A4-Prozess: Milde Strafen erbeten

Der Prozess gegen eine Schlepperbande, die für den Tod von 71 Flüchtlingen verantwortlich sein soll, die in einem im August 2015 bei Parndorf abgestellten Lkw entdeckt worden waren, ist am Dienstag mit den Plädoyers der Verteidiger fortgesetzt worden.

Der Verteidiger des Elftangeklagten, Oliver Arpad Szep, ersuchte um eine bedingte Strafe für seinen Mandanten. Dem Beschuldigten wird laut Anklage organisierte, gewerbsmäßige Schlepperei mit dem Ziel der Bereicherung unter besonders grausamen Umständen vorgeworfen. Sein Mandant sei sich über seine Rolle in der Organisation nicht im Klaren gewesen und habe sich selbst als „kleines Staubkorn“ bezeichnet. Als Chauffeur habe er weder von der Anzahl der Insassen noch über den Zustand der Fahrzeuge Kenntnis gehabt. Er habe auch keinerlei Grausamkeit ausgeübt. Der Verteidiger ersuchte das Gericht bei den Urteilsfindungen, „je nach Schwere der Tat zu differenzieren“.

Die Verteidigerin des 13. Angeklagten, Eva Bajim, erinnerte daran, dass ihr Mandant aufgrund von Drohungen des Zweitangeklagten an der Schlepperei teilnahm. Als er nach einer Begleitfahrt erkannt hatte, dass es sich um illegalen Menschenschmuggel handelt, wollte er aussteigen. Der Zweitangeklagte habe ihn geschlagen und mit Folgen für seine Familie gedroht, wenn er sich weigere. Der Bulgare machte als Chauffeur noch eine Schlepperfahrt und kehrte in seine Heimat zurück, wo er 2017 verhaftet wurde.

Verteidigerin: „Hätten warten können“

Die Verteidigerin ging noch hinsichtlich ummenschlicher Umstände der Schleppungen auf die Flüchtlinge ein, die „nicht verpflichtet waren, in so hoher Anzahl in ein Fahrzeug einzusteigen. Sie hätten auch auf den nächsten Transport warten können“. Baji, die auch als Verteidigerin des 14. Angeklagten auftritt, der noch flüchtig ist, ersuchte um eine bedingte Haftstrafe. Die Mitgliedschaft ihres Mandanten in der Schlepperorganisation sei nicht nachweisbar.

Die Menschenschmuggler hatten das Fahrzeug mit den 71 Leichen an der Ostautobahn (A4) im Burgenland zurückgelassen. Die Flüchtlinge, unter ihnen vier Kinder, sind allerdings noch auf ungarischem Staatsgebiet verstorben. Daher wird seit einem Jahr in Kecskemet gegen die mutmaßlichen Schlepper verhandelt. Ein Urteil ist für Donnerstag geplant.

Abbau von Laienrichtern in Ungarn steht bevor

Beim A4-Prozess in Kecskemet gibt es neben dem Richter zwei Laienrichter als Beisitzer. Ein solches Bild wird ab 1. Juli in ungarischen Gerichten kaum noch zu sehen sein. Denn ein neues Gesetz für die Beteiligung der Beisitzer an der Urteilsfindung beschränkt deren Einsatz. Die Laienrichter sollen nun nur noch bei Prozessen gegen Minderjährige und bei Militärprozessen zum Einsatz kommen.

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