„Aufkindln“: Alter Brauch wiederbelebt

Der 28. Dezember wird im Kirchenjahr als der Tag der unschuldigen Kinder begangen. Mit diesem Tag hat auch der Brauch des „Aufkindlns“ zu tun, wie man das „Frisch- und Gsund-Schlagen“ im Burgenland nennt. In Deutschkreutz wird dieser Brauch noch gepflegt.

Der Tag der unschuldigen Kinder erinnert an König Herodes, der nach Jesus Geburt befohlen hatte, neugeborene Kinder zu ermorden. Der Brauch des „Aufkindlns“ erinnert daran. Bei Familie Herowitsch-Putz in Deutschkreutz wird dieser alte Brauch seit Generationen weitergeben. So war David Herowitsch am 28. Dezember mit seinem Vater im Dorf unterwegs, um „aufzukindln“. Der Siebenjährige besuchte Verwandte und Freunde. Mit dabei hatte er eine Kindlingspeitsche, mit der er den Besuchten auf den Rücken schlägt und den Spruch „Frisch und gsund, bleib gsund und a langs Lebn dazui“ aufsagt.

Brauch des "Aufkindlns"

Bettina Herwowitsch-Putz

David beim „Aufkindln“

Die „Kindlingspeitsche“ hat Davids Großvater Adalbert Putz aus Ästen einer Korbweide geflochten. Er erinnert sich noch gut an das „Aufkindln“ seiner Kindheit als es im Süd- und Mittelburgenland noch verbreitet war: „Wir haben sehr früh angefangen zum ‚Aufkindln‘, um fünf, halb fünf Uhr in der Früh, damit wir die ersten waren und ein bisschen mehr Geld gekriegt haben. Damals hat man 50 oder 20 Groschen gekriegt, von den Verwandten vielleicht einen Schilling oder einen Doppelschilling, wie es damals geheißen hat. Es war wirklich gang und gäbe. Erstens hat man eine Freude gehabt, wenn man Taschengeld verdient hat, es ist auch ums Geld gegangen, gar keine Frage, in der Nachkriegszeit“.

Peitschen fürs "Aufkindln"

Bettina Herwowitsch-Putz

„Kindlingspeitsche“

Im Laufe der 1950er und 1960er Jahre sei es weniger geworden, da habe der Wohlstand eine Rolle gespielt. Als der Volkskundler damals für seine Dissertation recherchierte, habe er oft gehört: „Wenn mein Bub Geld braucht, dann können wir ihm das auch geben, da braucht er nicht herumrennen.“ Der Brauch sei damals nicht mehr verstanden worden.

Früher ging es grob her

Adalbert Putz fand heraus, dass es beim „Aufkindln“ früher nicht so gesittet zuging wie heute. In der Deutschkreutzer Chronik fand er einen Brief aus dem Jahr 1560, in dem der damalige Deutschkreutzer Schlossherr Tamas Nadasdy an seine Frau über den Brauch des Aufkindlns am 28. Dezember schreibt: „Du weißt, wie der Trunkenheit und Rauferei gehuldigt wird. Daher am Sonntag, nach angehörter Predigt reise in Gottes willen ab.“

Früher seien die Burschen „aufkindln“ gegangen und haben dafür auch zu trinken bekommen, was damals nicht so gängig war, man sei froh gewesen, wenn man etwas erwischt hätte, so der Volkskundler. Adalbert Putz ist auch davon überzeugt, dass das „Aufkindln“ ursprünglich auch ein Fruchtbarkeitsbrauch gewesen sei. Heute bekommt sein Enkelsohn „a Göd und a bissl a Noschzeig.“

Verein belebte Brauch wieder

Dass in der Familie Herowitsch-Putz „aufgekindlt“ wird, dahinter steckt das Engagement von Mutter Bettina. Sie hat den „Verein für Volkskultur Deutschkreutz“ gegründet und bemüht sich um das Lebendighalten und Wiederbeleben alter Bräuche. „Da ist mir dann die Idee gekommen, dass meine Buben ‚aufkindln‘ gehen könnten, wir machen das in der Zwischenzeit schon seit zehn Jahren“, so Bettina Herowitsch-Putz.

David Herowitsch mit seiner "Kindlingspeitsche"

Bettina Herwowitsch-Putz

David mit seiner „Kindlingspeitsche“

Viele sind es nicht, die das „Aufkindln“ in Deutschkreutz noch oder schon wieder praktizieren - aber es gibt einige, die es zu schätzen wissen, erzählt Bettina Herowitsch-Putz: „Besonders schön ist, dass es Menschen gibt, die darauf warten, dass ‚aufgekindlt‘ wird. Denen es sehr wichtig ist, die auch daran glauben, dass es Gesundheit und Glück fürs neue Jahr bringt.“

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Extra“, 28.12.2018

Dass das „Aufkindln“ bei manchen tiefer geht, davon erzählt ihr Vater Adalbert Putz eine berührende Geschichte von einem Buben, der einmal „aufkindeln“ ging: „Und dann ist der Gejd (Pate, Anm.) von der Mama plötzlich gestorben. Und als der Bub das gehört hat, hat er ganz versteinert geschaut und gesagt: ‚Hob i den so schlecht aufkindlt?‘ Er hat sich echt betroffen gefühlt. Da merkt man, da ist noch was vorhanden - ‚i bring denen wos‘ - Gesundheit eben und einen Wunsch für langes Leben.“