Aromapflege für Ältere und Kranke

Im professionellen Pflegebereich wird immer mehr auf ätherische Öle zurückgegriffen. Auch wer die Angehörigen zu Hause pflegt, kann unterstützend Aromapflege anwenden, rät Gesundheitsexpertin Miriam Wiegele.

Unter Aromapflege versteht man den bewussten Einsatz von ätherischen Ölen in der Kranken- und Altenpflege. Im Unterschied zur Aromatherapie dient die Aromapflege primär dazu, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und ätherische Öle vor allem prophylaktisch einzusetzen.

Richtige Anwendung lernen

Ätherische Öle können, wenn sie nicht richtig angewendet oder dosiert werden, auch unangenehme und manchmal sogar schädliche Nebenwirkungen haben. Es wäre daher pflegenden Angehörigen zu empfehlen, einführende Kurse zu besuchen. Wichtig ist auch die Auswahl der ätherischen Öle. Man sollte nur qualitativ hochwertige Öle kaufen. Der Einsatz von synthetisch hergestellten oder minderwertigen ätherischen Ölen sollte in der Aromapflege vermieden werden. Beim Kauf sollte man daher genau auf das Etikett und die Angaben, die dort gemacht werden, schauen.

Duftlampen: Maximal zehn Tropfen

In der Aromapflege für alte und bettlägerige Menschen ist der Einsatz von Duftlampen zur Raumbeduftung sehr empfehlenswert. In die Schale der Duftlampe gibt man ungefähr fünf bis zehn Tropfen auf eine Wasserfüllung. Anfängern in der Aromapflege wäre zu empfehlen, nur einzelne Düfte anzuwenden und keine Mischungen und auch nicht verschiedene Düfte hintereinander.

Anwendung über die Haut

Da ätherische Öle durch die Haut ins Körperinnere diffundieren können, ist die Anwendung in Form von Einreibungen oder Massagen vor allem dort zu empfehlen, wo eine physiologische Wirkung erzielt werden soll. Ätherische Öle nie pur auf die Haut bringen, sondern immer in Mischung mit fetten Ölen.

Dosierung für alte Menschen: 12 bis 15 Tropfen ätherisches Öl auf 100 ml Trägeröl oder Lotion.

Dosierung zur Anwendung im Bad: Da sich ätherische Öle nicht mit Wasser mischen, braucht man einen natürlichen Emulgator. Dafür eignet sich Milch oder Honig. In zwei Esslöffel Milch oder einen Esslöffel flüssigen Honig pro Badewanne fünf bis sieben Tropfen ätherisches Öl mischen, dann in das Wasser geben. Für Teilbäder wie ein Fußbad nimmt man einen Esslöffel Meersalz und fünf Tropfen ätherisches Öl. Sitzbäder mischt man mit ein bis zwei Esslöffel Joghurt und fünf bis sechs Tropfen.

Inhalationen: Auf eine Schüssel heißes Wasser nicht mehr als zwei Tropfen.

Aromapflege für Schwerkranke

Der Einsatz von ätherischen Ölen kann auch bei Erkrankungen wie Alzheimer, Demenz oder Parkinson positive Wirkungen zeigen. Diesen Einsatz sollte man aber in Aromatherapie ausgebildetem Pflegepersonal überlassen.

Aromapflege in der häuslichen Krankenpflege

Sorgfalt in der Anwendung ist immer zu empfehlen. In der häuslichen Pflege empfehlen sich ätherische Öle zur täglichen Körper- und Mundpflege. Mit Einreibungen des Brustbereiches kann man Atemwegsprobleme verbessern. Verdauunganregend sind Einreibungen des Bauchbereiches. Viele ätherische Öle wirken entzündungshemmend und schmerzlindernd, eignen sich also zur Behandlung von schmerzenden Gelenken und Muskeln.

Schlafstörungen und Unruhezustände können mit ätherischen Ölen ebenso positiv beeinflusst werden wie depressive, apathische Zustände. Wichtig ist dabei, immer daran zu denken, dass durch die Aromapflege primär die Lebensqualität des Betroffenen verbessert werden soll, während die Behandlung bestehender Krankheiten dem Arzt vorbehalten bleibt.

