Wenn Kinder nicht schlafen können

20 Prozent der Vorschulkinder und zehn Prozent der Schulkinder leiden unter Schlafproblemen. Kräuterexpertin Miriam Wiegele kennt viele Heilmittel aus der Kräuterapotheke, die helfen können.

Nach der Geburt muss der Hell-Dunkel-Rhythmus als Tagesrhythmus von den Kindern erst erlernt werden. Das dauert meist sechs Monate, weil das Schlafhormon Melatonin erst ab dem dritten Monat ausreichend produziert wird. Ähnlich wie beim Erwachsenen ist das Schlafbedürfnis von Kindern individuell sehr unterschiedlich.

Unterschiedliches Schlafbedürfnis

Bis fünf Monate alte Babys schlafen in der Regel 14 bis 16 Stunden am Tag, ab einem Jahr sind es 14 Stunden. Fünfjährige brauchen 11,5 Stunden Schlaf, Zehnjährige zehn Stunden. Diese Werte sind aber nur als Richtwerte zu betrachten. Vor allem bei Säuglingen gibt es sehr große Unterschiede, manche Kinder „schlafen sich groß“, andere haben dagegen weit weniger Schlafbedürfnis als ihre Eltern.

Im Rahmen der normalen Entwicklung pendelt sich das Schlafbedürfnis aber doch auf einen Mittelwert ein. Volksschulkinder sollten also neun bis elf Stunden pro Tag schlafen. Mehr Schlafzeit von ihnen einzufordern, führt zwangsläufig zu Konflikten und kann damit bereits erste Schlafstörungen bewirken.

Baby

ORF

Verhaltensbedingte Einschlafprobleme

In etwa 75 Prozent der Fälle sind Einschlafprobleme verhaltensbedingt. Das Schlafumfeld und das Verhalten der Eltern sind wichtige Faktoren. Bei kleinen Kindern reicht es schon, wenn das Kinderzimmer in der Nähe des Schlafzimmers der Eltern liegt, da viele Kinder sich nach dem Zubettgehen allein gelassen fühlen. Oft hilft es auch, die Tür des Kinderzimmers einen Spalt offen zu lassen.

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Vormittag“, 17.3.2015

Bei älteren Kindern ist sehr häufig eine Reizüberflutung die Ursache der Einschlafprobleme. Fernsehen oder Computerspiele können dazu führen, dass die Kinder überdreht sind. Besser wäre, auf geregelte Bettzeiten Wert zu legen, aber ohne Drohungen. Das Zubettgehen darf niemals als Strafe eingesetzt werden. Das Kind soll sich auf das Bett freuen und nicht das Gefühl haben, dass es ein Ort der Einsamkeit und des Ausgestoßenseins ist. „Gute Nacht“- Rituale wie „Gute Nacht“-Geschichten oder Märchen stärken die Eltern-Kind-Bindung und führen zu einem harmonischen Ausklingen des Tages.

Wann spricht man von Schlafstörungen?

Im Vorschulalter leiden zirka 20 Prozent der Kinder und im Schulalter zirka zehn Prozent unter Schlafstörungen, sei es beim Einschlafen oder Durchschlafen. Das Wachliegen oder Erwachen ist keine eigentliche Krankheit, sondern ein Symptom, dessen Ursache man ergründen sollte. Meist sind es psychische Ursachen wie Schulängste, Überreizung und Überforderung, aber auch familiäre Probleme.

Manchmal sind die Ursachen falsche Essgewohnheiten wie üppige Mahlzeiten am Abend oder anregende Getränke wie Eistee oder Cola. Ob Krankheiten hinter den Schlafstörungen stehen, sollte vom Arzt abgeklärt werden. Mögliche Ursachen für organische Schlafstörungen sind Polypen in der Nase und vergrößerte Mandeln. Auch Kinder mit Aufmerksamkeits-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden oft unter Schlafstörungen.

