Pflege: Herausforderung für Familien und Politik

Die Bundesregierung will die Betreuung alter, gebrechlicher Menschen zu Hause attraktiver machen. Das Burgenland möchte ein eigenes Pflege-Konzept erarbeiten. Durchgesickert ist, dass man die Vermittlung des 24-Stunden-Personals künftig selbst in die Hand nehmen will.

Der Großteil der pflegebedürftigen Menschen in Österreich wird zuhause von Angehörigen gepflegt. Vor 12 Jahren hat der Staat entsprechende Rahmenbedingungen für eine 24-Stunden-Betreuung geschaffen und dazu Fördermodelle entwickelt. Seit dem Jahr 2016 gibt es auch eine zusätzliche Landesförderung.

Pflege im Burgenland Schwerpunkt

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Hans Peter Halbritter, Hilde Eidler, Livia Mateas

Im Burgenland arbeiten derzeit mehr als 6.700 selbstständige Betreuerinnen, die rund um die Uhr für ihre Patienten da sind. Eine fachliche Ausbildung ist nicht notwendig. Die steigende Zahl alter Menschen in unserer Gesellschaft lässt das Gewerbe der 24-Stunden-Betreuung österreichweit regelrecht boomen. 46 Agenturen vermitteln im Burgenland das Personal - Frauen, die größtenteils aus Rumänien, der Slowakei und Ungarn kommen.

Kosten: 1.500 bis 3.000 Euro pro Monat

Diese Firmen kümmern sich zudem um die Anmeldung der Betreuerinnen und verrechnen ihre Leistungen dann direkt mit den Angehörigen der Patienten. Weil es sich um ein freies Gewerbe handelt, belaufen sich die Kosten auf 1.500 bis zu 3.000 Euro pro Monat, je nach Anbieter und Pflegestufe.

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Livia Matea kümmert sich seit dem vergangenen Sommer um Hilde Eidler

Eine Dame, die seit dem vergangenen Sommer eine Betreuung braucht, ist die Neusiedlerin Hilde Eidler. Die 93-jährige ist körperlich noch recht gut unterwegs, jedoch etwas vergesslich. Ihre Neffen und Nichten haben ihr deswegen über eine Agentur eine Betreuung organisiert. „Sie kann in ihrer eigenen Umgebung sein. Es kostet uns etwas oder besser gesagt: Sie schafft es mit ihrer Pension halbwegs. Es ist aber doch einfach eine andere Qualität, in den eigenen vier Wänden zu sein“, sagt der dazu ihr Neffe Hans Peter Halbritter.

Einmal am Tag Besuch von der mobilen Pflegekraft

Innerhalb von zwei Wochen war für die Angehörigen alles organisiert. Livia Mateas kümmert sich seither um Frau Eidler, und zwar abwechselnd mit einer zweiten Betreuerin. Die 50-Jährige kommt aus Rumänien - wie der Großteil des Betreuungspersonals im Burgenland. Zuvor hat sie in einem Pflegeheim in Rumänien gearbeitet. Livia Mateas kocht und putzt für Frau Eidler, sie sorgt auch dafür, dass sie ihre Tabletten einnimmt. „Die Livia ist so eine Liebe! Sie nimmt mir die ganze Arbeit weg, dabei würde ich selbst noch so gerne arbeiten. Aber leider Gottes bin ich schon alt“, so Hilde Eidler.

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Agentur-Chef Norbert Aichhorn

Einmal am Tag kommt eine mobile Pflegekraft von der Caritas und kontrolliert bei Frau Eidler Blutdruck und Blutzucker. Agentur-Chef Norbert Aichhorn betreut im Bezirk Neusiedl am See derzeit 35 Patienten und Patientinnen und vermittelt rund 70 Betreuerinnen, allesamt aus Rumänien. „Die Pflegerinnen sind gewerblich selbstständig, sind sozial- und pensionsversichert, haben eine E-Card - und sind also abgesichert“, so Norbert Aichhorn.

Vermittlung per Mundpropaganda

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Schandorf (Bezirk Oberwart). Die 90-jährige Hermine Herics lebt Schandorf im Bezirk Oberwart. Die Burgenland-Kroatin Hermine Herics hat vor kurzem ihren 90. Geburtstag gefeiert. Seit fünf Jahren wird Frau Herics zuhause betreut, seit knapp einem Jahr von Nada Sinko. Davor hat die 56-jährige Kroatin bei einer anderen Familie in der Gemeinde gearbeitet.

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Renate Gupper, Hermine Herics, Nada Sinko

„Ich bin noch nie mit einer Agentur in Berührung gekommen. Das geht eigentlich alles mit Mundpropaganda“ so Herics’ Tochter Renate Gupper. Ihrer Meinung nach ist es wichtig, die Pflegerin in die Familie aufzunehmen. „Wir vertragen uns alle untereinander. Man soll die Pflegerin nicht als Angestellte oder Arbeiterin betrachten“, so Gupper.

Frau Sinko bekommt monatlich 1.200 Euro netto. Insgesamt, mit Versicherung für die Nada Sinko kostet die Familie die Betreuung rund 1.500 Euro. „Wir haben das Glück, dass die Mama selbst berufstätig war und eine kleine Pension hat. Wir kommen mit dem Pflegegeld über die Runden. Es gibt aber genug Freundinnen von der Mutter, die sagen, dass sie sich keine 24 Stunden-Pflege leisten können“, so Gupper.