Zwölfstundentag: SPÖ ist „zum Weinen“

ÖVP und FPÖ haben sich auf die flexibleren Arbeitszeiten geeinigt. Dadurch könnten bald Zwölfstundentage und 60-Stunden-Wochen möglich sein. Das freut Wirtschaft und Industrie, aber nicht SPÖ und Gewerkschaft.

Aufgrund der Entscheidung der Bundesregierung verteilten Soziallandesrat Norbert Darabos (SPÖ) und Landesgeschäftsführer Christian Dax (SPÖ) am Freitag in der Fußgängerzone Zwiebeln für die Passanten. Denn die Flexibilisierung der Arbeitszeiten sei „zum Heulen“ - so die plakative Ansage von Darabos: „Das ist mehr als eine Maßnahme, die schmerzhaft ist für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es ist ein Anschlag auf die Sozialpartnerschaft. Die Sozialpartnerschaft wird damit nicht nur in Frage gestellt, sondern für tot erklärt.“

SPÖ 12 zwölf Stunden Arbeitstag Dax Darabos

ORF/Melanie Balaskovics

Darabos und Dax bei der Pressekonferenz

Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten

45 Millionen Euro an Überstunden seien allein im Vorjahr nicht bezahlt worden, Arbeitnehmerrechte würden mit Füßen getreten, längere Arbeitszeiten kosten Jobs und drücken Löhne - das sind nur einige Befürchtungen, die Darabos und Dax am Freitag in Hinblick auf Zwölfstundentage und 60-Stunden-Wochen äußerten.

Wenn notwendig, Kampfmaßnahmen möglich

Von der ÖVP-FPÖ-Ankündigung Donnerstagabend selbst ein wenig überrumpelt, sieht die weitere Vorgehensweise der SPÖ nun so aus: „Da werden wir uns natürlich ganz eng mit der Gewerkschaft abstimmen. Was ganz klar ist: Wir werden die Menschen jetzt informieren, was auf sie zukommt. Wir werden die Belastungen und alle Verschlechterungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzeigen. Wir werden sicher, wenn es notwendig ist, auch zu Kampfmaßnahmen greifen und die Gewerkschaft unterstützen“, kündigte Christian Dax an.

Eines sei klar, so Norbert Darabos am Freitag, Bundeskanzler Sebastian Kurz zeige deutlich, dass ihm der Dialog mit den Sozialpartner nicht wichtig sei.

Preiner: Realitätsfremde Regierung

Nationalratsabgeordneter Erwin Preiner (SPÖ) nennt die Entscheidungen rund um den Zwölf-Stunden-Tag einen „Schlag ins Gesicht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugunsten der Konzerninteressen unter Ausschluss der Sozialpartner“. Freiwilligkeit im Arbeitsrecht sei reine Fiktion. Wenn der Arbeitgeber einen Wunsch äußert, dem Arbeitnehmer nicht nachkommen, seien in der Praxis vielfältige Nachteile zu erwarten – von Nichtberücksichtigung bei Beförderungen bis zur Kündigung, im schlimmsten Fall Entlassung, wenn man sich den Wünschen der Arbeitgeber wiederholt widersetzt, so Preiner. „Falls die Regierung im Nationalrat das Gesetz so beschließt, wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu Grabe getragen“, so Preiner.

Erwin Preiner gegen 12 Stunden Tag

Erwin Preiner

Nationalratsabgeordneter Erwin Preiner übt heftige Kritik an den Plänen

Kritik auch vom Pendlerforum

Auch das Pendlerforum übt heftige Kritik: Der Zwölfstundentag und die 60-Stunden-Woche sind ein Verrat der ÖVP-geführten Bundesregierung an den burgenländischen Pendlerinnen und Pendlern, sagte Pendlerforum-Obmann Wolfgang Sodl.

ÖVP: Vorteil für Pendlerinnen und Pendler

Erwartungsgemäß diametral anderer Meinung sind die ÖVP und die Wirtschaftskammer. ÖVP-Landesparteiobmann Thomas Steiner sieht in der Arbeitszeitflexibilisierung einen Vorteil für Pendlerinnen und Pendler. Mit dem neuen Gesetz sei eine Vier-Tage-Woche möglich. Viele Wochenpendler könnten sich nun einen Zeitpolster aufbauen und früher nach Hause fahren, meinte Steiner. Die Kritik von Gewerkschaft und SPÖ weist er als „Märchenstunden“ zurück.

FPÖ ortet „Panikmache“ durch SPÖ

Von den Freiheitlichen hieß es, die SPÖ schüre Ängste bei Arbeitnehmern, die unbegründet seien, so FPÖ-Nationalratsabgeordneter Christian Ries. Er nennt die Kampagne der SPÖ gegen die Maßnahme „eine gezielte Panikmache“.
Die entstehende Flexibilisierung sei ein Vorteil für Betriebe, wie auch für Arbeitnehmer, da dadurch das Wochenende verlängert werden könne.

ÖAAB: Acht-Stunden-Tag bleibe die Regel

Auch der ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB reagierte mit Unverständnis auf die Kritik der SPÖ. Der Acht-Stunden-Tag bleibe die Regel. Viele Arbeitnehmer wollen jedoch die Möglichkeit, fallweise Mehrarbeit zu leisten, sagte ÖAAB-Generalsekretär Christoph Zarits. Es verstehe sich von selbst, dass diese Mehrarbeit abgegolten werde - sei es finanziell oder durch Zeitausgleich, so Zarits.

Wirtschaftskammer: Zeitgemäße Arbeitsbedingungen

Aus Sicht der burgenländischen Unternehmer und deren Mitarbeiter begrüße er, dass das Thema „flexiblere Arbeitszeiten“ endlich gelöst werden soll, so Wirtschaftskammer-Präsident Peter Nemeth in einer Presseaussendung. Er sprach von einem wichtigen Schritt, der nun gemeinsam von den Sozialpartnern umgesetzt werden soll. Der Initiativantrag der Regierung zum Arbeitszeitgesetz biete die Chance, endlich zeitgemäße Arbeitsbedingungen umzusetzen, die Betrieben, Mitarbeitern und Kunden Vorteile bringen, so Nemeth.

ÖGB: Menschen werden nicht gefragt

„Ein böses Erwachen“ befürchtet man beim ÖGB Burgenland. „Wir haben in Österreich nicht das Problem, dass wir zu kurz arbeiten. Im internationalen Vergleich wird bei uns sehr lang gearbeitet. Der wahre Grund ist, dass sich jene Industriebetriebe, die den Wahlkampf von Herrn Kurz gesponsert haben, sich durch die Regelung enorm viel Geld ersparen werden. Jene Menschen, die mit ihrer Arbeitsleistung diese Republik erfolgreich machen, werden einfach nicht gefragt“, sagt Erich Mauersics, ÖGB-Landesvorsitzender.