Commerzialbank Hirm
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Wirtschaft

Die Commerzialbank und die Gemeinden

Nicht nur tausende Privatkunden sind vom Commerzialbank-Skandal betroffen, sondern auch Gemeinden. Einige Gemeinden berichten von einem finanziellen Fiasko. Hirm trifft der Bilanz-Skandal gleich zweifach und in der Stadtgemeinde Mattersburg hängt ein großes Bauprojekt in der Luft. Auch wie es mit der Fußballakademie weitergehen soll ist unklar.

Im Zentrum der 8.000 Einwohner zählenden Stadtgemeinde Mattersburg klafft eine eineinhalb Fußballfelder große Baulücke. Hier hätte das sogenannte Impulszentrum Mattersburg entstehen sollen – mit Wohnungen, Büros und Geschäften. Auch das Rathaus hätte dorthin übersiedeln sollen. 30 Millionen Euro hätten investiert werden sollen. Daraus wird nun vorerst nichts, so Bürgermeistern Ingrid Salamon (SPÖ), denn hinter dem Projekt steht die Commerzialbank Mattersburg.

Hoffen auf Investor

Salamon versicherte am Freitag, dass die Stadt kein Geld für das Impulszentrum in die Hand genommen habe und hoffe nun, dass sich nach einem möglichen Konkursverfahren ein neuer Investor findet. „Ich bin davon überzeugt, dass es dann natürlich auch in die Umsetzungsphase geht. Dass man sagt, man baut dort vielleicht das Rathaus, man baut dort weitere Geschäfte hin, man baut weiter Wohnungen hin. Weil die Nachfrage für Mieten und Geschäfte hätten wir in Mattersburg, das bereitet mir keine Sorgen“, so Salamon.

Baugrund Mattersburg
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Baulücke in Mattersburg

Zukunft der Fußballakademie offen

Die Stadt Mattersburg ist auch gemeinsam mit dem Land Burgenland und dem Fußballverein Mattersburg SVM an der Fußballakademie beteiligt. Hauptsponsor des SVM ist wiederum die Commerzialbank. Salamon wünscht sich natürlich, dass die Fußballakademie weitergeführt wird. „Das ist jetzt abhängig vom SVM und wenn das nicht der Fall ist, dann bin ich der Meinung, dass man aus diesen wirklich wunderbaren Räumlichkeiten dieser Anlage, im sportliche Bereich, sicher andere Lösungen finden wird können“, sagte Salamon. Die Stadtgemeinde Mattersburg habe zum heutigen Zeitpunkt kein Geld auf Konten der Commerzialbank veranlagt, betonte Salamon. Wohl aber einige Gemeinden aus dem Umland, die nun damit rechnen müssen, dass das Geld weg ist.

Ingrid Salamon
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Ingrid Salamon

Gemeinden teilweise schwer getroffen

Dass einzelne Gemeinden im Bezirk Mattersburg zum Teil massiv betroffen sind, das wurde auch bei einem Rundruf des ORF-Burgenland bestätigt. Eine Katastrophe, ein furchtbarer Schock – die Bürgermeister in den Gemeinden mit Commerzialbankfiliale geizen nicht mit Superlativen. Einige Ortschaften wie etwa Krensdorf haben so etwa ihre gesamten Bankgeschäfte über die Commerzialbank abgewickelt – um wie viel Geld die Gemeinde umfällt, wollte Bürgermeister Karl Izmenyi (ÖVP) auf Nachfrage des ORF Burgenland nicht nennen. Schwer betroffen ist auch die Gemeinde Loipersbach. Hier geht Bürgermeister Erhard Aminger (SPÖ) von einem Gesamtverlust von eineinhalb Millionen Euro aus, die Gemeinde stehe nun vor einem Scherbenhaufen, so der Bürgermeister. Die Gemeinde Draßburg hingegen könnte vergleichsweise mit einem blauen Auge davon gekommen sein. Bürgermeister Christoph Haider schätzt dass Draßburg um einen mittleren fünfstelligen Betrag umfallen wird.

Doch die Gemeinden haben nicht nur Geld verloren, sondern es müssen auch geplante Investitionen neu überdacht werden. Schattendorf etwa hat so das Freibad generalsanieren wollen – dieses Projekt wurde nun kurzfristig abgesagt. Was die Gemeinden jedenfalls verbindet ist der Ruf nach rascher Hilfe. Man hofft auf Unterstützung des Landes und rasche Aufklärung der Geschehnisse.