Symptome für Schlafstörungen

Kurz vor dem Einschlafen schaltet der Körper auf Sparflamme um. Die Körpertemperatur sinkt, Atmung und Puls werden langsamer und durch die Ausschüttung des Hormons Melatonin tritt der Tiefschlaf ein. Bei Kindern mit Schlafstörungen ist dieser Vorgang durcheinander geraten.

Kindliche Schlafstörungen zeigen sich meist durch verzögertes Einschlafen, aber auch Durchschlafstörungen, die mit Schlafwandeln, nächtlichem Aufschrecken und Albträumen verbunden sein können. Solche Symptome sollten ebenfalls medizinisch abgeklärt werden.

Schlafkräuter für Kinder

Grundsätzlich sind die Kräuter, die Kindern zu gutem Schlaf verhelfen können, dieselben wie die für Erwachsene. Man darf von Heilpflanzen keine Sofortwirkungen erwarten. Dank des großen Wirkstoffspektrums helfen sie auch, nervöse Unruhe am Tag oder Angstzustände zu lindern, was auch die Schlafbereitschaft des Kindes erheblich fördert.

Die Anwendung erfolgt je nach Pflanze optimal als Tee, als Sirup (wird von den Kindern besonders gerne angenommen), als Tinktur, als Schlafkissen oder in Form von Düften (ätherisches Öl), als Gemmomazerat und manchmal darf es auch ein Leckerli sein wie Kekse mit entspannenden Gewürzen.

Melisse

Miriam Wiegele

Melisse

Melisse:

Melissentee wirkt hervorragend bei Kindern, welche die Tagesereignisse zu sehr in sich aufnehmen, sie bis zum Abend kaum verarbeiten und deshalb lange zum Einschlafen brauchen. Melisse hilft auch bei nervös-seelischen Verkrampfungen und Bauchweh, die zu Einschlafstörungen führen. Melisse hat nämlich auch eine gute krampflösende Wirkung. Eine besonders entspannende und schlaffördernde Wirkung der Melisse wäre, sie als Badezusatz zu verwenden, da dann auch eine sehr starke Duftentwicklung zustande kommt.

Teezubereitung: 1 TL Melissenkraut/ 150 ml heißem Wasser übergießen, fünf Minuten ziehen lassen.

Melissensirup: Fünf Handvoll Melissenblätter, 1 l Wasser, 1 kg Zucker oder Honig, 2 Bio- Zitronen. Melissenblätter in eine verschließbares Glas einfüllen, mit Zucker und Wasser auffüllen. Schwenken oder rühren, bis der Zucker aufgelöst ist. Zitronen in Scheiben schneiden und dazu geben. Zugedeckt drei Tage lang stehen lassen, täglich schwenken. Anschließend absieben, kurz aufkochen und in Gläser abfüllen. Vor Gebrauch großzügig mit Wasser verdünnen.

Melissenbad: Baumwollsäckchen (am besten sind solche geeignet, die sich oben zuziehen lassen) mit Melissenblättern - am besten frisch - füllen, unter den Wasserhahn der Badewanne hängen und das heiße Wasser darüber rinnen lassen.

Tipp: Britische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das ätherische Öl der Melisse die Aktivität des Botenstoffes Acetylcholin im Gehirn stärkt, was sich günstig auf das Gedächtnis auswirken kann. Melisse fördert also das Lernen- eine wunderbare Pflanze für gestresste Schulkinder.

Lavendl:

Die blauvioletten Blüten sind sozusagen das Synonym für Entspannung. Lavendel hilft, geistig „zu klären“, sprich die vielen Eindrücke und Erkenntnisse des Tages zu ordnen. Gleichzeitig wirkt der Lavendel auch körperlich entspannend, was vor allem dann hilft, wenn die Kinder am Abend noch flott unterwegs sind. Lavendel hilft insgesamt auch bei Unruhezuständen und nervösen Bauchbeschwerden. Die Kraft des Lavendel kann man vielfältig nutzen.

