherrscht. Es sei alles vom Vorstand entschieden worden. Die Mitarbeiter haben die Entscheidungen teilweise ohne zu hinterfragen hingenommen.

Ein anonymer Whistleblower, brachte den Fall Mattersburg zu Jahresbeginn ins Rollen. In der Anzeige ging es um erfundene hohe Kredite an sehr gutsituierte Personen – was die Ermittlungen auch bestätigten. Warum ist das etwa in der Kreditabteilung nicht aufgefallen? Ein Zeuge erklärte das so: „Aus der Anzeige sieht man, dass es vorwiegend Personen mit sehr guter Bonität sind. Wie soll hier eine Überprüfung erfolgen, wenn die Bonität derart gut ist. Wie sollen wir, also die Kreditabteilung merken, dass es sich um fingierte Kredite handelt. Man vertraut ja auch seinen Vorgesetzten.“

Unterlagen unter Verschluss

Ein Zeuge berichtete von veralteten Systemen und Widerständen in der Bank. So wollte er bei der IT-Abteilung den Gesamtbestand aller Kredite abfragen. „Diese Auswertungen bekam ich aber nicht direkt, sondern dies ging über die Risikovorständin Frau Klikovits.“ Sein Drängen eigene IT-Auswertungen zu machen, blieben im Vorstand ungehört. Die gefakten Kredite entdeckte er nicht, wohl auch weil: „Mir die Unterlagen nicht so zur Verfügung gestanden sind, wie ich es in meinen vorigen Jobs gewohnt war.“ Allgemein war es für Mitarbeiter schwierig, an manche Unterlagen zu kommen, sagte eine weitere Zeugin aus der Bank. Frau Klikovits hielt alles unter Verschluss.

Auch sonst schilderten die Zeugen Kurioses: Etwa dass ein digitaler Datenaustausch, den die Wirtschaftsprüfer von TPA vor Jahren eingerichtet hatten, nicht benutzt werden durfte. Alle Unterlagen wurden der TPA per Datenstick von Klikovits übergeben. „Selbst wenn die Prüfer vor Ort waren, mussten wir die angeforderten Belege sammeln und an Frau Klikovits übergeben“, hieß es in einer Zeugenaussage. Mehrere Zeugen berichteten auch, dass Pucher und Klikovits in den vergangenen Jahren kaum noch miteinander redeten – kommuniziert wurde via A4 Zetteln, die Bankmitarbeiter zwischen den beiden hin und her trugen.