Der Eingang in die Tagesordnung erfolgte diesmal zügiger als sonst, was an einer Änderung der Geschäftsordnung des Landtages lag. Denn die Bekanntgabe und Zuweisung des Einlaufes erfolgt nun nicht mehr mündlich zu Beginn der Sitzung, sondern die Abgeordneten wurden darüber bereits im Vorfeld auf digitalem Weg informiert. Besonders begrüßt wurden von Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) zu Beginn neben dem neuen Landesrat Schneemann (SPÖ) auch die Grünen, die seit Juli im Landtag wieder den Klubstatus haben – „in diesem Sinne auch ein Neubeginn“, stellte Dunst fest.
Mit 30 von 35 Stimmen gewählt
Schneemann trat am Donnerstag die Nachfolge in das Mandat des zurückgetretenen Landesrats Christian Illedits (SPÖ) an, der nach Bekanntwerden der Annahme eines teuren Geschenks des SV Mattersburg zurückgetreten ist. Schneemann erhielt 30 der 35 abgegeben Stimmen. Landtagsabgeordneter Alexander Petschnig (FPÖ) war entschuldigt. Schneemann stammt aus Unterkohlstätten und war zuletzt Vorstand der Kurbad Tatzmannsdorf AG – mehr dazu in Leonhard Schneemann neuer Landesrat.
Interview mit Landesrat Leonhard Schneemann
Leonhard Schneemann (SPÖ) wurde am Donnerstag als neuer Landesrat angelobt. Er spricht über seine erste Landtagssitzung sowie sein künftiges Ressort, das unter anderem die Bereiche Wirtschaft und Soziales umfasst.
Doskozil von Kontrolle und Aufsicht enttäuscht
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und der neue Landesrat gaben anschließend ihre Statements ab. Er hätte sich niemals vorstellen können, „dass ein derartiger Skandal (…), wie er jetzt zutage kommt, sich wirklich abzeichnen kann“, sagte Doskozil. Für ihn persönlich schwinge da „sehr viel Enttäuschung auch mit, was die ganze Kontrollaufsicht, was die ganze Bankenaufsicht betrifft“. Die vergangenen Wochen seien angesichts der Pleite der Commerzialbank unbestritten eine Herausforderung und für viele, die in die Person (des Ex-Bankvorstandes Anm.) Martin Pucher sowie in die Personen und Institutionen der Bank ihr Vertrauen gelegt hätten, eine Enttäuschung gewesen.
Er sei auch „persönlich enttäuscht“, dass es – nach allen politischen Geschehnissen, die in der Zweiten Republik teilweise schon geschehen seien – möglich sei, dass ein Regierungsmitglied eine Geschenkannahme in dieser Art und Weise zulasse und akzeptiere, so Doskozil – mehr dazu in Landesrat Christian Illedits zurückgetreten. Dennoch solle man nicht darüber hinwegschauen, was der zurückgetretene Landesrat Illedits für das Burgenland in seiner zwanzigjährigen Tätigkeit als Politiker geleistet habe. Dafür, dass seine politische Karriere auf diese Art und Weise ende, trage Illedits die Verantwortung, stellte Doskozil fest.