Tee: 1 TL Blüten/150 ml heißes Wasser, im Aufguss zubereiten, nicht länger als fünf Minuten ziehen lassen, mit Honig gesüßt schmeckt der Tee besser. Der Tee enthält sehr viel Gerbstoffe und wäre gut geeignet bei Krampfzuständen im Bauchbereich. Besser ist es, einen Sirup nach dem Rezept des Melissensirups zu machen und den Kindern mit Wasser verdünnt zum Trinken zu geben.

Badezusatz: Baumwollsäckchen mit Blüten füllen, heißes Wasser darüber.

Schlafkissen: Einen Kissenbezug in der Größe eines Kopfposters mit getrockneten Lavendelblüten füllen (nicht zu dick). Man kann die Lavendelblüten auch mit Melissenblättern und etwas Hopfenzapfen mischen. Das duftend Kissen wird in Kopfnähe im Bett hingelegt.

Lavendelölauszug: Aus den Blüten kann man selber einen Ölauszug herstellen. Glas mit Blüten füllen, mit Mandelöl füllen, zwei Wochen an einem warmen Ort (nicht in der Sonne) ausziehen lassen, abfiltern. Eine abendliche Einreibung der Arme, Beine und des Rückens mit dem Öl wirkt nicht nur sehr entspannend, sondern bringt dem Kind auch besondere Zuwendung durch die Eltern.

Lavendelöl: Einfacher ist die Anwendung des reinen ätherischen Öls zum Einreiben (auf 50 ml Mandelöl 10 Tropfen ätherisches. Öl) oder als Badezusatz (pro Badewanne 5 Tropfen in etwas Milch emulgieren, dann zum Badewasser geben).

Passionsblume:

Bei länger anhaltenden Schlafstörungen, vor allem bei Durchschlafproblemen, kann es sinnvoll werden, Passionsblume zu verwenden. Die aus Amerika stammende Pflanze mit ihren beeindruckenden Blüten ist auch für Kinder geeignet. Sie wirkt schlaffördernd, krampf- und angstlösend und mild beruhigend. Anwendung als fertiges Präparat aus der Apotheke oder als Tee. Sinnvoll wäre es, in der Apotheke eine Teemischung herstellen zu lassen.

Beruhigungstee: Zu gleichen Teilen Melissenkraut, Lavendelblüten und Passionsblumenkraut mischen lassen. Zubereitung: 1 TL / mit 150 ml heißem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen.

Baldrian:

Die Baldrianwurzel riecht nicht nur eigenartig, die Kinder finden meistens auch den Geschmack des Tees unangenehm. Doch es gibt Situationen, wo man Kindern Baldrian geben sollte. Bei nervös bedingten Schlafstörungen, Lampenfieber, Prüfungsangst, nervösen Erschöpfungszuständen und Spannungszuständen hilft Baldrian eindrucksvoll. wie auch Studien zeigten.

Anwendung: Am besten in Form der „Baldriantropfen“/Tinctura valerianae), 15 bis 20 Tropfen am Abend mit Würfelzucker geben.

Lindenblüten:

Meist kennt man Lindenblüten nur als Tee gegen Grippe, doch die Linde „lindert“ auch Schlafstörungen. Der angenehm schmeckende Tee mit Honig gesüßt wirkt nicht direkt schlaffördernd, sondern hilft vor allem „zerfahrenen“ Kindern, die ständig überdreht sind, keinen Moment zur Ruhe kommen und nicht einschlafen können. Dieser Ratschlag stammt von dem französischen Kräuterexperten Maurice Messegue, der den Lindenblütentee vor allem mit Kamille vermischt empfahl.

Aus Frankreich stammt auch die Gemmotherapie, bei der die Knospen von Bäumen und Sträuchern verwendet werden. Verarbeitet werden sie zu Glycerinmazeraten und diese werden tropfenweise genommen. Kinder sind über den süßen Geschmack des Mazerates sicher nicht böse. Lindenknospenmazerat wirkt noch intensiver bei Schlafstörungen als der Tee aus den Blüten, vor allem hilft es auch besser durchzuschlafen.