Tägliche Pflege

Die täglichen Hygienemaßnahmen können durch ätherische Öle und deren Duftwirkung zu einem erfreulichen Ereignis werden. Für die tägliche Waschung sollte man nicht jeden Tag dasselbe ätherische Öl verwenden. An Tagen, wo der Angehörige schwer zu mobilisieren ist, kann man einen bis zwei Tropfen Rosmarinöl auf den Waschlappen geben und damit die Waschung durchführen. Bei Unruhezuständen nimmt man Lavendel und wenn man Geraniumöl verwendet, beginnt der Tag gleich mit einem die Seele harmonisierenden rosenähnlichen Duft.

Mundpflege: Für das Wohlbefinden ist ein frischer Mundraum ganz wichtig, gleich ob der Angehörige noch über eigene Zähne verfügt oder einen Zahnersatz hat.

Mundwasser selber herstellen: 10 ml Myrrhentinktur (aus der Apotheke), dazu zwei Tropfen Pfefferminzöl. Von dieser Mischung gibt man zwei bis drei Tropfen ins Mundspülwasser.

Alkoholische Einreibung: Vor allem bei bettlägerigen Menschen kann eine Einreibung des Rückens nach der täglichen Waschung sehr angenehm sein.

Franzbranntwein selber herstellen:

  • 1 l 40% Kornbranntwein
  • 3 Angelikawurzel
  • 5 Tropfen Latschenkiefer
  • 5 Tropfen Zirbelkiefer
  • 8 Tropfen Lavendel
  • 2 Tropfen Pfefferminze
  • 5 Tropfen Zitrone
  • Zwei Wochen ziehen lassen, zur Anwendung eventuell mit Wasser verdünnen.

Gesichtsöl: Alte Menschen haben meist eine trockene Haut. Zur täglichen Pflege kann man ein Gesichtsöl herstellen, indem man auf 50 ml Mandelöl fünf Tropfen Geranie gibt.

Vollbad: Ist der Betroffene kräftig genug, kann ein wöchentliches Bad empfohlen werden. Die Auswahl des ätherischen Öles richtet sich dann nach der konkreten Befindlichkeit.

Stärkung der Atemwege

Alte Menschen sind oft verschleimt und haben Probleme mit dem Abhusten. Eine Einreibung des Brustraumes (Rücken, oberer Brustbereich) mit folgenden ätherischen Ölen kann da sehr hilfreich sein: Thymian, Cajeput, Niaouli, Kiefer, Myrte, Eucalyptus (wenn möglich sollte nur Eucalyptus radiata verwendet werden, also Achtung beim Einkauf). Diese ätherischen Öle sind auch für Inhalationen zu empfehlen.

Anregung der Verdauung

Alte Menschen essen meist wenig und vor allem trinken sie zu wenig, daher haben sie oft Probleme mit dem Stuhlgang. Eine Einreibung des vorderen Bauches im Uhrzeigersinn kann recht hilfreich sein. Folgende ätherischen Öle sollten verwendet werden: Rosmarin, Ingwer, Petit Grain, Fenchel, Pfefferminze.

Kreislauf anregen

Auch der Kreislauf alter Menschen ist häufig ein Problem. Es gibt einige sehr anregende Öle, doch Vorsicht bei hohem Blutdruck, daher besser mit dem Arzt absprechen. Allgemein anregend wirken Zitrone, Pfefferminze, Ingwer, herzstärkend (nicht bei hohem Blutdruck) Rosmarin - auf die Herzgegend auftragen.

Gelenkschmerzen lindern

Zusätzlich zu ärztlich verordneten Heilmitteln können mit ätherischen Ölen Schmerzzustände gelindert werden. Dazu macht man Einreibungen oder warme Kompressen über die betroffenen Gelenke. Folgende ätherischen Öle sind empfehlenswert: Teebaum, Eucalyptus citriodora (der zitronenduftende Eukalyptus hat entzündungshemmende Eigenschaften), Niaouli, Lorbeer, Wacholder, Pfefferminze.

