Rechnitz: Gedenken beim Kreuzstadl

Veranstaltet vom Verein RE.F.U.G.I.U.S. hat am Sonntagnachmittag beim Kreuzstadl in Rechnitz die alljährliche Gedenkfeier für die Opfer des Südostwallbaus stattgefunden. Unter anderem nahmen Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinden in Wien und Zalaegerszeg teil.

Erinnert wurde an die etwa 180 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter, die im März 1945 in der Nähe des Kreuzstadls ermordet wurden und nach deren sterblichen Überresten immer noch gesucht wird. Rund 150 Menschen waren der Einladung des Vereins RE.F.U.G.I.U.S. gefolgt. Neben den Vertretern der Israelitischen Kultusgemeinde Zalaegerszeg sowie kirchlichen Vertretern nahmen auch Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) sowie der Botschafter Ungarns Andor Nagy und die Botschafterin Israels Talya Lador-Fresher teil.

Refugius

ORF/Csenar

Das Gedenken beim Kreuzstadl in Rechnitz

Jüdische Zwangsarbeiter ermordet

„Als ich die Artikel gelesen habe, wusste ich nicht, ob das eine wahre oder eine erfundene Geschichte ist. Wir wissen, dass während des Holocaust schreckliche Sachen passiert sind. Aber so knapp vor Kriegsende, wo alle schon wussten, die Rote Armee ist schon da, ist diese unfassbare Geschichte passiert. Es war eine Feier auf einem Schloss, und sie haben die Juden, die gearbeitet haben, getötet. Es ist schwer, dieses Kriegsverbrechen zu verstehen“, sagte die israelische Botschafterin.

Die bei einem Massaker im März 1945 im Zuge eines NS-Gefolgsschaftsfests ermordeten 180 jüdischen Zwangsarbeiter seien, so die Botschafterin, „zweimal zu Opfern geworden: einmal durch die Tat selbst, das zweite Mal durch das Schweigen.“

Refugius

ORF/Csenar

Das Gedenken wird vom Verein RE.F.U.G.I.U.S. veranstaltet

Warnung vor Antisemitismus

Die in einem System von Schützen- und Panzergräben beim Kreuzstadl vermuteten Gräber der Ermordeten konnten trotz der bisher 16 Suchaktionen und Grabungen nicht gefunden werden. Auch die Anfang März durchgeführte Grabung im „Remise“ genannten Waldstück südlich des Kreuzstadls blieb ohne Ergebnis.

„Wir sind in Ungarn immer noch nicht richtig in der Lage, den Holocaust zu verarbeiten“, stellte Ungarns Botschafter in Österreich Nagy fest. Gegenüber Antisemitismus sei null Toleranz angebracht: „Die Geschichte lehrt uns, dass wir Ungarn den Antisemitismus rechtzeitig bekämpfen müssen“, so Nagy.

Gedenkfeier Refugius

ORF

Etwa 150 Menschen waren der Einladung gefolgt

„Es ist wichtig, vor allem der Jugend klarzumachen, was passiert, wenn Grundwerte der Demokratie wie Grund- und Freiheitsrechte beschnitten werden und die menschliche Würde mit Füßen getreten wird“, sagte Landtagspräsidentin Dunst. Sie legte im Namen des Landes Burgenland einen Kranz beim Kreuzstadl nieder. Außerdem legten Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde Zalaegerszeg, der Gemeinde Rechnitz und des Mauthausen Komitees Kränze nieder.

Gedenkfeier Refugius

ORF

Bei dem Gedenken wurden Kränze beim Kreuzstadl niedergelegt

Suche nach Massengrab geht weiter

Paul Gulda, Obmann des Vereins RE.F.U.G.I.U.S., bezeichnete die Gedenkstätte Kreuzstadl als „Brennpunkt dessen, dass über dunkle Geschichtskapitel gesprochen wird. Solange geschwiegen wird, kann sich eine Gesellschaft von diesem Übel nicht erholen.“ Zum steigenden Antisemitismus warnte Gulda vor politischen Entwicklungen. Die zuletzt auf Initiative des Bundesdenkmalamts betriebene Suche nach den Gräbern der Ermordeten werde weitergehen, kündigte Gulda an.

Nur von wenigen der 180 Opfer des Massakers kennt man die Namen. Nachforschungen ergaben laut dem Verein RE.F.U.G.I.U.S. kürzlich, dass einer der prominentesten ungarischen Poeten der Zwischenkriegszeit, Laszlo Fenyö (vormals Friedmann, geb. 1902) 1942 zur Zwangsarbeit verpflichtet, gefoltert und 1945 bei Rechnitz ermordet wurde. Die an ihn erinnernde Gedenktafel wurde am Sonntag im Rahmen der Gedenkfeier enthüllt. Dabei anwesend war auch der Budapester Arzt Gabor Vadasz, dessen Vater und Onkel Opfer des Massakers waren.

Links: