Chili: Für Gegrilltes und die Gesundheit

Der Sommer und vor allem die Grillzeit führen dazu, dass Scharfes auf den Teller kommt. Besonders der Chili ist in den letzten Jahren sehr populär geworden und auch eher milde Kost gewöhnte Österreicher beginnen, Kochen mit Chili zu genießen.

Schon vor 7.000 Jahren sollen Chilis im Tal von Mexiko angebaut worden sein. Der Name Chili ist dem Nahuàtl (der Nachfolgesprache des alten Aztekisch) entlehnt, in dem der Pflanzennahme chilli angeblich von einer Wurzel mit der Bedeutung rot abgeleitet ist. Als Columbus erstmals in der Karibik mit diesem Gewürz Bekanntschaft machte, überlieferte er den lokalen Namen aji, der aus der Arawak- Sprache stammt.

Auch heute noch werden Chilis in Mexiko als aji bezeichnet, wobei dieser Name meist Kultivaren der Art Capsicum baccatum vorbehalten bleibt. Columbus brachte die Chilischoten nach Europa. Damit begann eine lange Reise der Capsicum- Gewächse durch die Küchen der ganzen Welt. Vor allem die Portugiesen brachten die Pflanzen mit nach Indien, Asien und Afrika.

Überall auf der Welt gibt es nun auch lokale Sorten, berühmt für ihre Chili- Schärfe ist die Thai- Küche. Auch in Indonesien sind scharfe Chili- Saucen sehr beliebt und in China ist es vor allem die Sichuan- Küche, die erstaunliche Mengen von Chilis verwendet. Die mexikanische Küche verwendet Chilis vielfältiger als jede andere Küche der Welt

Chili oder Paprika

Durch die Türkenkriege kamen Capsicum- Pflanzen nach Ungarn, wo man schon früh vor allem in der Gegend von Kalocsa diese in großflächigem Ausmaß zu kultivieren begann. Der ungarische Gewürz- Paprika wird vor allem aus Capsicum annuum – Arten hergestellt. Bei uns kennt man auch die besonders scharfen Pfefferoni. Das Wort Paprika ist übrigens abgeleitet vom serbischen papàr, dem Namen für Pfeffer. Gemahlenes Chilipulver kommt meist als Cayennepfeffer in den Handel. Cayan stammt aus der Tupi- Sprache (ein Indianerstamm in Brasilien) und Cayenne ist heute der Name der Hauptstadt von Französisch Guayana.

Chili

Miriam Wiegele

Eine Chili-Pflanze in voller Pracht

Chili – Schärfe

Von Chilis kann man einen scharfen und beißenden Geschmack erwarten. Wenn man sich aber an ihr Feuer gewöhnt hat, wird man überrascht sein, wie viele unterschiedliche zusätzliche Geschmacksrichtungen sie zeigen können: fruchtig, süß, blumig, erdig und sogar rauchig. Die Schärfe von Chilis wird in Scoville- Einheiten gemessen. Benannt ist diese Skala nach dem Apotheker Wilbur Scoville. Sie gibt an, wie stark ein Chili mit Wasser verdünnt werden muss, damit er gerade noch scharf schmeckt.

Heute bestimmt man die Schärfe mittels HPLC (high performance liquid chromatography), deren Resultate sich mit der traditionellen Scoville- Skala grob korrelieren lassen: Demnach entsprechen 15 Scoville- Einheiten einem ppm an Capsaicin, dem wichtigsten Inhaltsstoff der Capsicum- Arten, plus Capsaicinoiden, wie die Gesamtheit der weiteren verwandten Verbindungen in Chilis bezeichnet wird. Die schärfsten Chili- Kultivare bringen es auf 200 000 bis 300 000 Scoville- Einheiten. Der Bih Jolokia (auch Naga Jolokia) wurde in Nordindien gefunden und könnte zum schärfsten Chili werden( 1 Million Scoville- Einheiten), wenn sich die Untersuchungen bestätigen,

Scharfes schmecken

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Vormittag“, 28.7.15

Auch wenn es uns so vorkommt, als ob Nahrungsmittel scharf „schmecken“, wird die Schärfeempfindung nicht durch unseren Geschmackssinn erzeugt. Neben den Rezeptoren für süß, sauer, salzig und zuletzt am Zungenhintergrund für bitter existiert noch ein „trigeminales Nervensystem“, ein Flechtwerk von Sensoren, die im Bereich von Kopf und Gesicht, vor allem aber im Mund und in der Nase angesiedelt sind. Dieses Nervensystem bildet eine Art von Alarmanlage, das uns Gefahren wie Hitze, Kälte, Schmerz oder aggressive Gase spüren lässt.