Hirm in doppelter Hinsicht betroffen

Eine Gemeinde, die in zweierlei Hinsicht vom Bilanz-Skandal betroffen ist, ist Hirm. Die finanziellen Sorgen sind dort derzeit groß. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie sind die Einnahmen von Kommunalsteuern von Unternehmen gesunken. Durch den jetzigen Bankenskandal verschärft sich die Lage – einerseits weil ein beträchtlicher Teil der Gemeindefinanzen bei der Commerzialbank eingelagert ist. Andererseits, weil man zur Schaffung von Bauland und neuem Wohnraum auch eine gemeinsame Bau- und Errichtungsgesellschaft mit der Bank gegründet hat, sagt die Bürgermeisterin von Hirm Inge Posch-Gruska (SPÖ). „49 Prozent hat die Bank und 51 Prozent hat die Gemeinde an Anteilen. Da haben wir gemeinsam ein Geld und dann haben wir das Girokonto auf der Commerzialbank, wo auch Geld oben ist. Also das sind die zwei Dinge, die wir jetzt abwarten müssen und schauen müssen, wie das ausgehen wird“, so Posch-Gruska.

Ortsbild Hirm
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Ortsbild Hirm

Warten auf Klarheit

Wie groß der Schaden letztendlich sein wird, lässt sich aus momentaner Sicht noch gar nicht abschätzen – über konkrete Zahlen möchte man nicht sprechen. Fest steht jedenfalls, dass es rasch eine Lösung geben müsse: zu viele Fragen seien momentan noch offen, sagte die Bürgermeisterin. „Wenn die einmal geklärt sind, geht es allen schon ein Stückchen besser, weil man dann Klarheit hat und auf diese Klarheit warten wir. Wir haben sehr viele Projekte, die wir vorgehabt haben, die sind jetzt einmal auf Eis gelegt. Weil wenn du nicht weißt, wie es finanziell weitergeht, kannst du keine Projekte planen. Das sind Projekte, die teilweise auch sehr notwendig sind, wie der Kanal. Es sind Projekte, die einfach wünschenswert gewesen wären, wo wir Plätze gestalten wollten in Hirm, wo man jetzt einfach abwarten muss.“

Inge Posch-Gruska
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Bürgermeisterin Inge Posch-Gruska

Hoffen auf Unterstützung vom Land

Die positive Nachricht ist, dass die Zuweisungen und Ertragsanteile des Landes, die dieser Tage an die Gemeinden ausbezahlt werden, in Hirm bereits auf einem neuen Konto bei einer anderen Bank eingehen werden. Man könne also weiterarbeiten. Vom Land erhofft man sich für die betroffenen Gemeinden einen Unterstützungsplan. „Man muss den Gemeinden jetzt auch zur Seite stehen. Man braucht ein Hilfspaket. Gemeinden, die die Finanzen bei der Commerzialbank haben, brauchen Unterstützung, und da hoffe ich, dass wir mit dem Land auch Gesprächsrunden finden werden, wo wir das besprechen können. Das würde ich mir vom Land erwarten“, so Posch-Gruska.

Auch niederösterreichische Gemeinde betroffen

Der Commerzialbank-Skandal hat auch die niederösterreichische Gemeinde Schwarzenbach (Bezirk Wiener Neustadt) getroffen. Wie Medien am Freitag berichteten, informierte Bürgermeister Bernd Rehberger (SPÖ) die Einwohner per Videobotschaft darüber, dass die Ersparnisse bei der Bank auf drei Sparbüchern angelegt seien. „Diese Einlagensicherung von 100.000 (Euro, Anm.) pro Sparbuch trifft auf öffentliche Gebietskörperschaften, sprich Gemeinden, nicht zu“, erklärte der Ortschef. Die Rücklagen seien darum „nicht zugreifbar“, es sehe momentan „nicht besonders gut aus“. Das Geld sei bereits verplant gewesen und hätte in ein neues Feuerwehrfahrzeug, die Wasserversorgung und einen Zubau des Aussichtsturms gesteckt werden sollen. „Wir beteiligen uns an dem allgemeinen Strafverfahren“, kündigte Rehberger an.

NEOS fürchten Probleme für Unternehmen

Die NEOS Burgenland befürchten, dass der Bilanzskandal um die Commerzialbank Mattersburg zahlreiche Unternehmen vor große Probleme stellen wird. Die Liquiditätssituation vieler Betriebe sei durch den Zusammenbruch der Bank „absolut problematisch“, betonte Landessprecher Eduard Posch.

FPÖ für schulisches Sportkompetenzzentrum

FPÖ-Landtagsabgeordnete Ilse Benkö sprach sich am Freitag unterdessen dafür aus, anstelle der Fußballakademie ein schulisches Sportkompetenzzentrum einzurichten, falls sie nicht weitergeführt werden könne. Die Akademie solle dann für alle Sportarten geöffnet werden und ein duales Ausbildungssystem für burgenländische Nachwuchssportler bieten, so Benkö.