Zeitzeugin Helene Schranz
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Chronik

„So etwas soll nicht mehr wiederkommen“

Helene Schranz aus Pinkafeld ist 99 Jahre alt. Als junge Frau erlebte sie die Schrecken des Zweiten Weltkrieg mit. Schranz sah, wie groß anfangs die Begeisterung über den Nationalsozialismus und den Kriegsausbruch war – und wie am Ende nur Elend und Trauer übrig blieben.

Heute lebt Helene Schranz im Diakoniezentrum in Pinkafeld. Schranz wurde 1920 geboren, zu einer Zeit, als das Burgenland noch bei Ungarn war. Den Zweiten Weltkrieg erlebte sie als Erwachsene mit – als Lehrerin, als Ehefrau und als Witwe.

Zeitzeugin Helene Schranz in den 1940er-Jahren
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Helene Schranz wurde 1920 geboren und musste den Zweiten Weltkrieges hautnah miterleben

Schranz wurde in den letzten Kriegsmonaten zum Waffendienst in Norddeutschland eingezogen. „Die Ausbildung war an der Flakwaffe und zwar an der 88-Kanone. Wir waren in einer Kaserne kaserniert und so wie die Soldaten angezogen. Wir haben auch die gleichen Befehle bekommen wie die Soldaten. Von Kind auf habe ich mich vor Waffen gefürchtet und hab dann diese Ausbildung bekommen. Gott sei Dank bin ich nicht mehr zum Einsatz gekommen“, so Schranz.

Sendungshinweis:

„Burgenland heute“, 02.09.2019, 19:00 Uhr

Bombenangriff auf Magdeburg überlebt

Auf der Rückfahrt überlebte sie in Magdeburg einen Luftangriff. „Da sind wir in den Bahnhof eingefahren. Dann wurde durchgesagt, dass der Zug sofort geräumt werden muss. Da mussten wir alle sofort den Zug verlassen und dann ist der blaue Himmel dunkel und schwarz geworden und dann sind die Bomben gefallen. Wir sind in einen Bombentrichter gesprungen und haben dort überlebt“, so Schranz.

Zeitzeugin Helene Schranz mit Reporter Matthias Schmelzer
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Helene Schranz im Gespräch mit ORF-Redakteur Matthias Schmelzer

Der Bombenangriff ereignete sich zu Ostern. An die Momente, als Schranz im Bombentrichter gesessen ist, kann sie sich gut erinnern: „Eine Helferin hat zu mir gesagt – lebst noch? Als es dann ein bisschen ruhiger war, haben wir raufgeschaut zu dem Kraterrand. Dort hat ein Veilchen geblüht. Das war wenigstens etwas Positives“, so Schranz.

Erinnerungen kommen bei jedem Gewitter zurück

Diese Erinnerungen prägten Frau Schranz. Sie erzählte auch vom Beginn des Krieges, wie vor allem unter den Jungen die Begeisterung für den Krieg groß gewesen sei. „Mein Bruder ist nach Hause gekommen, weil sein bester Freund sich freiwillig gemeldet hat. Er ist heimgekommen und hat zu meinem Vater gesagt, dass er sich auch melden wird. Da hat mein Vater gesagt: Du machst die Matura“, so Schranz. Später sei dann tatsächlich der Einberufungsbefehl per Brief gekommen. „Da war dann schon mehr Leid als Begeisterung“, so die 99-Jährige.

Zeitzeugin Helene Schranz – ihre Familie
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Die Familie von Helene Schranz: Ihr Bruder wollte sich freiwillig für den Krieg melden, der Vater ließ das allerdings nicht zu.

Während des Krieges wurde Helene Schranz Lehrerin und heiratete: „1941 haben wir geheiratet. Im Herbst, da waren wir erst zehn Tage zusammen. Dann ist mein Mann einberufen worden. Und 1942 ist er im April in Russland gefallen“, erzählte Schranz. Was ihr geblieben ist, ist die Furcht vor Gewittern. Wenn es donnert, ist sie wieder im Jahr 1945 im Bombentrichter in Magdeburg. „So etwas soll nicht mehr wiederkommen. Das ist der Wunsch. Da wundert man sich, was der Mensch alles aushält“, so Schranz.