„Ich bin davon überzeugt, dass er die richtige Wahl ist“
Es sei eine Herausforderung gewesen, ein Regierungsmitglied zu finden, das viele Attribute auf seine Person vereine. Dazu gehöre, stark gesellschaftlich positioniert zu sein, eine gewisse Empathie zu haben sowie über ein Gespür für die Politik und über Fachwissen zu verfügen. Der neu gewählte Landesrat Schneemann vereine alle Attribute auf seine Person. „Ich bin davon überzeugt, dass er die richtige Wahl ist“, betonte Doskozil. Die Abgeordneten bat er, Schneemann zu akzeptieren und anzunehmen. Schneemann sei ein Konsenspolitiker: „Geben Sie ihm die Chance, sich auch persönlich zu beweisen.“
Soziales als Schlüsselthema für die Zukunft
Der frisch gekürte Landesrat bedankte sich für das „überwältigende Wahlergebnis“. Er lud alle ein, an ihn heranzutreten, um an konstruktiven Lösungen arbeiten zu können. Das Thema Soziales werde „das Schlüsselthema für die Zukunft“ sein, er werde sich hier stark einbringen, betonte Schneemann: „Ich hatte auch, wie viele andere hier im Saal, letztes Jahr einen persönlichen Anknüpfungspunkt. Mein Vater musste in den letzten Monaten seines Daseins in eine professionelle Pflegeeinrichtung gebracht werden. Und ich habe dort auch gesehen, wie wichtig es ist – gerade auch im ländlichen Bereich – professionelle Einrichtungen zu haben, die gut ausgestattet sind.“ Auch das Thema Wirtschaft habe ihn schon immer beschäftigt.
Die neue Herausforderung nehme er „mit Demut, Zuversicht und Optimismus“ an. In der Vergangenheit habe er alles, was er gemacht habe, unter die Werte „Chancengleichheit, Offenheit und Ehrlichkeit“ gestellt. Er sei der felsenfesten Überzeugung: „Es ist noch immer alles ans Tageslicht gekommen“, das sei auch die Grundlage seines Wirkens. Er habe „immer ein offenes Ohr bei den Menschen gehabt“, es sei ihm wichtig gewesen, die Aufgaben im Team zu bewältigen, so Schneemann.
Für seine zukünftige Arbeit als Landesrat garantiere er, „ein maximales persönliches Engagement zu zeigen. Mit Stolz, Vorfreude und Tatendrang nehme ich meine Aufgaben in die Hand“, sagte Schneemann.
Übernimmt Großteil der Illedits-Ressorts
Der neue Landesrat wird die Agenden seines zurückgetretenen Vorgängers Illedits übernehmen, jedoch nicht zu 100 Prozent. Schneemann ist künftig für Wirtschaft und Soziales zuständig. Die Sportagenden gibt er an Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ) ab. Von Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) zu Schneemann wandere dafür das Jagd- und Fischereiwesen. Als „passionierter Jungjäger“ sei dieser dazu prädestiniert, das Jagdwesen auf Regierungsebene zu vertreten, sagte Doskozil am Mittwoch. Die Änderungen wurden am Donnerstag nach der Wahl Schneemanns in einer Regierungssitzung beschlossen. Im Landesparteivorstand der SPÖ Burgenland wurde Schneemann mit 100 Prozent der Stimmen gewählt.
Aktuelle Stunde zum Mattersburger Bankenskandal
Nach den Statements folgte eine 90-minütige Pause, in der eine Regierungssitzung stattfand, bei der Schneemann auf die Bundesverfassung angelobt wurde.
Seit 12.00 Uhr geht es mit dem Sonderlandtag weiter. Es folgt die von der FPÖ beantragte Aktuelle Stunde zum Mattersburger Bankenskandal. Danach werden die Dringlichkeitsanträge behandelt. Die SPÖ plane einen Antrag zum Thema Parteispendenverbot mit harter Strafandrohung, kündigte Klubobmann Robert Hergovich an – mehr dazu in Sonderlandtag zu Commerzialbank-Skandal.
Zuseher auf den Tribünen waren auch diesmal infolge der Coronavirus-Präventionsmaßnahmen nicht zugelassen. Medienvertretern war der Zutritt hingegen erlaubt.
„30 Jahre weggeschaut“: NEOS-Demo in Eisenstadt
Noch vor Beginn des Sonderlandtages protestierte am Rand der Fußgängerzone in Eisenstadt NEOS gegen den „größten Bankenskandal im Burgenland“. Der NEOS-Abgeordnete Douglas Hoyos-Trauttmansdorff und die stellvertretende Landessprecherin Julia Kernbichler bekräftigten dabei die Forderung nach Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsausschusses.
