Sonderlandtag
ORF/Patricia Spieß
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Politik

Landtag: Schlagabtausch zur Commerzialbank

Der Bilanzskandal um die Commerzialbank Mattersburg war am Donnerstagnachmittag Thema einer intensiven Debatte im Landtag. Alle vier Landtagsparteien forderten volle Aufklärung. Damit endete aber auch schon die Einigkeit. Die ÖVP deutete an, am Freitag mit den Vorbereitungen für einen Untersuchungsausschuss zu beginnen.

Am Beginn der Aktuellen Stunde thematisierte FPÖ-Klubobman Johann Tschürtz die geschäftlichen Beziehungen zwischen der Commerzialbank und der Stadtgemeinde Mattersburg. Tschürtz sehe offene Fragen rund um ein Immobilienprojekt im Stadtzentrum: „Wo wurde seitens der Stadtgemeinde Mattersburg ein Kredit für diesen Bau beantragt? Wo? Nur bei der Commerzialbank? Hat Puchers Bank an die Stadtgemeinde Geld in irgendeiner Form überwiesen?“, fragte Tschürtz.

ÖVP kritisierte Salamon scharf

Die ÖVP attackierte scharf die Mattersburger Bürgermeisterin und Exklubobfrau Ingrid Salamon (SPÖ). ÖVP-Klubobmann Markus Ulram wollte wissen, wer ihre Geburtstagsfeier zum 60er finanziert hat: „Hat die Frau Klubobfrau außer Dienst, die Frau Bürgermeisterin, auch einen Goldbarren bekommen? Hat sie sich die Feier zahlen lassen? Wer hat noch im SVM-Kaffee feiern dürfen? War das ein Exklusivrecht für die Aufsichtsrätin in der Fußballakademie oder hat es andere gegeben?“ Salamon solle alles offenlegen, forderte Ulram. Die ÖVP wird wohl einen Untersuchungsausschuss in die Wege leiten, das wurde heute zumindest angedeutet.

SPÖ: Volkspartei wolle ablenken

Die Volkspartei greife in die Giftküche um abzulenken, konterte SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich. Der Aufsichtsrat der Bank sei schwarz eingefärbt, so Hergovich in Richtung Ulram. „Sie sagen dauernd, wir wollen Aufklärung, wir stellen Fragen. Ja, dann fragen Sie ihre ÖVP-Funktionäre. Die müssen das beantworten. Wir würden sie gerne fragen, aber es sind ja schwarze und türkise Funktionäre. Die geben uns ja keine Antwort. Fragen Sie ihre eigenen Leute, das sind die, die prüfen, das sind die, die Informationen haben“, so Hergovich.

Grüne: „Schuldzuweisungen bringen nichts“

Gegenseitige Schuldzuweisungen würden nichts bringen, so Wolfgang Spitzmüller (Grüne). Er erinnerte daran, dass auch das Land von einer Schadenersatzklage bedroht ist. „Ich fürchte schon, dass eine Gefahr besteht, dass das Land hier über die Haftungsbeschränkung hinaus haftbar ist, weil nämlich schon mit einer gravierenden Verletzung der Kontrollrechte zu rechnen sein wird“, so Spitzmüller.

Doskozil: Untersuchungsausschuss auf Bundesebene

Wobei diese Kontrolle nicht die Bank selbst betrifft, sondern deren Eigentümerin, eine Genossenschaft. Auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) meldete sich zu Wort. Für ihn haben vor allem Bundesbehörden in der Aufsicht versagt: „Wenn Sie es wirklich ernst meinen mit Aufklärung, dann treten wir gemeinsam auf – machen wir einen Untersuchungsausschuss auf Bundesebene. Dort kann die Staatsanwaltschaft geladen werden“, sagte Doskozil in Richtung ÖVP.

ORF-Burgenland-Redakteurin Patricia Spieß mit einer Analyse nach der Landtagssitzung

SPÖ Burgenland will Kanzler-Telefonprotokolle

Der Bankskandal war auch immer wieder Thema in zwei dringlichen Anträgen zum Verbot von Parteispenden und zur Offenlegung aller Akten und Protokolle im Zusammenhang mit der Bank. Die ÖVP forderte die Landesregierung auf, alle Akten, Aufträge, Urkunden und Unterlagen im Zusammenhang mit der Commerzialbank Mattersburg offenzulegen. Die SPÖ änderte den Antrag und will vom Bund unter anderem Telefonprotokolle von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Im SPÖ-Abänderungsantrag wird die Landesregierung aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten. Diese möge „alle Telefonprotokolle des Bundeskanzlers, Finanzministers, des Innenministers und der Justizministerin (…) vom 06. Juli 2020 bis zum 13. August 2020 offenlegen“. Auch Unterlagen und Telefonprotokolle der Justizbehörden und Prüfunterlagen der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht werden begehrt. Am Vormittag des Sonderlandtages wurde der neue Landesrat Leonhard Schneemann angelobt – mehr dazu in Neuer Landesrat Schneemann angelobt.