Proporz ist abgeschafft

Seit Donnerstag um 13.15 Uhr ist das Proporzsystem im Burgenland Geschichte. Wie erwartet haben SPÖ, ÖVP und die Grünen für die Änderung der Landesverfassung gestimmt. FPÖ und Liste Burgenland stimmten wie angekündigt dagegen.

Seit Jahrzehnten wurde im Burgenland über die Abschaffung des Proporzes diskutiert - seit Donnerstag ist sie Realität. „Nicht das Bewahren hat das Burgenland nach vorne gebracht, sondern das Nachdenken, was wir besser machen können. Wir können heute auch stolz sein, dass wir eine sehr moderne Landesverfassung haben. Ich sage, eine Landesverfassung für das 21 Jahrhundert“, sagte Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ).

„Es gibt keine Verlierer und auch keine Gewinner. Es gibt nur einen Gewinner und das sind die Burgenländerinnen und Burgenländer. Daher dürfen wir auf dieses Verfassungspaket stolz sein“, sagte Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl (ÖVP) in Richtung Oppositionsparteien.

Verfassungsreform, Landtag

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„Historische“ Landtagssitzung

In der von SPÖ und ÖVP mehrfach als historisch eingestuften Sitzung, trat dann auch Landtagspräsident Gerhard Steier (SPÖ) ans Rednerpult. In den vergangenen 30 Jahren habe es in Bezug auf die Proporzsituation einige kritische Anmerkungen gegeben, gerade von der Opposition und gerade jetzt würde die Opposition sich nicht mit freuen, sondern gewisse Gegebenheiten kritisieren, so Steier.

Verfassungsreform, Landtag, Abstimmung

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Grüne: Für Reform, trotzdem Kritik

FPÖ, Grüne und Liste Burgenland waren sich auch am Donnerstag einig: Die Abschaffung des Proporzes ist zu begrüßen, dennoch gebe es zahlreiche negative Begleiterscheinungen, die vor allem die Rechte der Opposition einschränken würden.

Von den Oppositionsparteien stimmten am Donnerstag nur die Grünen für die Änderung der Landesverfassung. Dennoch sparte Wolfgang Spitzmüller nicht mit Kritik an dem Gesamtpaket. Denn wer Oppositionsrechte beschneiden würde, würde die Demokratie beschneiden, so Spitzmüller. Auch die Grünen stimmten der geänderten Geschäftsordnung nicht zu.

Verfassungsreform, Landtag, Abstimmung

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FPÖ und Liste Burgenland dagegen

Die Liste Burgenland und die FPÖ stimmten, wie angekündigt, gegen die Verfassungsreform. „Wir haben hier ein Paket liegen, wo die Oppositionsparteien sehr geschwächt werden. Ich behaupte, dass sich SPÖ und ÖVP aneinander gekettet haben. Wir werden nach der nächsten Wahl wieder Rot und Schwarz haben“, sagte FPÖ-Klubobmann Johann Tschürtz.

Manfred Kölly von der Liste Burgenland sprach sich für die in der Reform vorgesehene Verkleinerung des Landesregierung aus, kritisierte aber die Vorgangsweise. Kölly kritisierte vor allem die ÖVP, sie habe durchgesetzt, dass eine Klubstärke künftig erst ab drei Mandaten gegeben sei. „Ich muss dazu gratulieren, was die ÖVP erreicht hat. Denn der Landeshauptmann-Stellvertreter hat offenbar gesagt, was er haben möchte - und der Landeshauptmann ist dann in die Knie gegangen“, so Kölly.

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SPÖ und ÖVP: „Moderne Landesverfassung“

ÖVP-Klubobmann Rudolf Strommer konnte die Kritik der Opposition nicht nachvollziehen. „Ich habe mir gewünscht, nachdem wir so lange und intensiv verhandelt haben, dass das heute ein starker Tag für den Landtag werden könnte. Die Vorredner haben mir diese Illusion genommen“, so Strommer.

„Jetzt ist vieles im Burgenland passiert, was man als Paradigmenwechsel bezeichnen kann, weil sich das Burgenland zu einem modernen Bundesland entwickelt hat. Das Burgenland braucht auch eine moderne Landesverfassung“, sagte SPÖ-Klubomann Christian Illedits Donnerstagmittag.

Die gesamte Reform bringt mit der Abschaffung des Proporzes eine freie Koalitionsbildung in der Regierung. Diese wird auf fünf Mitglieder verkleinert, jedoch erst ab dem Jahr 2020. Ein zweiter Wahltag kommt, bei Vorzugsstimmenmandaten fällt die Prozenthürde, der Landesrechnungshof hat mehr Prüfkompetenz, ein Untersuchungsausschuss kann durch ein Viertel der Abgeordneten eingesetzt werden und für die Bildung eines Landtags-Klubs braucht man künftig mindestens drei Abgeordnete, bisher waren es zwei. Die neue Landesverfassung gilt ab Jänner. Die erweiterte Prüfkompetenz des Rechnungshofes, der dann alle Gemeinden prüfen darf, gilt ab 2016.

Kritik vom Team Stronach und NEOS

Das Team Stronach, nicht im Landtag vertreten, kritisierte die Verfassungsänderung. Dass die Landesregierung erst im Jahr 2020 verkleinert wird, beweise, dass sich SPÖ und ÖVP nur Posten sichern wollen, so Nationalratsabgeordneter Rouven Ertlschweiger.

Die NEOS im Burgenland, derzeit auch nicht im Landtag vertreten, unterstützen das Ende des Proporzes. Gleichzeitig kritisieren sie die Verfassungsänderung: Direkte Demokratie als Grundsatz fehle in der Verfassung, außerdem mangle es an Bürgerbeteiligung und Transparenz, so NEOS-Landessprecher Christian Schreiter.

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