Schlumberger Wein- und Sektkellerei GmbH auf der Heiligenstädter Straße
ORF.at/Zita Klimek
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Wirtschaft

Schlumberger überdenkt Konzept für Müllendorf

Der Sekthersteller Schlumberger will wegen Anrainerbeschwerden nun kein Hochlager in Müllendorf errichten. Nur noch die Sektproduktion soll ins Burgenland kommen, nicht das Lager, so Schlumberger-Chef Arno Lippert.

Die Produktionsstätte in Wien-Heiligenstadt soll nach Müllendorf (Bezirk Eisenstadt-Umgebung) verlagert werden, die Kellerwelten sowie die Firmenzentrale sollen aber in Wien verbleiben. Der geplante Bau eines 33 Meter hohen Lagers in Müllendorf durch Schlumberger sorgte in den vergangenen Monaten auf Lokalebene für einige Diskussionen. Projektkritiker erwarteten ein deutlich höheres Verkehrsaufkommen wegen des Lagers. Auch eine Volksbefragung stand im Raum. „Wir müssen das Konzept neu denken“, sagte Lippert.

Kein Datum für Baubeginn in Müllendorf

Schlumberger wollte ursprünglich rund 70 Millionen Euro in die neue Produktion und das Lager im Burgenland investieren und bis zu 60 Jobs schaffen. Der Sekthersteller hat für das Projekt bereits ein 122.000 Quadratmeter großes Grundstück im Wirtschaftspark der Gemeinde Müllendorf gekauft. Der Schlumberger-Chef will am Bau der neuen Sektkellerei festhalten. Es gebe aber „kein Datum“ für den Baubeginn. Ursprünglich war der Baustart für 2019 geplant, der Umzug für das Jahr 2021. Das Projekt umfasste in der anfänglichen Planung ein Investitionsvolumen von rund 82 Millionen Euro, davon zwei Millionen Euro für den Grundstücksankauf.

Geplanter Schlumberger-Standort in Müllendorf
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Schlumberger-Grundstück im Wirtschaftspark Müllendorf

Der Produktionsstandort in Wien-Heiligenstadt sei für Lkws verkehrstechnisch nicht gut erreichbar, und der Standort stoße bald an seine Produktionsgrenzen, so Lippert. Bereits der Ausbau des Schlumberger-Standorts in Bad Vöslau (NÖ) scheiterte an Anrainerprotesten.

Illedits: „Wirtschaftspolitischs Feuer“

In der burgenländischen Politik schlägt die Ankündigung von Schlumberger hohe Wellen. SPÖ-Landesrat Christian Illedits – zuständig für das Ressort Arbeit – sprach am Dienstagvormittag von einem wirtschaftspolitischen Feuer. Und wenn man mit dem Feuer spiele, dann könne es sehr leicht brennen. Illedits gab der ÖVP-Ortsgruppe Müllendorf die Schuld an der derzeitigen Situation.

ÖVP: Ansiedelungen nicht um jeden Preis

Die ÖVP Müllendorf hatte sich an der geplanten Höhe des Logistiklagers gestoßen und ÖVP-Gemeindeparteiobmann Berthold Pavitsich sammelte Unterschriften für eine Volksabstimmung – mehr dazu in Schlumberger: ÖVP will Volksabstimmung. Letztendlich kam es dann doch nicht dazu – mehr dazu in Keine Volksabstimmung über Schlumberger-Projekt.

„Für mich als Gemeindeparteiobmann stehen die Bedürfnisse der Müllendorferinnen und Müllendorfer an der ersten Stelle. Die Bedenken der Bürger müssen wir ernst nehmen. Eine Betriebsansiedelung um jeden Preis umzusetzen, darf nie das Ziel sein. Es wird schon triftige Gründe gegeben haben, warum das Schlumberger-Projekt in Bad Vöslau scheiterte und in Müllendorf redimensionalisiert wird. Nach der Anpassung der Gebäudehöhe war das Thema für uns vom Tisch. Daher ist es unverständlich, dass jetzt die ÖVP-Müllendorf als Schuldige hingestellt wird“, so ÖVP-Gemeindeparteiobmann Berthold Pavitsich.

Es sei für die Region und die Gemeinde wichtig, dass sich Betriebe ansiedeln, aber nicht um jeden Preis, sagte ÖVP-Landesgeschäftsführer Christoph Wolf Dienstagmittag dazu. Geht es nach Illedits, dann ist das letzte Wort im Fall Schlumberger noch nicht gesprochen. Es würden Gespräche mit dem Unternehmen geführt.

Petschnig: „Schlumberger will stabiler Investor sein“

„Wenn man mit den Verantwortlichen von Schlumberger spricht, so muss man ganz offen sagen, dass sich das dort auf der emotionalen Ebene abspielt. Wenn man sich zurückerinnert, vor wenigen Monaten, als wir Schlumberger hier begrüßt haben, dann war ein Sachverhaltselement jenes, dass sie den ursprünglichen Stammsitz in Bad Vöslau absiedeln wollen. Einer der Gründe ist, dass sie sich dort ganz einfach, ich darf das zitieren, nicht mehr willkommen fühlen. Schlumberger ist eine Firma, ich zitiere – die ein guter Nachbar sein will, sich willkommen fühlen will, kein politischer Spielball sein will, sondern auch im Burgenland ein stabiler Investor sein will, so wie sie es in Bad Vöslau war und auch in Wien im 19.Bezirk ist", so Wirtschaftslandesrat Alexander Petschnig (FPÖ) am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz.

Laut Wirtschaft-Burgenland Geschäftsführer Harald Zagiczek wird das Investitionsvolumen um rund ein Viertel gesenkt. Auch die Zahl der neu geschaffenen Abeitsplätze wird sinken.

Höherer Gewinn trotz Umsatzrückgangs

Die Schlumberger-Unternehmensgruppe, zu der auch die Sektmarken Goldeck und Hochriegl sowie die Schokoladenspirituose Mozart zählen, machte im Vorjahr mit der Sektproduktion und dem Spirituosenvertrieb bei stagnierenden Erlösen einen höheren Gewinn. Der Umsatz lag 2018 bei 181 Millionen Euro nach 182 Millionen Euro im Jahr davor, der Betriebsgewinn (EBIT) stieg von sechs auf sieben Millionen Euro. Der leichte Umsatzrückgang ist laut Schlumberger auf eine Steuerumstellung in den Niederlanden zurückzuführen. Schlumberger gehört zu rund 99 Prozent der Sastre Holding mit Sitz in der Schweiz. Diese gehört über eine Stiftung dem deutsch-schwedischen Unternehmer Frederik Paulsen Junior.