Im Buch: Jüdisches Leben in Oberwart
Im Eisenstädter Landesarchiv hat Historikerin Ursula Mindler in den Beständen des Jüdischen Zentralarchivs geforscht. Das Aufarbeiten der Geschichte der Juden von Oberwart war zeitintensive Pionierleistung, denn es gibt kaum Forschungen zu diesem Thema.
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Wirtschaftlicher Aufschwung in Oberwart
Erst 1868 bildete sich in Oberwart eine jüdische Gemeinde. Das sei mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Oberwarts und dem Niedergang von Stadtschlaining im Laufe des 19. Jahrhunderts zu erklären, sagt die Historikerin Ursula Mindler.
„Weil es in Schlaining unter anderem keine gute Verkehrsanbindung gab. Die Eisenbahn fuhr in Oberwart, der wirtschaftliche Aufschwung passierte in Oberwart, Leute siedelten sich an - nicht nur Jüdinnen und Juden und es gründete sich eben unter eine Filialgemeinde der Israelitischen Kultusgemeinde von Stadtschlaining“, so Ursula Mindler.
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Offenes und kreatives Vereinsleben
Die Jüdinnen und Juden siedelten sich in der Innenstadt Oberwarts an - es gab kein separates jüdisches Viertel. Das Vereinsleben sei sehr aktiv, offen und kreativ gewesen.
Und auch Nichtjüdinnen und -juden haben an jüdischen Veranstaltungen teilnahmen, es gab einen gegenseitigen Austausch und ein gesellschaftliches Zusammenleben, was aber nicht heißt, dass es nicht auch einen Antisemitismus gab", erzählt die Historikerin.
Viele Opfer der Shoah
Die jüdische Bevölkerung verwendete im Alltag anscheinend kein Jiddisch, man sprach ungarisch und deutsch - je nachdem, wo man wohnte. 1938 zählte die Gemeinde um die 200 Personen.
„In Oberwart haben bei weitem nicht so viele überlebt, wovon man ursprünglich ausgegangen ist. Es sind sehr wohl auch Opfer der Shoah zu verzeichnen und es ist nicht jedem die Flucht in die Emigration gelungen“, so Ursula Mindler.
Sendungshinweis
„Burgenland heute“, 17.12.2011
Nach dem Holocaust kehren nur wenige Jüdinnen und Juden nach Oberwart zurück - die meisten emigrieren danach weiter. Heute ist in der ehemaligen Synagoge die Zentralmusikschule untergebracht. Allein der Israelitische Friedhof bleibt als sichtbares Zeichen der jüdischen Vergangenheit.
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Nicht dem Vergessen preisgeben
Ursula Mindler will mit ihrem Buch die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Oberwart erzählen, um sie nicht ganz dem Vergessen preiszugeben. Das Buch „Grenz-Setzungen im Zusammenleben. Verortungen jüdischer Geschichte in der ungarischen/österreichischen Provinz am Beispiel Oberwart/Felsőőr“ ist im Studienverlag erschienen.