Bei Schlafstörungen von hyperaktiven Kindern, in Verbindung mit Aggressionen, Ratlosigkeit, aber auch Ängsten, empfiehlt es sich, Feigenknospenmazerat zu verwenden. Beide - Lindenknospen und Feigenknospen - können auch gemischt verwendet werden.

Anwendung bei Kindern: Täglich zweimal fünf Tropfen (in Mischung 10 Tropfen) in Wasser geben und vor dem Essen trinken.

Kamille:

Die Kamille ist nicht nur ein gutes krampflösendes Heilkraut gegen Bauchweh, sondern hat auch eine beruhigende Wirkung und hilft vor allem besonders empfindlichen Kindern. Am besten bewährt haben sich die Kamillenblüten in Schlafteemischungen.

„Glückstee“ nach Messegue: Zu gleichen Teilen Lindenblüten und Kamillenblüten mischen, 1 TL mit 150 ml heißem Wasser im Aufguss zubereiten, zehn Minuten ziehen lassen.

Dill:

Dillsamen wirken nicht nur entblähend, sondern auch beruhigend. In Amerika nannte man sie „meeting seeds“, da sie zu einem ruhigen Ablauf von Veranstaltungen wie Gottesdiensten führten, wenn man den Tee vorher den Kindern gab. Die Volksmedizin empfiehlt, die Samen mit Milch zuzubereiten.

Tee: 1 TL frisch gequetschte Samen/1 Tasse heißes Wasser (oder Milch) im Aufguss zubereiten, fünf bis sieben Minuten ziehen lassen.

Anis:

Im Vergleich mit Dill hat Anis eher eine krampflösende Wirkung auf die Atemwege, ist also ein ausgezeichneter Hustentee für Kinder. Aber schon Plinius schrieb, dass Anis gut sei gegen „schwere Träume“. Wenn Kinder also in der Nacht aufwachen, weil sie Albträume haben, könnte man ihnen Aniskekse zum Knabbern vor dem Schlafengehen geben oder noch besser, einen Tee, bei dem Dill- und Anissamen gemischt werden.

Teezubereitung: Dill- und Anissamen zu gleichen Teilen mischen, zerquetschen, 1 TL mit 1 Tasse heißem Wasser übergießen, fünf bis sieben Minuten ziehen lassen.

Pomeranzen:

Verwendet werden in der Kräuterheilkunde die getrockneten Fruchtschalen zwar primär als appetitanregender, aber auch entkrampfender und mild beruhigender Tee. Die Schalen gibt es auch als Pomeranzetinktur in der Apotheke. Diese wird vor allem zur Geschmacksverbesserung zu anderen Tinkturen gemischt. Beispielsweise könnte man folgende Mischung in der Apotheke zusammenstellen lassen:

„Schlaftropfen“:

  • Baldriantinktur 30 ml
  • Pomeranzentinktur 10 ml
  • Passionsblumentinktur 20 l

Bei Einschlafschwierigkeiten kann man eine Stunde vor dem Schlafengehen 1 TL der Mixtur in Wasser nehmen.

Von der Pomeranze werden auch die Blüten verwendet, die auch als Orangenblüten angeboten werden. Man schreibt ihnen eine beruhigende Wirkung zu und mischt sie gerne zu Schlaftees, da sie der Mischung auch noch einen angenehmen Duft und Geschmack verleihen.

Kinderschlaftee:

  • Kamillenblüten 20 g
  • Lindenblüten 20 g
  • Dillfrüchte 10 g
  • Melissenblätter 20 g
  • Pomeranzenblüten 20 g

In der Apotheke mischen lassen, 1 TL/150 ml heißes Wasser, fünf Minuten ziehen lassen. Eine Tasse vor dem Schlafengehen.