Sendungshinweis

„Radio Burgenland am Vormittag“, 4.11.2014

Das Pfefferminzöl ist allgemein schmerzlindernd, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigten. Man kann es in Form von Kompressen bei Kopfschmerzen anwenden, bei Muskel- und Nervenschmerzen in Form von Einreibungen.

Wundliegen vorbeugen

Bei bettlägerigen Menschen besteht die Gefahr, dass sie sich vor allem an den Stellen, auf denen lange Druck lastet, wund liegen. Neben den üblichen Vorbeugemaßnahmen können Einreibungen mit folgenden ätherischen Ölen die Haut stärken: Myrrhe, Weihrauch, Lavendel, Zeder, Zistrose

Unruhezustände und Ängste lindern

Viele Düfte haben durch ihre Wirkung auf das limbische System eine Wirkung auf die seelische Befindlichkeit. Man wendet sie entweder über die Duftlampe oder durch Einreibungen im oberen Brustbereich an. Wie beim Thema Schlafstörungen ist Lavendel das erste Mittel der Wahl bei Unruhezuständen. Angstlösend sind Bergamotte, Neroli, Geranium, Thymian, Ylang-Ylang.

Depressive Zustände lindern

Bei apathischen, depressiven Phasen alter Menschen helfen vor allem Neroli, Petit Grain, Pfefferminze, Zitrone, Rosmarin und Muskatellersalbei.

Kölnisch Wasser zur geistigen Anregung:

In 5 ml 90-prozentigen Weingeist folgende ätherischen Öle in dieser Reihenfolge lösen:

  • 2 Tropfen Zeder
  • 2 Tropfen Gewürznelke
  • 3 Tropfen Rosmarin
  • 4 Tropfen Lavendel
  • 3 Tropfen Petit Grain
  • 5 Tropfen Bergamotte
  • 2 Tropfen Neroli

Von diesem Konzentrat gibt man bei der Anwendung einige Tropfen in destilliertes Wasser und trägt es im Nackenbereich auf.

Schlafstörungen mildern

Der alte Mensch hat ein anderes Schlafverhalten und leidet oft unter Einschlaf- oder Durchschlafstörungen. Das Mittel der Wahl dafür ist - durch viele Untersuchungen abgesichert - das Lavendelöl. Beim Kauf darauf achten, dass es sich um echtes Lavendelöl (lateinischer Name lavandula officinalis oder angustifolia) handelt.

Anwendung entweder in der Duftlampe, als Einreibung der Brust oder auch ein paar Tropfen auf das Kopfkissen. Ebenso hilfreich können die folgenden Öle sein: Majoran, Mandarine, Geranium, Muskatellersalbei, Ylang-Ylang.

Hilfe für die PflegerInnen

Dass die Pflege alter und schwerkranker Menschen sowohl für professionelle Pfleger als auch für die pflegenden Angehörigen sehr anstrengend sein kann und zu Erschöpfungszuständen bis hin zum Burnout führen kann, ist bekannt. Pflegende Menschen sollten daher auch für sich selber die positive Wirkung ätherischer Öle nutzen. (Anwendung als Dusch- oder Badezusatz oder Einreibungen.)

  • Erschöpfungszustände: Thymian, Rosmarin, Lorbeer, Pfefferminze.
  • Nervliche Reizzustände: Neroli, Bergamotte, Orange, Lavendel, Geranium.
  • Burnout: Zeder, Thymian, Geranium, Patschuli, Koriander.

Sterbebegleitung mit Düften

Der letzte Weg des Menschen ist oft mit Ängsten und Unruhezuständen verbunden. Wenn der Angehörige das Glück hat, in seiner vertrauten Umgebung, umgeben von seinen Lieben zu sterben, kann man ihm den Weg mit Düften begleiten, die man vor allem in der Duftlampe einsetzt.

Weihrauch erleichtert den Übergang und Geranium und Rose öffnen das Herz für den Übergang. Diese Düfte helfen auch den Angehörigen, Abschied zu nehmen. Wenn es sich um einen sehr schmerzlichen Abschied mit großen Trauergefühlen handelt, kann der Einsatz von Neroli und Bergamotte in Kombination mit Rose helfen.