100 Jahre Kurbad Tatzmannsdorf AG

Die Kurbad Tatzmannsdorf AG gehört seit 100 Jahren zu den wichtigsten Betrieben des Landes. Begonnen hat alles 1918, als einige Geschäftsleute die Erneuerung des Heilbades finanzierten.

Seit 400 Jahren kommen Kurgäste nach Bad Tatzmannsdorf. Einen ganz wichtigen Impuls für die positive Entwicklung gab es vor 100 Jahren. Der Plan war, dass Bad Tatzmannsdorf eine ernsthafte Konkurrenz für Nobelkurorte wie Franzensbad werden soll. Die Investoren waren erfolgreich, wurden 1938 aber enteignet, weil die meisten von ihnen Juden waren. Seither ist die Kurbad AG in staatlicher Hand.

100 Jahre Kurbad AG Bad Tatzmannsdorf, 

Rudolf Luipersbeck, ehem. Direktor Kurbad AG
und  Helmut Sillner Leiter Kurmuseum

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Helmut Sillner und Rudolf Luipersbeck im Kurmuseum

Zwei Lokalhistoriker haben die Gründung der Kurbad Tatzmannsdorf AG erforscht. Im Kurmuseum sind dazu Fotos, Dokumente und Wertpapiere ausgestellt. 1918 verkauften die Batthyanys, die bis dahin Eigentümer der Kurbetriebe waren, diese an jüdische Kaufleute aus Szombathely in Ungarn.

Pionierarbeit in schwierigen Zeiten

„Das waren vier oder fünf Leute, die über eine Aktiengesellschaft Investoren suchten. Sie legten Aktien auf und gewannen auch Leute aus der Region, die Geld hatten“, erklärt Rudolf Luipersbeck, ehemaliger Direktor der Kurbad AG. „Es war damals eine sehr komplizierte und schwierige Zeit. Bleibt dieser Teil bei Ungarn oder bei Österreich? Aber sie haben es sehr gut und pionierhaft gemacht“, analysiert Luipersbeck.

100 Jahre Kurbad AG Bad Tatzmannsdorf

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100 Jahre Kurbad AG Bad Tatzmannsdorf

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Die Geldgeber investierten in den Bau von Infrastruktur

Die Geldgeber, ein Kreis von rund 15 Investoren, finanzierten den Bau von Hotels, Restaurants und Villen. Tatzmannsdorf sollte auf Ganzjahresbetrieb umstellen, nach dem Vorbild von Nobelkurorten wie Franzensbad. Die Zahl der Nächtigungen stieg kontinuierlich. Sehr hilfreich war der Ausbau der Bahnverbindungen. Gäste aus Wien kamen mit dem „Fliegenden Tatzmannsdorfer“.

100 Jahre Kurbad AG Bad Tatzmannsdorf

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„Das war ein Triebwagenschnellzug von Wien-Südbahnhof nach Bad Tatzmannsdorf. Da wurden Kurgäste aus Wien hierhergebracht, die waren damals - und sind heute noch - hauptsächlich unsere Gäste“, erklärt Helmut Sillner, Leiter des Kurmuseums. Auch viele Tagesbesucher sind damit nach Bad Tatzmannsdorf gekommen.

Antisemitismus wurde immer stärker

Der Kurbetrieb entwickelte sich prächtig, bis der Antisemitismus immer stärker wurde. „Anfang der 1930er-Jahre wurde publiziert, dass das jüdischen Kaufleuten gehört. Es war dann eigentlich verpöhnt, in jüdische Heilbäder zu gehen“, so Luipersbeck. 1938 wurden die jüdischen Aktionäre enteigent, die Kurbad AG verstaatlicht. Sie ist bis heute in öffentlicher Hand.