Bus-Haltestelle vor Caritas Haus
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Chronik

Haltestelle für Demenzkranke

Seit drei Jahren hat das Altenwohn- und Pflegeheim Haus St. Martin eine Bushaltestelle. Das scheint nichts Besonderes zu sein, doch ein Bus ist dort weder angekommen noch abgefahren. Das klingt skurril, ist es aber nicht, denn die Haltestelle ohne Bus ist Teil einer Therapie für Demenzkranke.

Von dem Pflegeheim bis zur Haltestelle sind es nur wenige Meter. Und immer wieder suchen die Bewohner des Altenwohn- und Pflegeheims Haus St. Martin die Bushaltestelle auf – vor allem jene die an Demenz leiden. Sie haben vieles vergessen, nicht aber das Zuhause. Dorthin wollen viele Demenzkranke zurück – ihr Weg führt sie zur Haltestelle.

Symbol für: „Ich gehe nach Hause“

„Diese Bushaltestelle ist ein Symbol für: ‚Ich gehe nach Hause‘. Die Leute setzen sich dort hin und wir holen sie dann genau dort ab, wo sie sind, plaudern mit ihnen, reden über die Vergangenheit und so fühlen sich diese Menschen verstanden und ernst genommen. Dann ergibt es sich eigentlich ganz von selbst, dass man gemeinsam wieder ins Haus St. Martin geht“, so Ulrike Kempf, Sprecherin der Caritas Burgenland.

Bushaltestelle Caritas Haus Eisenstadt
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Menschen, die nach Hause wollen, werden abgeholt

Form der Therapie

Das Haus St. Martin betreut derzeit 93 Menschen – es gibt die verschiedensten Therapieformen – neben einem Therapiehund ist auch die Haltestelle ohne Bus eine Form der Therapie. Wer bei der Haltestelle Platz nimmt, will weg, nach Hause, und wird abgeholt.

„Dass man nach Hause will, das ist eben ein Symbol dafür, dass eines der Grundbedürfnisse der Menschen nicht erfüllt ist, dass sich der Mensch nicht verstanden oder wahrgenommen fühlt. In dem Moment, in dem der Mensch diese Liebe wieder spürt, ist er meistens wieder bereit freiwillig zurückzukommen“, so Krassimira Ziegler, Betreuerin im Haus St. Martin.

Demenzkranke im Caritas Haus
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Das Haus St. Martin betreut derzeit 93 Menschen

Sendungshinweis

„Burgenland heute“, 27.11.2019

So ernst der Hintergrund der Haltestelle ohne Bus auch ist, zu Beginn gab es durchaus Grund zum Schmunzeln. „Als die Bushaltestelle ganz neu war, ist zeitgleich die neue Stadtbuslinie in Eisenstadt eingeführt worden und da ist der Buschauffeur hinein gekommen und hat höflich nachgefragt, ob er hinein fahren muss oder ob die Leute, die auf den bus warten auf die Straße kommen“, so Caritas Direktorin Edith Pinter.