Commerzialbank Krensdorf
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Wirtschaft

Commerzialbank: Auch Ex-Vorständin Klikovits gesteht

Auch Franziska Klikovits, die Ex-Vorständin der Commerzialbank, hat nach Bankchef Martin Pucher bei ihrer Einvernahme jahrelange Bilanzfälschungen gestanden und den Behörden umfangreiches Beweismaterial übergeben. Das geht aus dem Einvernahmeprotokoll hervor, das dem ORF vorliegt.

Pucher und Klikovits waren ein eingespieltes Team. Das geht aus dem Vernehmungsprotokoll der Vorständin hervor. Jahrelang manipulierten Pucher und Klikovits gemeinsam die Bilanzen der Commerzialbank, gestand Klikovits: „Ich habe die Manipulationen in den Systemen vorgenommen, und bei papierhaften Ausfertigungen wirkte Herr Pucher mit. Ein weiterer Mitarbeiter der Bank oder der dritte Vorstand waren dabei nicht involviert.“ In Summe sind rund 670 Millionen Euro der Commerzialbank-Bilanz frei erfunden. Das geplante Megaprojekt des Mattersburger Impulszentrums der Commerzialbank im Stadtzentrum ist ebenfalls ein Luftschloss, der Bauplatz heute verwaist.

Pucher und Ex-Vorständin Klikovits
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Martin Pucher u. Franziska Klikovits bei der Präsentation der Pläne zum geplanten Impulszentrum im Mattersburger Stadtzentrum

Fingierte Kreditkonten eröffnet

Klikovits ist Absolventin der dreijährigen Hauswirtschaftsschule in Eisenstadt. Sie arbeitete seit 1984 in der Raiffeisenbank Zemendorf, die später zur Commerzialbank Mattersburg wurde. Seit 1997 war Klikovits im Vorstand der Commerzialbank tätig.

Zum genauen Ablauf der Manipulationen sagte sie: „Teilweise wurden bei bestehenden Kunden neue, fingierte Kreditkonten eröffnet, und teilweise habe ich als Kunden infrage kommende Personen in der Grundbuchdatenbank und im Firmenbuch gesucht, und Pucher traf dann die Auswahl. Diese Personen hatten gar keine reale Geschäftsbeziehung zur Commerzialbank Mattersburg.“ In der Bilanz der Bank wurden Kundenkredite in der Höhe von rund 350 Millionen Euro ausgewiesen – 180 Millionen davon waren fingiert.

Der verwaiste Bauplatz für das geplante Impulszentrum im Mattersburger Stadtzentrum
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Der verwaiste Bauplatz für das geplante Impulszentrum im Mattersburger Stadtzentrum

Klikovits verspricht vollständige Aufklärung

Klikovits verwies in der Einvernahme mehrfach auf Datenträger, die sie den Ermittlern übergeben hatte: „Auf den USB-Sticks und auf der Festplatte befinden sich umfangreiche Daten, die die vollständige Aufklärung der Causa sicherstellen werden.“

„TPA keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten festgestellt“

Von den Unregelmäßigkeiten nichts bemerkt hätten laut Klikovits die Prüfungsorgane der Bank: „Aus meiner Sicht hat die TPA niemals Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei den Prüfungen festgestellt, und ich wurde auch nie auf Unstimmigkeiten von den Prüfern der TPA angesprochen. Auch der Aufsichtsrat der Commerzialbank hat niemals Hinweise auf Unregelmäßigkeiten festgestellt.“

Blümels Aufsichtsarbeitsgruppe tagte erstmals

Wegen des Skandals um die Mattersburger Commerzialbank kündigte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) vor zwei Wochen Arbeiten für eine stärkere Aufsicht an – und die gemeinsame Arbeitsgruppe dazu trat am Montagnachmittag erstmals zusammen. Ihr gehören Vertreter von Finanzministerium, Oesterreichischer Nationalbank (OeNB) und Finanzmarktaufsicht (FMA) an.

Diese Arbeitsgruppe solle Instrumente entwickeln, um künftig ähnliche Skandale zu vermeiden, hatte Blümel vor zwei Wochen erklärt. Das Gremium solle in einer Gesamtschau die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen, Arbeitsabläufe sowie Zuständigkeiten und Zusammenhänge analysieren sowie Überlegungen über zusätzliche Instrumente für die Zukunft treffen, hieß es am Montag aus dem Finanzministerium zur APA.

Leiter der Arbeitsgruppe ist der Chef der Gruppe Finanzmärkte im Ministerium, Alfred Lejsek. Als externer Experte unterstützt Univ.-Prof. Stefan Pichler vom Institut für Bank- und Finanzwirtschaft der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU).