Die Heilkraft des „Heidenmehls“

Heiden- oder Tatarenkorn nannte man den Buchweizen, weil ihn angeblich „heidnische“ Völker aus dem Osten zu uns brachten. Heute wird bei uns kaum mehr mit „Heidenmehl“ gekocht. Miriam Wiegele über das „vergessene“ Mehl und seine Heilkraft.

Der Buchweizen gehört nicht zu den Gräsern, wie die eigentlichen Getreide. Er ist ein Knöterichgewächs, dem Sauerampfer und Rhabarber botanisch verwandt. Er hat rosa- weiße Blüten und wird bis zu 60 cm hoch. Seinen Namen bekam er, weil die kleinen, braunen, dreikantigen Samen (eigentlich Früchte) an Bucheckern erinnern.

Buchweizen ist anspruchslos und trägt in ca. zwölf Wochen seine Früchte. Er wird bisweilen zweimal jährlich ausgesät und geerntet und gilt nicht nur als besonders widerstandsfähig gegen Krankheiten, er wächst auch ohne Dünger. In frisch kunstgedüngten Böden gedeiht er gar nicht gut und liefert nur Blätter, aber keine Früchte. Bei uns wurde Buchweizen auf Grund seiner schnellen Vegetationszeit früher als Nachfrucht nach dem Wintergetreide angebaut.

Die Inhaltsstoffe des Buchweizens

Buchweizen enthält 72% Kohlenhydrate, 17% Fett und 9,8% Eiweiß. Das Besondere am Buchweizen ist, dass er kein Klebereiweiß enthält, also glutenfrei ist. Deshalb eignet er sich auch weniger zum (Brot)Backen, mehr zum Kochen, aber vor allem für Menschen mit Gluten- Unverträglichkeit (Zöliakie). Der Eiweißanteil ist besonders reich an essentiellen Aminosäuren wie Tryptophan, Lysin und Arginin, außerdem liefert Buchweizen viel Lezithin. Mineralstoffreich ist Buchweizen ebenfalls: reichlich Kalzium, Eisen, Kalium, Magnesium, Kieselsäure, dazu Vitamin B1, B2, B3 und noch viel Vitamin E.

Buchweizen, ein „gesundes“ Getreide

Das Lysin ebenso wie das Lezithin sind wichtige Gehirn- und Nervennahrung und bessern die Lernfähigkeit. Tryptophan sorgt für guten Schlaf. 70% der Fettsäuren sind ungesättigt und herzfreundlich. Buchweizen wird gerne zur Vorbeugung gegen Arthrosen empfohlen. Weil er gekocht als Brei oder Suppe leicht verdaulich ist, ist er auch als Krankenkost geeignet. Bei Durchfall wirkt er leicht stopfend. In der Chinesischen Medizin gilt Buchweizen als „heißes“ Getreide, das stark Yang- betont ist. Das bedeutet, dass er vor allem im Winter, wenn es kalt ist, dem Körper warme, sprich Yang- Energie spendet.

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Vormittag“, 19.5.2015

Buchweizenblätter, ein konkretes Heilmittel

Konkret als Heilmittel verwendet werden in der Kräuterheilkunde die Blätter des Buchweizens. Sie enthalten hauptsächlich ein Flavonoid namens Rutin, das ganz besonders zur Behandlung von Gefäßveränderungen und zur Erhaltung des Gefäßsystems geeignet ist. Venenschwäche, Krampfadern, Ödeme und Durchblutungsstörungen sprechen auf eine Behandlung mit Buchweizenblättern (z.B. als Fagorutin- Tee) sehr gut an. Eine Sofortwirkung ist natürlich nicht zu erwarten, doch bei 2 bis 3-monatiger Einnahme des Tees können deutlich spürbare Besserungen von Venenbeschwerden eintreten.

Buchweizen in der Küche

Wie schon erwähnt, eignet sich Heidenmehl, auf heanzisch „Haadenmehl“ ausgesprochen, primär zum Verkochen. Im mittleren und südlichen Burgenland und auch in der angrenzenden Steiermark wurde Heidenmehl reichlich verwendet: „Haadene Knedl“, „haadener Sterz“ und „haadene Nigl“ aß man fast täglich und gern in jedem Bauernhaus. Besonders beliebt war der Heidensterz, der als Frühstückssterz zu Milch oder zu Kaffee und zu einer Fleisch-, Einbrenn- oder einer sauren Suppe gegessen wurde. Heidensterz kann unterschiedlich zubereitet werden.

  • Heidensterz: Ca. 250 g Heidenmehl (man bekommt es ohne Probleme zu kaufen) in 1 l kochendes, gesalzenes Wasser schütten. der sich bildende Knödel wird darin 10 Minuten zugedeckt gekocht, dann umdrehen, durchstechen und weitere 10 Minuten kochen lassen. Das Wasser abgießen, aber warm halten, den Knödel ganz zerreißen und ausdünsten lassen .Dabei nach Notwendigkeit noch etwas von dem Kochwasser nachgießen. Über die gelockerte Masse heißes Schmalz (muss sein!) gießen, gut durchmischen und mit heißen Grammeln (sollte sein!) servieren. Wer es einfacher mag, kann den Sterz auch zubereiten, indem man das mahl lindet (ohne Fett im Topf heiß werden lassen), dann mit gesalzenem, kochenden Wasser übergießt, in Bröckel zerreißt und mit heißem Schmalz übergießt. Besonders gut schmeckt eine Schwammerlsuppe mit Rahm dazu.
  • Versuchen Sie auch einmal Suppenknödel mit Heidenmehl: 5 Semmeln, 100 g Speck, 100 g Heidenmehl, Salz. Semmeln würfeln, Speck rösten, mit den Semmelwürfeln und dem Heidenmehl vermengen. Salzen und mit heißem Wasser zu einem Knödelteig verarbeiten. Diese Knödel wurden traditionell in einer Selchsuppe serviert.
  • Heidenmehltorte: 18 dag Butter, 20 dag Zucker, 8 Eier, Schale und Saft von einer Zitrone, 20 dag Heidenmehl, 10 dag geriebene Mandeln, Preiselbeermarmelade. Butter, Zucker, Dotter, Schale und Zitronensaft flaumig rühren, Schnee und dann das Heidenmehl sowie die Mandeln sanft unterrühren. Im vorgeheizten Rohr bei mittlerer Hitze etwa eine dreiviertel Stunde backen. Erkaltet durchschneiden und mit Preiselbeermarmelade füllen. Mit Staubzucker bestreuen.
  • In Russland isst man Blinis mit Heidenmehl, das sind quasi Palatschinken mit Germteig: 1/8 lauwarmes Wasser, 1 Päckchen Trockenhefe, bisschen Zucker, 75 dag Heidenmehl, 300 dag Weizenmehl, ½ l lauwarme Milch, 3 Eier, Salz, 250 dag zerlassene Butter, ½ l Sauerrahm. Dampfl machen und gehen lassen. In eine große Schüssel 40g vom Heidenmehl und das Weizenmehl geben, Dampfl langsam unterrühren, etwas von der Milch dazu und kräftig schlagen, bis ein geschmeidiger Teig entsteht. 3 Stunden gehen lassen, dann das restliche Heidenmehl unterrühren und wieder kräftig schlagen. Wieder 2 Stunden gehen lassen. Dann die restliche Milch, 3 Eigelb, die zerlassenen Butter und 3 EL Sauerrahm darunter rühren, zum Schluss den Schnee von 3 Eiern unterziehen und noch einmal 30 Minuten gehen lassen. dann die Blinis wie Palatschinken herausbacken und mit Rahm gemischt mit Kaviar, geräuchertem Lachs oder in Streifen geschnittenen Bismarckheringen füllen (Tipp für das Aschermittwoch- Büffet!!)

In Russland kocht man auch den Buchweizen zu Kascha: 1 Tasse Buchweizensamen mit 2 Tassen Wasser aufkochen und langsam quellen lassen. Zwiebeln in Butter oder Öl andünsten, Champignons darin dünsten, mit dem gekochten Buchweizen vermischen und gut abschmecken.