Zuwanderung als Wachstumsmotor

Das Burgenland steuert auf einen Bevölkerungsrekord zu. Bald wird es erstmals mehr als 300.000 Burgenländer geben. Der Grund ist die Zuwanderung. Ohne sie würde das Burgenland jedes Jahr schrumpfen, weil mehr Menschen sterben als geboren werden.

Zu den am stärksten wachsenden Gemeinden im Burgenland gehört Parndorf (Bezirk Neusiedl am See). Der Ort besteht aus einem alten Dorfkern und einem komplett neuen Ortsteil. Die Bevölkerungszahl hat sich in 30 Jahren verdoppelt - und Parndorf wächst weiter.

„Wir Parndorfer sind ein buntes Volk. Wir haben zwischen 45 und 50 verschiedene Nationen im Ort. Wir haben kroatische Wurzeln, und damit kommen viele aus dem ehemaligen Kroatien. Wir haben einen starken Anteil an türkischen Personen, aber sonst aus aller Herren Länder“, sagt Bürgermeister Wolfgang Kovacs (LIPA).

Neubauten

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Parndorf wächst besonders stark

Die Grundstückspreise haben sich durch den Zuzug seit den 1980er-Jahren real mehr als verzwanzigfacht. Nicht der einzige Grund, warum sich manche Parndorfer in die gute, alte Zeit zurücksehnen, „wo jeder jeden gekannt hat“. Das werde weniger, sagt der Ortschef. „Aber ich glaube, wir haben gelernt, miteinander zu leben und auch das Positive zu sehen. Wir sind eine lebhafte Gemeinde geworden“, sagt Bürgermeister Kovacs.

Bald soll es aber mit dem Wachstum in Parndorf vorbei sein. Die Gemeinde will Grenzen setzen und in absehbarer Zeit keine weiteren Bauvorhaben mehr zulassen.

Niedrigste Ausländer-Quote im Burgenland

Im Burgenland leben derzeit 8,9 Prozent Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Dieser Wert hat sich seit Beginn der 80er, als es praktisch keine Nicht-Österreicher im Burgenland gab, vervielfacht. Im Bundesländer-Vergleich hat das Burgenland aber die niedrigste Ausländer-Quote. Die meisten Nicht-Österreicher im Burgenland kommen aus Ungarn, gefolgt von der Slowakei, Deutschland, Rumänien und Kroatien.

Migration - Grafik Herkunftsländer

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Die meisten Nicht-Österreicher kommen aus Ungarn

300.000 Einwohner als Rekord

Ohne diese Zuwanderung wäre das Burgenland bereits massiv geschrumpft. Seit Mitte der 1970er-Jahre werden im Burgenland weniger Kinder geboren als Personen sterben, sagt Manfred Dreiszker von der Statistik Burgenland. „Die Geburtenbilanz ist negativ. Damals waren es 300, 400 minus und derzeit sind es schon ungefähr 1.000 pro Jahr. Wenn man sich das durchrechnet in den letzten 30, 40 Jahren, hätte das Burgenland um 20.000 bis 30.000 Personen weniger.“

Alleine durch die Migration zeigt die Bevölkerungskurve nach oben. Laut aktuellster Prognose, die vor zwei Wochen herausgekommen ist, werde das Burgenland in drei bis vier Jahren erstmals 300.000 Einwohner haben, so Dreiszker.

Wichtige Rolle auf dem Arbeitsmarkt

Auf dem burgenländischen Arbeitsmarkt spielen Nicht-Österreicher eine besonderes Rolle. Weil zu den Zugewanderten viele Grenzpendler dazukommen, hat fast jeder vierte Arbeitnehmer im Burgenland keine österreichische Staatsbürgerschaft. Die Verteilung ist je nach Branche sehr unterschiedlich. In der Energieversorung, der öffentlichen Verwaltung, und bei Banken oder Versicherungen finden Ausländer kaum Beschäftigung. Im Gegensatz dazu verlassen sich die Bauwirtschaft, die Gastronomie und Landwirtschaft besonders häufig auf Ausländer.

Migration - Grafik Ausländeranteil nach Branchen

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Viele Ausländer arbeiten in der Gastronomie und in der Landwirtschaft

„Vorwärts denken“

Für die wirtschaftliche Entwicklung des Burgenlands ist dieses Angebot an Arbeitskräften ein Vorteil, sagt Helene Sengstbratl vom AMS Burgenland. „Das ist ein wichtiger Produktionsfaktor für die Betriebe und ein wichtiges Argument, sich irgenwo anzusiedeln oder nicht. Das Burgenland ist gut beraten, hier vorwärts zu denken“, meint Sengstbratl.

In der Pflege dringend gesucht

Andererseits führt mehr Angebot auf dem Arbeitsmarkt zu mehr Konkurrenz: Wer nicht gut ausgebildet ist, hat es im Wettbewerb mit Ungarn und Slowaken schwerer. Fachkräfte werden in bestimmen Branchen hingegen dringend gesucht, etwa in der Pflege. Ohne Hilfe aus dem Ausland würde sich die Frage stellen, wer sich um unsere alten Menschen kümmert.

„Die Situation wäre nicht machbar. Mit momentanem Stand ist es so, dass wir in Österreich de facto zu wenig Pflegepersonal haben und die aktuelle Situation ohne Personal aus dem Ausland nicht schaffbar wäre“, so Christoph Klikovits vom Hilfswerk Burgenland.

Eine Alternative zeigt Japan vor. Dort wird auf Migration weitgehend verzichtet. Statt Menschen werden hier vermehrt Roboter in der Pflege eingesetzt.