Zeitreise: Die vergessene Waldbahn

Vor 170 Jahren ist im heutigen Burgenland die erste Eisenbahn gefahren. 60 Jahre später wurde auch Neuberg (Bezirk Güssing) an das längst vergangene Schienennetz angebunden. Der Ortschronist hat sich nun auf Spurensuche begeben.

Die erste Eisenbahn auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes fuhr zwischen Wiener Neustadt und Ödenburg. 60 Jahre später, also vor mehr als 100 Jahren, verkehrte die Schmalspurbahn zwischen dem damaligen Bahnhof Güssing, der heute ein Privathaus ist, und Neuberg.

Waldbahn in Neuberg

privat

Die Schmalspurbahn im Bahnhof Güssing

Die 14 Kilometer lange Waldbahn führte durch das Stremtal und zweigte im Raum Sankt Michael Richtung Neuberg ab. Die Gegend war damals waldreich. Neuberg war von großen Laubwäldern umgeben.

Waldbahn in Neuberg

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Ortschronist Karl Knor aus Neuberg

Gemeinden waren skeptisch

Die erste Trassenbegehung fand 1911 statt, erzählte Karl Knor, der Ortschronist von Neuberg. „Die Gemeinden waren nicht unbedingt erfreut darüber, dass hier eine Eisenbahnlinie entstehen soll. Man hatte Angst, dass die örtlichen Fuhrleute kein Geschäft mehr machen würden, beziehungsweise wollte man eine Bahnverbindung Richtung Stegersbach haben und sah diese dadurch auch gefährdet“, so Knor.

Im April 1912 kam dann die Bewilligung für den Bau der Bahn. Die Finanzierung erfolgte über die ungarische Kohlenbergwerksgesellschaft.

Waldbahn in Neuberg

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1912 wurde der Bau der Schmalspurbahn bewilligt

Grubenholz für den Bergbau

Der Bau der Bahn ging zügig voran. Bereits 1913 wurde der Betrieb aufgenommen. Transportiert wurde auf der Neuberger Waldbahn vor allem Grubenholz für den Bergbau. „Die Waggons wurden mit einer Dampflokomotive des Typs RH 220 gezogen. Es wurden Spantenwagen verwendet - es war eine Schmalspurbahn.“ Die Spurbreite der Bahn betrug 760 Millimeter.

Waldbahn in Neuberg

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Der Bau der Bahn ging zügig voran, sodass schon 1913 der Betrieb aufgenommen werden konnte

Der Vorteil der Schmalspurbahn war einerseits die günstigere Finanzierung. Andererseits ersparte man sich bei der schmalen Bahn den befestigten Unterbau. So konnte man die Schienen auch leicht wieder abmontieren und neue Zufahrtswege erschließen - immer zu den Schlägerungsplätzen, wo im Wald gerade gearbeitet wurde, so Knor.

Waldbahn in Neuberg

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Auf der Schmalspurbahn wurde Grubenholz für den Bergbau transportiert

Berichte über tödlichen Unfall

Die ehemaligen Bahntrassen im Neuberger Wald werden heute als Forststraßen genutzt. Die Chronik berichtet auch über einen tödlichen Unfall auf der Strecke. Am 11. Dezember 1912 kam es beim Transport von Langstämmen Richtung Güssing im Bereich zwischen Neuberg und Sankt Michael zu einem Achsbruch. „Ein Tagelöhner kam dabei zu Tode, sein Name war Jandrasits“, erzählte Knor.

Waldbahn in Neuberg

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Ein Tagelöhner namens Jandrasits kam bei einem Unfall zu Tode

Gras und Gestrüpp - das Ende der Bahn

Mit dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich im Jahr 1921 war auch das Ende der Waldbahn Güssing - Neuberg besiegelt. Die Gleise wurden abgebaut und über die Trasse wuchs Gras und Gestrüpp.

(Sendungshinweis: „Burgenland heute“, 17.6.2017)