Die Scharfstoffe in den Gewürzen sind ebenfalls in der Lage, diese Sensoren zu stimulieren. Besonders stark wirksam ist das Capsaicin aus Chilis oder das Piperin aus dem Pfeffer. Die scharfen Senföle im Kren sind flüchtig und steigen daher unter ätzenden Empfindungen in die Nase hoch. Was wir als scharf empfinden, ist daher eigentlich so etwas wie ein Schmerzeindruck. Wie in allen Stresssituationen reagiert der Organismus darauf, indem er körpereigene Opiate ausschüttet, die sogenannten Endorphine (d.h. endogen, im Körper gebildete Morphine). Genau wie Morphin erzeugen diese Stoffe über die Schmerzregulation hinaus ein Gefühl von Glück und Zufriedenheit.

Scharfes Essen erzeugt daher ein euphorisches Gefühl. Bekannt ist diese Endorphinausschüttung übrigens auch vom Joggen: körperliche Höchstleistungen versetzen den Jogger in den Zustand des „Runner´s High“. Das macht verständlich, warum es Leute gibt, die vom Laufen nicht loskommen, aber auch, warum manche Menschen fast süchtig nach scharfem Essen sind. Eine erfolgreiche amerikanische Chilisauce trägt den Namen „Endorphin Rush“!

Wer ist „scharfsinnig“

Wenn scharfes Essen solche Lustgefühle erzeugen kann, stellt sich die Frage, warum es in so vielen Küchen dieser Welt eher reizlos zugeht. Unsere traditionelle österreichische Küche verwendet primär süßes Paprikapulver und nur wenige Scharfmacher wie Kren und Knoblauch. Die Lust an „scharfen Sachen“ ist noch jung und erst durch die Globalisierung der Lokalszene vor allem über asiatische oder mexikanische Restaurants zu uns gekommen. Eine Erklärung könnte darin bestehen, dass manche Menschen scharfe Reize aufgrund genetischer Besonderheiten als besonders angenehm erleben.

Menschen mit einer extremen Sensibilität für die Bittersubstanz PROP (Propylthiouracil) finden auch Chili extrem beißend. Vielleicht sind in Kulturen mit einem hohen Konsum an scharfen Gewürzen viele Menschen durch eine PROP-Blindheit gegen den brennenden Schmerz immun. Immerhin weisen 43 Prozent aller Inder diese Wahrnehmungslücke auf, aber nur 7 Prozent der kulinarisch Mildes gewohnten Japaner. Es besteht aber die Möglichkeit, dass Menschen durch eine Art unbewusster Konditionierung lernen, dass der Konsum scharfer Speisen angenehme Folgen für den Körper hat. Es wäre also durchaus möglich, dass auch die Österreicher „Scharfsinn“ entwickeln.

Scharf entschärft Kalorien

Viele Menschen müssen ihre kulinarischen Vorlieben in Form von Speckpolstern und erhöhten Cholesterinwerten bezahlen. Fette Kalorienbomben lassen sich aber zum Teil entschärfen, wenn sie mit Chili, Pfeffer und Co. gewürzt sind. Fette tragen von allen Nahrungsmitteln am stärksten zur Entstehung von Übergewicht bei, da sie den höchsten Gehalt an Kalorien besitzen. Es gibt aber noch einen anderen Faktor- nach fettem Essen bleibt die „ nahrungsinduzierte Thermogenese“, die durch Essen angeregte Wärmebildung aus.

Nach Mahlzeiten mit hohem Kohlehydratanteil wird der Organismus zur Verbrennung der Kalorien angeregt. Scharfe Gewürze erzeugen nicht nur subjektiv das Gefühl von innerer Hitze, sondern heizen tatsächlich die Thermogenese an, vermutlich deshalb, weil sie den Sympathikus, den aufputschenden Teil des vegetativen Nervensystems anregen. Manche Ernährungsphysiologen empfehlen daher, überschüssige Fettkalorien durch scharfe Gewürze in Flammen aufgehen zu lassen.

Wie löscht man das Feuer?

Im Gegensatz zum Geschmack registrieren wir Schärfe zeitlich verzögert, dafür länger anhaltend. Da also die Schärfe nicht mit sofortiger Wirkung eintritt, kann man sich im Übermut leicht verkalkulieren und erntet dann ein höllisches Feuer im Leib. Viele Hausmittel werden dagegen empfohlen, doch die wenigsten sind wirksam. Feuer kann man mit Wasser löschen, die meisten Scharfstoffe, vor allem das Capsaicin in Chilis sind lipophil, also fettlöslich. Daher hilft Trinken nicht, wenn man Scharfes gegessen hat. Doch auch Fett hilft nicht, wie amerikanische Forscher feststellten, die Löschversuche mit Butter unternahmen. Milch und vor allem Yoghurt helfen konkret, die Glut zu löschen, was die Inder schon lange nutzen, wenn sie scharfe Currys mit Joghurt zubereiten.

Die Forscher glauben, dass das Milcheiweiß Kasein als Lösungsmittel wirkt und das Capsaicin von den Rezeptoren wegspült. Auch die Gabe einer Zuckerlösung brachte unvorsichtigen Feuerschluckern Erleichterung. Das macht zwar stutzig, weil Scharfes die Wahrnehmungsfähigkeit für Süßes hemmt. In Thailand mit seinen extrem scharfen Speisen reicht man aber gerne zum Essen eine kleine Schale mit Zucker.

Schlechte Aussichten für Bakterien

Viele Gewürze besitzen antibakterielle Eigenschaften und können auch Pilze im Wachstum hemmen. Auch Zimt, Gewürznelken, Oregano und Thymian können Bakterien in Schach halten. Chili, Pfeffer, aber vor allem Knoblauch und Zwiebeln zeiten besondere Wirkung gegen Bakterien. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in Ländern, deren Klima das Bakterienwachstum begünstigt, scharf gekocht wird. Doch auch in unseren Breitegraden kann es vor allem jetzt weg im Winter sinnvoll sein, mit scharfen Gewürzen und Gerichten potentielle Krankheitserreger zu bekämpfen.

Schärfe als Medizin

In vielen Kulturen wird brennende Schärfe für diverse heilende Zwecke eingesetzt. Die Palette reicht von Hautkrankheiten über Wurmbefall, Kopfschmerz und Racheninfektionen bis hin zu Hämorrhoiden. Einige dieser Jahrtausende alten Indikationen haben sich heute wissenschaftlich bestätigen lassen. So leistet Capsaicin bei der Behandlung rheumatischer Schmerzen in Form von Pflastern hervorragende Dienste. Auch auf die Schleimhäute hat Chili überraschend positive Wirkungen.

Eigentlich könnte man denken, dass eine Substanz, die wie Feuer brennt, im Magen nur schädliche Dinge tut. Doch Untersuchungen zeigten, dass bei Versuchspersonen, die prophylaktisch 20g Chili zu sich nahmen, weniger Beeinträchtigung durch Salicylsäure auf die Magenschleimhaut zeigten. Sogar bei Cluster- Kopfschmerz, einer besonders schweren Form der Migräne, kann chiligeschärftes Essen helfen.

Dass scharfe Gewürze sich positiv auf die Verdauung auswirken ist da schon weniger überraschend. Scharfstoffe beschleunigen die Transportgeschwindigkeit der Nahrung durch den Magen-Darm-Trakt. Sie beeinflussen die Muskelaktivität und Durchblutung im Verdauungstrakt und regen die Tätigkeit der Verdauungsenzyme an.

Der scharfe Geschmack

Aus Sicht der TCM öffnet der scharfe Geschmack, macht durchgängig und löst Stagnation auf. Der scharfe Geschmack spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Erkältungserkrankungen. Sobald Kälte in den Körper eindringt, verschließt sie die Poren. Um die innere Kälte zu vertreiben, müssen die Poren geöffnet werden, was durch Schwitzen erreicht wird.

Scharf wirkt schweißtreibend und innerlich erhitzend. Ingwertee oder ein leichtes Essen, ordentlich mit Chili gewürzt sind daher die richtigen Mittel, wenn man merkt, dass eine Erkältung im Anzug ist. Aus dieser Sicht sind auch unsere alten Hausmittel wie Zwiebel- oder Rettichsaft mit Honig bei Erkältungen sehr zu empfehlen.

Wer sollte nicht scharf essen?

Nicht jeder Mensch mag zum Feuerschlucker werden. Menschen mit empfindlichem Magen und Magenschleimhautproblemen reagieren auf Schärfe mit Schmerzen. Vor allem, wer unter Sodbrennen leidet, sollte nur moderat würzen. Die günstige Wirkung auf die Magenschleimhaut lässt sich auch erzielen, wenn man auf Gewürze wie Pfeffer, Paprika oder Ingwer nicht verzichtet, sondern in geringen Mengen damit würzt.