Messerstiche: Angeklagter schuldig gesprochen

Der Prozess um versuchten Mord hat am Landesgericht in Eisenstadt am Mittwochabend mit einem Schuldspruch geendet. Der Lehrling wurde nicht rechtskräftig zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Geschworenen befanden den 18-Jährigen nach über zweistündiger Beratung in allen Anklagepunkten schuldig. Hinsichtlich der Körperverletzung (Faustschläge) sowie des Verstoßes gegen das Waffengesetz fiel die Entscheidung einstimmig. Die Frage bezüglich des versuchten Mordes wurde siebenmal mit Ja und einmal mit Nein beantwortet.

Richterin Gabriele Nemeskeri verurteilte den 18-Jährigen zu zwei Jahren Freiheitsstrafe sowie zur Zahlung von 3.000 Euro Schmerzensgeld. Der Strafrahmen lag zwischen einem und 15 Jahren Haft. Der Angeklagte verzichtete nach Rücksprache mit seinem Verteidiger auf Rechtsmittel. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Zu Beginn Faustschläge aus Eifersucht

Laut Staatsanwaltschaft soll es am 7. März zu dem folgenschweren Streit zwischen dem damals noch 17-jährigen Angeklagten und dem 16-Jährigen gekommen sein. Die beiden Lehrlinge, die in Eisenstadt ihre Berufsausbildung in einem Internat absolvierten, waren zunächst in einem Lokal, um Alkohol zu trinken. Als dann der Angeklagte sah, wie der 16-Jährige mit der Freundin des Älteren schmuste, kam es zu den ersten Handgreiflichkeiten, die in Faustschlägen endeten.

Angeklagter vor Gericht

ORF/Hannes Auer

Angeklagter vor Gericht

Bei einer darauffolgenden Aussprache im Zimmer des 18-Jährigen eskalierte die Situation. Der Beschuldigte schickte einer Freundin ein Foto des Kontrahenten und kündigte laut Anklage an, dass dies das letzte Mal sei, dass sie ihn sehen werde. Dann soll er dem Jüngeren eine „Stich-Schneidverletzung“ versetzt haben.

Da das Messer jedoch laut Staatsanwältin an einer Rippe abprallte, wurde der 16-Jährige nicht schwer verletzt. Das Opfer wurde ins Spital gebracht und operiert - mehr dazu in Lehrling wegen Mordversuch vor Gericht. Der Bursche habe „mehrere Schutzengel“ gehabt, sagte die Anklägerin. Der Beschuldige habe allerdings gewollt, dass der Jüngere stirbt. „Er war wütend, er war zornig“, meinte die Staatsanwältin. Eine große Sympathie hätten die beiden noch nie füreinander gehabt, sagte sie. Der 18-Jährige fotografierte nach der Tat sogar die Blutspuren und schickte die Bilder an Mitschüler.

Wut und Eifersucht: Emotionaler Ausnahmezustand

Der Verteidiger Rudolf Tobler erklärte, dass sich der Angeklagte grundsätzlich geständig verantworte, allerdings nur hinsichtlich des versuchten Totschlages, nicht des Mordes. Sein Mandant habe sich in einer „emotionalen Ausnahmesituation“ befunden: „Es hat sich eine Auseinandersetzung sukzessive aus seiner Sicht emotional aufgeschaukelt, bis es dann wirklich zur Tat gekommen ist. Ich kann nur sagen, dass er an dem Tag sicher in einer emotionalen Ausnahmesituation war und die dann immer schlimmer geworden ist, aus seiner Sicht.“

Er war „extrem gekränkt“

Die Tat habe er im Vorhinein nicht geplant gehabt. Er habe keine harmonische Kindheit gehabt. Nach dem Tod des Vaters sei er Halbwaise gewesen und habe mehrere Lehren abgebrochen. Als er den 16-Jährigen mit dem Mädchen schmusen gesehen habe, habe er dies als „extrem kränkend“ empfunden.

Der Angeklagte berichtete, dass er seit Jänner in der Berufsschule gewesen sei und den 16-Jährigen damals kennengelernt habe. Das Verhältnis beschrieb er als freundschaftlich. „Es war eine normale Freundschaft“, sagte der Beschuldigte. „Wir haben über Snapchat geschrieben.“ Reibereien habe es nicht gegeben. Den Vorwurf, dass er schon gegenüber einer Freundin angekündigt haben soll, er werde den 16-Jährigen abstechen, stritt er ab. „Das stimmt nicht, ich habe so etwas noch nie behauptet“, so der Angeklagte.

Angeklagter soll Tat angekündigt haben

Eine Zeugin sagte aus, dass der angeklagte 18-Jährige bereits einige Tage vor der Tat gemeint habe, er könne den 16-Jährigen nicht leiden und werde ihn abstechen. Er habe ihr gesagt, dass er sich Waffen gekauft habe. Sie habe gemeint, er solle nicht so einen Blödsinn reden.

Der Beschuldigte habe seiner Bekannten auch ein Messer gezeigt. Am Abend der Tat habe ihr der Beschuldigte zudem ein Bild von dem 16-Jährigen geschickt und angedeutet, das sei das letzte Mal, dass sie ihn sehen werde. Zum Verhältnis zwischen dem 18-Jährigen und dem 16-Jährigen befragt, meinte die Zeugin, dass dies anfangs gut gewesen seien, später sei es aber zu Reibereien gekommen.

Auch das 17-jährige Mädchen, um das sich die Auseinandersetzung zwischen den Lehrlingen gedreht hatte, wurde befragt. Sie berichtete, dass eine Art offene Beziehung zwischen ihr und dem Angeklagten bestanden habe. Er hätte Gefühle für sie gehabt, meinte sie. Am Abend der Tat sei der 18-Jährige im Lokal anders als sonst gewesen und schon früher gegangen. Sie habe sich nach dem Lokalbesuch ins Internat auf ihr Zimmer begeben. Dass sie noch im Schulhof mit dem 16-Jährigen geschmust habe, wisse sie nicht mehr, sie sei alkoholisiert gewesen.

Am nächsten Tag habe sie dann ein Foto gesehen, welches ihr der Angeklagte nach der Tat geschickt habe. Dabei sei das Blut des Opfers zu sehen gewesen mit einem Text, dass sie an allem schuld sei. „Ich war am Boden zerstört, habe mich nicht mehr ausgekannt“, sagte die 17-Jährige. Zwei der Berufsschüler umschrieben den 18-jährigen Angeklagten im Zeugenstand als eher aggressiv bzw. arrogant.

Es sei sein „größte Fehler“

Auf die Frage von Richterin Gabriele Nemeskeri, warum er das Messer genommen habe, meinte er: „Weiß nicht so genau. Vielleicht wollte ich ihn verletzen.“ Auf Nachfrage der beisitzenden Richterin Birgit Falb, meinte er, er habe „aus Wut“ zugestochen. Es sei der „größte Fehler“, den er je gemacht habe.

Das 16-jährige Opfer schloss sich dem Verfahren als Privatbeteiligter mit einem Schmerzengeld von 10.000 Euro an. Das Opfer habe ein Trauma erlitten und kämpfe unter extremer Ängstlichkeit sowie Panikattacken, meinte seine Anwältin. Er werde wahrscheinlich noch länger an den psychischen Folgeschäden leiden.