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Wirtschaft

BLRH: Land soll um 120 Mio. Euro umgefallen sein

Das Land Burgenland soll bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit von drei Bauvereinigungen um rund 120 Millionen Euro umgefallen sein. Das Land klagte deshalb Immobilienunternehmer Michael Tojner 2019. Nun hat auch der Landesrechnungshof Unregelmäßigkeiten festgestellt, weil die Liegenschaften viel zu niedrig bewertet wurden.

120 Seiten stark ist der Bericht des Rechnungshofes. Mit Kritik am Land wird darin nicht gespart. „Blindes Vertrauen sicher in alle Richtungen, Sorglosigkeit und Nachlässigkeit – das sind sicher die Attribute die hier anzuführen sind“, so Landesrechnungshofdirektor Andreas Mihalits.

Zur Erklärung: Das Land Burgenland entzog im Jahr 2012 (damals unter Rot-Schwarz mit Landeshauptmann Hans Niessl und 2015 unter Rot-Blau) drei Wohnbaugenossenschaften aus anderen Bundesländern, die ihre Firmensitze ins Burgenland verlegt haben auf deren Betreiben hin die Gemeinnützigkeit.

Genossenschaften zahlten zu wenig

Damit konnten die Wohnungen auf dem freien Markt verkauft werden. Da es sich aber um geförderte Wohnungen handelte, musste die Differenz zwischen dem erzielbaren Kaufpreis und dem Buchwert der Wohnungen an das Burgenland zurückbezahlt werden. In Summe zahlten die Genossenschaften an das Burgenland rund 23 Millionen Euro. Viel zu wenig, bestätigte nun auch der Rechnungshof. Es seien mangelhafte Gutachten eingeholt worden und die Rahmenbedingungen für die Bemessung der Geldleistungen nicht klar definiert gewesen.

Klage gegen Michael Tojner

Vor zwei Jahren brachte das Land Burgenland – nach Hinweisen von den Wiener Grünen – eine Klage gegen den Immobilienunternehmer Michael Tojner ein, dem unterstellt wird, der eigentliche wirtschaftliche Eigentümer dieser Genossenschaften zu sein.

„Schlussendlich muss man sagen, ist es jetzt das Land selbst, das im Rahmen der Aufrollung dieser Verfahren Verkehrswertgutachten einholen ließ und das auch beauftragt hat. Und diese Verkehrswertgutachten ergeben allein für die beiden Bauvereinigungen Gesfö und Riedenhof einen Einnahmenentgang in der Größenordnung von 120 Millionen Euro“, sagte Mihalits.

29 Schlussempfehlungen

In 29 Schlussempfehlungen geht der Rechnungshof in seinem Bericht detailliert darauf ein, wie solche Verfahren abzuwickeln seien. Im wesentlichen werden mehr Sorgfalt und die Einholung genauerer Bewertungen vom Land gefordert.

Hergovich: „Rechtsweg war richtig“

Für SPÖ-Klubobmann Robert Hergovich ist klar: Bei der Umwandlung der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften wurde das Land offenbar bewusst getäuscht. Der Bericht zeige aber auch, dass die Entscheidung von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) – für maximale Aufklärung zu sorgen und den Rechtsweg zu beschreiten – der richtige war. Und: Das Land habe aus der Causa gelernt und die Aufsicht über die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften bereits auf neue Beine gestellt, so Hergovich. Zur Kritik sagte Hergovich, dass er sich erwartet hätte, dass alle politischen Kräfte gemeinsam an einem Strang ziehen, um für das Burgenland das Beste herauszuholen.

Steiner: „SPÖ hat versagt“

Von einem „Finanzskandal der lückenlos aufgeklärt werden muss“, sprach der Obmann des Landesrechungshofausschusses Thomas Steiner (ÖVP). Dem Land und damit dem Steuerzahler ist ein Schaden von weit über 100 Millionen Euro entstanden. Die für Wohnbau zuständige SPÖ habe bei der Durchführung des Verfahrens völlig versagt, so Steiner. In einer Pressekonferenz am Donnerstag forderte er, dass die Angelegenheit weiter geprüft und behandelt werden müsse.

Petrik: „Grob fahrlässig gehandelt“

Die Grünen sehen sich durch den Bericht des Landesrechnungshofes in ihrer Kritik bestätigt: Beim Immobilienschacher der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaften Riedenhof/GESFÖ an gewinnorientierte Immobilieninvestoren wurde grob fahrlässig gehandelt, zum Schaden des Burgenlandes habe sich die damals zuständige Niessl-Regierung über den Tisch ziehen lassen, sagte Landessprecherin Regina Petrik.

Die FPÖ spricht von einem verheerenden Sittenbild, dass der Landesrechungshof zeichnet und fordert grundsätzlich eine genauere Durchleuchtung gemeinnütziger Konzerne. NEOS Burgenland fordert eine unabhängige Untersuchungskommission, um zu klären, wie es zu diesem „massiven Politik- und Managementversagen“ kommen konnte.