Norbert Wess
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Wirtschaft

Commerzialbank: Puchers Anwalt spricht

Norbert Wess, der Anwalt von Ex-Bankdirektor Martin Pucher, betonte im Interview mit dem ORF Burgenland: Pucher sei voll geständig und nehme die ganze Verantwortung für die Bilanzfälschungen auf sich. Er habe sich nicht persönlich bereichert, sondern sei Opfer seiner Eitelkeit geworden. Gesundheitlich gehe es Pucher nicht gut.

In der Causa Commerzialbank Mattersburg hat erstmals der Anwalt von Martin Pucher ausführlich Stellung genommen. In seinem Büro in der Wiener Innenstadt erinnerte Rechtsanwalt Norbert Wess daran, dass sein Mandant Martin Pucher nach zwei Schlaganfällen gesundheitlich schwer angeschlagen ist. „Das soll natürlich andererseits aufgrund der Geschehnisse nicht als Ausrede gelten und keinesfalls als Entschuldigung für sein Fehlverhalten als solches herhalten. Aber es ist in der Tat so, dass es ihm psychisch und physisch nicht gut geht, um nicht zu sagen, sehr schlecht“

Norbert Wess mit Norbert Lehner
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Norbert Wess im Gespräch mit ORF-Burgenland-Redakteur Norbert Lehner

Keine rechtliche Grundlage für Untersuchungshaft

Auf die Frage von ORF-Burgenland-Redakteur Norbert Lehner, ob Puchers angeschlagener Gesundheitszustand auch der Grund dafür sei, dass er noch nicht in Untersuchungshaft ist, sagte Wess: „Also dem trete ich aus rechtlicher Sicht massiv entgegen. Da muss ich auch dem Landeshauptmann massiv widersprechen. Ich finde das nicht gut, wenn man derartige Ereignisse, so furchtbar sie auch sind und für die Betroffenen unglaublich schwierig zu bewerkstelligen sind, das soll also in keiner Weiser kleingeredet werden. Aber wenn man die dazu verwendet, aufgrund des öffentlichen Drucks derartiges einzufordern, ungeachtet seines Gesundheitszustandes, gibt es dafür schlichtweg keine rechtliche Grundlage.“

„Ein schleichender Prozess“

Sein Mandant habe schon 1992, damals noch als Raiffeisendirektor, mit Bilanzfälschungen begonnen. Der Ergebnisdruck sei groß gewesen. Pucher habe mit den Fälschung Verluste verschleiert. „Das ist glaube ich ein schleichender Prozess, wo man zunächst noch ganz massiv den Glauben in sich trägt, wir kriegen das schon wieder hin. Umso schlechter ist es, wenn man mit so einer Vorgehensweise beginnt, weil genau das kann fatal enden.“

Persönliche Bereicherung schließt Wess aus

Zur Frage, ob sich Pucher persönlich bereichert hätte, sagte Wess: „Also wenn man den SV Mattersburg nicht als persönliche Bereicherung sieht, was juristisch ja der Fall ist, weil es eine eigene juristische Person ist. Natürlich hat er auch im SV Mattersburg und in der Region Wertschätzung bekommen. Aber wenn man das jetzt mal außen vor lässt, dann schließe ich das dezidiert aus. Es würde mich massiv irritieren und ich würde mich, glaube ich, selten bei jemandem so getäuscht haben, wenn das der Fall wäre.“

Martin Pucher
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Laut Wess war es Martin Pucher wichtig wertgeschätzt zu werden

Pucher Opfer seiner Eitelkeit

Auf die Frage, ob Martin Pucher Opfer seiner Eitelkeit war, sagte Wess: „Ja, man kann es so präzise wahrscheinlich definieren. Es ist eine Form von Eitelkeit, manche Menschen sind vielleicht eitel wenn es darum geht, dass sie besondere Statussymbole haben, wie ein schönes Auto, oder eine teure Uhr, oder Ähnliches mehr. Letztendlich war es ihm sicherlich auch wichtig wertgeschätzt zu werden. Die Wertschätzung war etwas, das wahrscheinlich ursächlich war für die ganze Situation.“

Am Ende werde Martin Pucher wohl angeklagt, bis zum Prozess werden aber noch Jahre ins Land ziehen.

Bankschließung angeordnet

Unterdessen liegt seit Donnerstag der amtliche Schließungsbeschluss der Commerzialbank vor. Am 14. Juli hatte kurz vor Mitternacht die Finanzmarktaufsicht (FMA) den Fortbetrieb der Bank untersagt. Am 27. Juli wurde Konkurs beantragt, der am 28. Juli eröffnet wurde. Wie nun aus der Insolvenzdatei zum Konkursverfahren am Landesgerichts Eisenstadt hervorgeht, wird „die Schließung der Bank angeordnet“ – bekannt gemacht am 12. August 2020. Derzeit würden von Sachverständigen die schuldnerischen Vermögenswerte erhoben und bewertet.